Premiere der HofflohmärkteNeuer Trend aus München bringt entspanntes Trödeln nach Nippes

Schatz und Schätzchen: Von Porzellanservice bis Kinderspielzeug.
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Köln – Wer den Saum aus Schuhpaaren an der Backsteinmauer sieht, weiß Bescheid: Im Haus dahinter wohnt eine Fetischistin. Flotte rot-weiß-gestreifte Stoffsandalen reihen sich an schrille Vans mit gelben Sternen und pinkfarbenen Nähten und gefährlich hohe Pumps aus grauem Lack. „Ja, ich habe wirklich viele“, lacht Rahel Scheiffele, Bewohnerin des Hauses an der Neusser Straße 351. Heute müssen einige Paare weichen. Die Kölner Premiere des in München so beliebten Hinterflohmarkts ist auch für Modeliebhaber die passende Gelegenheit, einmal auszumisten.
Premiere in Nippes
Als Schauplatz für ihre Auftaktveranstaltung des ungewöhnlichen Flohmarkt-Formats haben die Veranstalter Nippes ausgewählt. Bewohner bieten in den Hinterhöfen von 60 Häusern ihre ausrangierten Schätze an. Rahel Scheiffele und Nachbarin Conny Kirchner haben ihren kleinen Hof in eine Modeboutique verwandelt. An einer Stange über dem Gras in der Mitte hängen Kleider, dahinter steht eine Umkleidekabine aus einem petrolfarbenen Canvasvorhang, der an zwei Stöcken aufgespannt ist.
Es gibt einen großen Spiegel, Kuchen, dazu Gitarrenspiel von Kirchners 15-jährigem Sohn Lasse – und unzufriedene Hofbewohner. Dicke Hummeln fliegen Angriffe auf die Besucher. „Die wohnen hier in der Backsteinmauer“, sagt Scheiffele grinsend. Und sie mögen offensichtlich gar nicht, dass jemand vor ihrer Haustür Schuhe anprobiert.
Sympathisches Desinteresse
Da hilft nur die Flucht auf die Straße in die nächste offene Tür. Sie führt allerdings nicht in einen Hinterhof, sondern in einen erstaunlich großen Garten, in dem etliche frisch gewaschene Kleidungsstücke an der Wäscheleine baumeln. Fünf Nachbarsfamilien haben Stände aufgebaut, eine Siebenjährige bietet ihre Ware an. „Ich habe eine Giraffe, einen Eisbär, einen Elefanten und eine Kaffeekanne. Die ist ganz selten“, sagt Xenia stolz und deutet auf eine Wanne voller Duplo-Steine. Der Flohmarkt ist ein guter Anlass sich von Dingen zu trennen, aus denen die Kinder herausgewachsen sind – und für Schnäppchenjäger, sie günstig zu erstehen.
„Was wollen sie denn dafür haben?“, fragt Besucherin Caroline Seher im Hinterhof ein Haus weiter. Sie hält zwei bunt karierte Kinderhemdchen in der Hand. „Öh, zwei Euro“, antwortet Hausbewohnerin Katharina Götsche. Dann stutzt sie und vergewissert bei ihrem Mann: „Die wollen wir doch verkaufen?“ Sie wollen.
Kinder schwirren zwischen den Ständen herum. Es herrscht ein sympathisches Desinteresse für finanzielle Angelegenheiten. Götsches Mann Tobias Hoffmann hat es sich in dem Hof zwischen Backsteinfassaden und Klamotten mit einer Tasse Kaffee gemütlich gemacht und freut sich vor allem auf eines: das gemeinsame Grillen mit den Nachbarn zum Abschluss der Veranstaltung.
Grünes Paradies
Die Menschen aus dem Viertel zusammenzubringen ist das Ziel des Flohmarktorganisators René Götz. Der Münchner ist an diesem Tag mit seinem Rucksack in Nippes unterwegs, um zu sehen, wie der Kölner Ableger läuft. Weil einige Bayern an den Rhein nach Köln gezogen sind und die Veranstaltung vermissten, hat er sie über eine Homepage auch hier organisiert. Nun freut er sich über den Erfolg. Dabei hatte noch ein Bekannter geunkt: „In Nippes gibt es doch hinter den Häusern nur ein paar Quadratmeter zwischen zwei Mülltonnen.“
Besucher, die das geglaubt haben, werden spätestens an der Schillstraße eines Besseren belehrt: Wo der Hausflur endet, tut sich zwischen alten Backsteinfassaden und unter einer riesigen alten Eiche ein grün bewuchertes Paradies auf, in dem Nachbarn plaudern, grillen und manchmal sogar shoppen können.
Der nächste Hofflohmarkt findet am 20. Juni von 10 bis 16 Uhr im Agnesviertel statt. Weitere Infos finden Sie hier auf der Homepage der Hofflohmärkte.