„Man muss sehr genau arbeiten“Kölnerin fertigt Schmuck-Urnen aus Papier oder Filz

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Verschieden farbige Schmuckurnen aus Papier

Die Kölnerin Anja Büscher fertigt in Handarbeit Schmuckurnen aus Papier oder Filz

Die Kölnerin Anja Büscher beherrscht die Kunst des Papierfaltens meisterlich und fertigt in Handarbeit kunstvolle Hüllen für Urnen.

Papier ist ein Material, das wir mit vielen Gegenständen in Verbindung bringen – insbesondere mit Büchern oder Zeitungen. Aber wir kennen es natürlich auch als Verpackungsmaterial, als Schreibblock, Speisekarte, Küchenrolle, Strafzettel oder Zigarettenblättchen.

Viele weitere Aufzählungen wären denkbar, aber die Assoziation zur letzten Ruhestätte wäre vermutlich nicht dabei. Vielleicht, weil wir Papier für etwas Instabiles, Knitterbares halten; den Knick – das Eselsohr – als etwas Unschönes, Wert schädigendes betrachten und selten als gestalterisches Element. In diesem Punkt sind uns die Japaner mit ihrer jahrtausendealten Tradition voraus.

Origami – die Kunst des Papierfaltens

Ursprünglich sollen es buddhistische Mönche gewesen sein, die die Kunst des Papierfaltens von China nach Japan exportiert haben. Inzwischen beschäftigen sich auch immer mehr Menschen hierzulande mit dieser Kunst; allerdings nicht so, wie es Anja Büscher tut.

Eine Frau faltet einen großen roten Papierbogen auf Origami-Art

Anja Büscher beherrscht die japanische Kunst des Papierfaltens meisterhaft.

Die Kölnerin hat sich bei ihrer kreativen nebenberuflichen Tätigkeit in der Vergangenheit schon mit vielen Materialen beschäftigt und unter anderem aus Segeltuch Taschen, Wandverkleidungen, Teppiche oder Tischläufer hergestellt.

Belastbare Gefäße aus ökologisch einwandfreiem Papier

Zugleich hat sie aber auch stets die Auseinandersetzung mit Papier fasziniert. Sie hat Karten gedruckt, Bücher gebunden, Pappmaché-Arbeiten gemacht und schließlich auch Origami gelernt. Inzwischen beherrscht die 51-Jährige die Kunst des Faltens meisterhaft.

Wenn sie Bögen knickt oder mit dem Falzbein bearbeitet, entstehen jedoch keine Kraniche, Blumen oder Drachen, sondern – im wahrsten Sinne des Wortes – belastbare Gefäße in etwa 25 Zentimeter Höhe. Anja Büscher fertigt Schmuck-Urnen, dekorative Behältnisse, die die sogenannte Aschenkapsel umschließen und diesen sachlich wirkenden Gefäßen nicht nur eine kunstvolle Verkleidung, sondern auch eine emotionale Hülle geben. Wer die farblich unterschiedlichen Modelle betrachtet, erkennt, dass hier nicht im maschinellen Schnellverfahren, sondern in ruhiger, fast meditativer Handarbeit ein Abschiedselement gestaltet wurde.

Sehr genaues Arbeiten 

Büscher stammt gebürtig aus Wipperfürth, ist in Lindlar aufgewachsen und arbeitet in ihrem Hauptberuf als pädagogische Mitarbeiterin in einer Einrichtung für Menschen mit geistiger Behinderung. Zu der Gestaltung von Urnen kam sie durch einen Zufall. Ein Bestatter in ihrem Bekanntenkreis, der von ihrer kreativen Vielseitigkeit wusste, sprach sie an, ob sie nicht Lust hätte, auch mal solch ein ganz besonderes Behältnis zu fertigen.

Eine Schmuckurne aus Filz

Das Modell „Kokon“ hat die Kölnerin Anja Büscher aus Filz hergestellt.

Inzwischen sind knapp zwei Jahre vergangen, seitdem sie damit begann, sich intensiv mit der Materie auseinanderzusetzen. Bis sie – am Tegernsee – eine Quelle für „ökologisch einwandfreies Papier“ entdeckte, den richtigen Kleber fand sowie besondere, ebenfalls nachhaltige Absenkschnüre. Und bis sie – im wahrsten Sinne des Wortes — den richtigen Kniff raus hatte. Es gibt Origami-Motive, sagt Büscher, die kleine Ungenauigkeiten verzeihen. „Doch bei den Urnen muss man sehr, sehr genau arbeiten.“

Filz steht für Wärme und Geborgenheit

Diesen Anspruch hat Büscher nicht nur an sich selbst. Auch die Friedwald GmbH möchte „millimetergenaue Vorgaben“ erfüllt sehen, bevor sie eine Zertifizierung vergibt, die Büscher inzwischen besitzt. Neben den Papierurnen, die sie in Anlehnung an den japanischen Begriff für Dankbarkeit „Kansha“ nennt, fertigt sie noch ein weiteres Modell namens „Kokon“. Als Material hierfür hat Büscher bewusst Filz gewählt – als Sinnbild „für Wärme und Geborgenheit“.

Sie habe noch viele weitere Ideen für nachhaltiges Trauerdesign, sagt die Künstlerin, die sich natürlich wünschen würde, dass Bestattungsinstitute aus Köln und Umgebung auf sie und ihre schlicht-eleganten Arbeiten aufmerksam werden. Und natürlich auch, dass Papier seinen Ruf verliert, wenig belastbar zu sein. Eine gefüllte Aschenkapsel wiegt nach Büschers Worten dreieinhalb bis vier Kilo, was das Modell Kasha ohne Weiteres trägt, ohne sich zu verformen oder auszubeulen.

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