Oliver Niesen„Cat Ballou“-Frontman kurz vor einem Nervenzusammenbruch

Lesezeit 6 Minuten
Blick über den Rhein: Von der Deutzer Brücke aus genießt Oliver Niesen das Köln-Panorama.

Blick über den Rhein: Von der Deutzer Brücke aus genießt Oliver Niesen das Köln-Panorama.

Deutz – Er besingt nicht nur den Dom, sondern auch sein Veedel: Oliver Niesen, Sänger der Kölschpop-Band Cat Ballou, ist in Deutz zu Hause. Er ist gern auf der Schäl Sick und bewundert von dort aus das Wahrzeichen Kölns. Vom Ebertplatz ist er 2010 nach Deutz gezogen und hat den Stadtteil mittlerweile lieben gelernt.

Haben Ihre Kinder Lust auf ein exklusives Schulkonzert mit Cat Ballou? Klassen können sich mit einem selbst gedrehten Nachrichtenvideo bewerben. Wie es geht, können Sie oder ihre Kinder auf unserer Kinderseite nachlesen http://kinder.ksta.de/band. (rei)

„Es ist noch ein wenig wie in der Vorstadt, aber trotzdem alles gut zu erreichen“, beschreibt Niesen. Das Rheinufer, Einkaufsmöglichkeiten, Cafés und Kneipen: „Es ist alles da, nur eben nicht ganz so hip wie in Ehrenfeld. Aber ich fühle mich wohl.“ Die Verkehrsverbindung in die Bergisch Gladbacher Heimat und den dortigen Probenraum sei ebenfalls gut.

Brötchen und Kaffee

In der Mathildenstraße, einem Abzweig der Deutzer Freiheit, gönnt sich der Sänger in der „Villa Mathilde“ gern ein Sonntagsfrühstück mit seiner Freundin. Heute um zehn Uhr hat das Café leider noch geschlossen – die Kaffeemaschine ist noch nicht heiß.

„Ich bin in solchen Sachen eigentlich sehr genügsam. Ich brauche nicht viel außer einem Brötchen und einem guten Kaffee“, sagt der 29-Jährige. Außerdem gebe es in Deutz gar nicht so viel Auswahl. „In der Villa Mathilde ist es sehr gemütlich, mit Sofas“, sagt Niesen. „Wenn mal nichts im Kühlschrank ist, bekomme ich hier alles.“

Seinen schwarzen Kaffee trinkt er an diesem Morgen dann eben in der „Kaffeebar“. Mitten auf der Deutzer Freiheit genießt er seinen morgendlichen Wachmacher.

Warum Oliver Niesen vor anderthalb Jahren kurz vor einem Nervenzusammenbruch stand, lesen Sie im nächsten Abschnitt:

Seine Arbeit als Physiotherapeut hat Oliver Niesen vor anderthalb Jahren zugunsten der Musikkarriere aufgegeben. „Ich habe sehr lange gebraucht für die Entscheidung“, gesteht er. „Es war einfach lange normal, dass ich unter der Woche in die Praxis gegangen und am Wochenende aufgetreten bin.“

Doch der Erfolg der Band wuchs stetig, die Auftritte wurden mehr. „Seit ich gekündigt habe, kann ich mich voll auf die Musik konzentrieren. Vorher war ich am Rande eines Nervenzusammenbruchs“, sagt er. Alles kam zu kurz: Arbeit, Musik, Familie und Freunde. „Damals habe ich oft im Zoo Ruhe gesucht – und beim Nashorn gefunden. Wie es so vor sich hin gekaut hat – das hat mich beruhigt und mir meinen Seelenfrieden zurück gegeben.“

Abschalten am Rheinufer

Von der Kaffeebar in der Nähe der großen Kirche St. Heribert ist es nicht mehr weit zu einem anderen Lieblingsort: Am Rheinufer joggt der Musiker nicht nur im Sommer, er fläzt sich auch gern auf die Wiesen. „Hier kann ich gut abschalten, kann mich einfach hersetzen und den Ausblick genießen. Dann kommt die Kreativität meist von ganz alleine.“

Dass das Lieder-Schreiben kein Automatismus ist, weiß Niesen nur zu gut. „Ich denke oft den ganzen Tag über unsere Lieder nach. Wenn ich unterwegs bin und mich bewege, habe ich den Kopf frei. Dann funktioniert das am besten.“ Mit Blick auf den Dom besucht Niesen, der immer noch ab und zu mit dem Skateboard in der Stadt unterwegs ist, gern die Deutzer Kirmes. „Mindestens ein Mal pro Saison muss ich da schon hin.“ Die Achterbahnen seien einfach zu verlockend.

Im nächsten Abschnitt erklärt uns Oliver Niesen, wie seine Band zu dem Namen „Cat Ballou“ kam.

Durch die ruhigen Nebenstraßen schlendert er weiter Richtung Helenenwallstraße. Dort wirft der Musiker plötzlich mit Konfetti um sich. „Was man nicht noch so alles in der Hose findet nach dem letzten Auftritt“, ruft er und lacht. „Immerhin hat das Konfetti die Waschmaschine überlebt.“ Nach ein paar Gehminuten ist er an seinem Ziel angekommen: die Tischtennisplatte auf dem Spielplatz. „Ab und zu spiele ich hier gerne mit ein paar Freunden“, sagt er und blinzelt in Richtung der Platte. Um ihn herum tollen Kinder.

Die vier lustigen Drei

Seine Bandkollegen und er kennen sich seit Kindertagen, sie sind seitdem beste Freunde. Der Bandname Cat Ballou spielt auf diese enge Beziehung an. „Wir hießen schon Die Anfänger, Die vier lustigen Drei und Skampi, als wir noch mehr Ska-Musik gemacht haben. Doch als wir auf der Suche nach einem Namen waren, der für uns steht und der auch bleiben kann, kam ich auf Cat Ballou“, erinnert sich Oliver Niesen, dem es wichtig war, einen Namen zu finden, der sie verbindet. „Früher haben wir oft Filme zusammen geschaut, darunter auch sehr häufig Cat Ballou. Ein toller Streifen. Und natürlich fanden wir Jane Fonda heiß.“

In Deutz sind die vier Kölschpop-Musiker schon einmal im „Brauhaus ohne Namen“ aufgetreten. Etwas versteckt liegt die Wirtschaft in der Mathildenstraße. Hier machte im Jahr 2013 auch die Loss-mer-singe-Tour Halt, als der Cat-Ballou-Hit „Et jitt kei Wood“ im Rennen war und gewann. Oliver Niesen ließ es sich mit seinen Bandkollegen nicht nehmen, dort vorbei zu schauen. „Wir wollten die Stimmung mitbekommen, wenn unser Lied gespielt wird“, erinnert er sich. Zufällig waren auch die Kollegen von Kasalla an dem Abend im Brauhaus, deren Lied „Immer noch do“ ebenfalls bei der karnevalistischen Einsingtour zur Wahl stand. „Am Ende standen wir bei der Verkündung der Sieger Arm in Arm mit den Kasalla-Jungs zusammen und haben die Entscheidung gehört“, erzählt Niesen. „Das war einfach ein wunderschöner Augenblick – und die Geburtsstunde von »Hück steiht die Welt still«.“ Der Song eroberte ein Jahr später die Herzen der Karnevals-Fans.

Im nächsten Abschnitt nimmt uns Oliver Niesen mit zu einer ersten eigenen Wohnung.

Langsam schlägt Niesen wieder den Weg in Richtung Deutzer Freiheit ein. Er bleibt aber an der Ecke Adolphstraße, Helenenwallstraße noch einmal stehen und begutachtet ein modernisiertes Mehrfamilienhaus. „Da oben im fünften Stock waren meine ersten vier Wände in Deutz“, sagt er etwas wehmütig.

Kein Blick auf den Dom

Vor einem Jahr ist er von dort in eine kleinere Wohnung gezogen, weil seine Freundin beruflich nach Antwerpen gegangen ist. „Hier hatte ich eine fantastische Aussicht. Aus einem Fenster konnte ich sogar ein kleines Stückchen vom Dom sehen.“ In seinem neuen Zuhause im zweiten Stock muss er auf einen solchen Vorzug verzichten. „Jetzt ist es einfach nur noch eine Wohnung, nichts Besonderes mehr.“ Doch bis zum Blick auf den Dom hat Niesen es zum Glück nicht weit. Das Rheinufer ist nur einige Meter entfernt.

Bevor der Veedelsspaziergang auf der Deutzer Freiheit endet, schaut Oliver Niesen noch bei der Bäckerei Hütten vorbei. „Langsam bekomme ich richtig Hunger. Ich habe noch gar nicht gefrühstückt“, fällt ihm am frühen Mittag ein. Zwischendurch erhascht Niesen immer wieder den einen oder anderen neugierigen Blick von Passanten. „Mittlerweile werde ich auf der Straße schon öfter erkannt. Aber das ist okay“, sagt der 29-Jährige, der vor allem wegen seines Hutes auffällt, der zum Markenzeichen geworden ist. Das gehöre eben zum Erfolg dazu.

Einige Läden weiter begutachtet der Musiker noch die Auslagen des Blumenladens – ebenfalls ohne Namen – an der Ecke zum Reischplatz, er will nachsehen, ob es ein Mitbringsel für die Freundin oder den Balkon gibt. „Früher, als ich noch mit meiner Freundin zusammen gewohnt habe, habe ich ihr ab und zu ein paar Blumen von hier mitgebracht“, sagt er. Auch wenn er inzwischen allein wohnt und nicht mehr so oft Blumen verschenken kann, war eines beim Umzug ganz klar: „Ich wollte unbedingt in Deutz bleiben. Es ist so gemütlich hier und alles schnell zu erreichen, vor allem eins: der Rhein.“

Nachtmodus
KStA abonnieren