Verbindungen ins RockermilieuLangjährige Haftstrafen nach Schießerei in Nippes

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No Name NIppes dpa

Ein Absperrband der Polizei hängt am 20.11.2015 in Köln vor der Gaststätte „No Name“. (Archivbild)

Köln – Im Prozess um die Schießerei in der Nippeser Shisha-Bar „No Name“, bei der im November 2015 ein 29-jähriger Mann ums Leben kam und drei weitere Männer schwer verletzt wurden, hat das Kölner Landgericht am Dienstag vor zahlreichen Zuschauern das Urteil verkündet: Wegen in Mittäterschaft begangenen Mordes, versuchten Mordes und gefährlicher Körperverletzung erhielt Aykut K. (33) eine Freiheitsstrafe von zwölf Jahren. Yasin S. (31) muss wegen Beihilfe zum Mord, versuchten Mord und zur gefährlichen Körperverletzung für neun Jahre ins Gefängnis. Beide haben an Nebenkläger Schmerzensgeld und Schadenersatz zwischen 14.000 und 57.500 Euro zahlen.

Der dritte Angeklagte (34), der den Tätern den Tipp gab, dass sich die Opfer in der Bar aufhielten, wurde zu fünfeinhalb Jahren Haft verurteilt. In die Sanktionen gegen ihn und Yasin S. sind Strafen aus früheren Verurteilungen eingegangen. Es war der 48. Verhandlungstag des Prozesses, der wegen der Corona-Pandemie einmal für längere Zeit unterbrochen war; begonnen hatte er Anfang Oktober des vergangenen Jahres.

Treffpunkt der Hells Angels

Jörg Michael Bern, Vorsitzender der 21. Großen Strafkammer, sprach von einem „Massaker“ und „Selbstjustiz“. Vor der Bluttat waren in einer Gasstätte, die Aykut K. betrieb und Treffpunkt der Rocker-Gruppierung Hells Angels gewesen sein soll, Geldspielautomaten aufgebrochen und mehrere Tausend Euro gestohlen worden. Der 34-jährige Angeklagte wusste, dass sich die aus Albanien stammenden Einbrecher in der Nacht zum 19. November im „No Name“ aufhielten und gab den entsprechenden Tipp mit der Aussicht auf 5000 Euro Belohnung. „Mit Dollarzeichen in den Augen haben Sie Ihre Kumpel verraten und verkauft“, hielt Bern ihm vor. Nach dem Hinweis habe sich über Telefon ein „Rollkommando“ aus fünf Männern formiert – eine „rockerspezifische Aktivierung“.

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Zweck der Tat sei gewesen, mit brutaler Gewalt den Einbruch zu sühnen und „in der Unterwelt ein Exempel zu statuieren“. Die in der Bar heimtückisch überrumpelten Opfer hätten angesichts der „haushohen Überlegenheit der Angreifer“ keine Chance gehabt, „effektive Gegenwehr“ zu leisten; auch fliehen hätten sie nicht können. Ein Mann erlitt durch einen Schlag gegen den Kopf einen Schädelbruch und verlor das Bewusstsein, ein anderer wurde von Projektilen verletzt und bekam zudem Tritte gegen den Kopf, auch ein Dritter wurde verwundet.

Den tödlichen Schuss auf den 29-Jährigen gab Erkan A. ab, seinerzeit Anführer des Hells-Angels-Charters „C-Town“. Nach dem Verbrechen setzte er sich in die Türkei ab.

Aykut K. und sein Bruder Ibrahim K. taten es ihm nach. Letzterer wurde in der Türkei wegen einer Schießerei mit vier Toten zu 43 Jahren Gefängnis verurteilt. Aykut K. wurde im Mai 2018 beim Versuch auszureisen in Auslieferungshaft genommen und stellte sich schließlich den deutschen Behörden. Im Prozess hätten Aykut K. und Yasin S. versucht, ihren Tatbeitrag zu herunterzuspielen, sagte der Vorsitzende, und ihre Aussagen aufeinander abgestimmt. Für Aykut K. hatte die Staatsanwaltschaft lebenslange Haft gefordert. Die Schwurgerichtskammer hält ihm strafmindernd zugute, dass er „Aufklärungshilfe“ geleistet habe. 

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