OperZur Eröffnung sang die Callas

Ein einzelner Stehplatz im Schauspiel – so sieht der Publikumsbereich aus, nachdem die 900 Sitze zur Übergangsspielstätte am Gladbacher Wall gebracht wurden.
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Köln – Das Theater ist von jeher ein Ort für große Gefühle. Die Oper nicht minder. Verlust, Trennung, Abschied, Schmerz sind Bühnenalltag. Doch der Kloß im Hals und die Tränen, die im Anschluss an die letzte Aufführung von Richard Wagners „Die Meistersinger von Nürnberg“ flossen, waren nicht gespielt. Jeder wusste, dass es so nicht mehr weitergehen kann. Dennoch war der Schlussmoment ein Stich ins Herz.
Gebäude sind unbewegliche Dinge. Leblos, behauptet man. Aber das stimmt nur bedingt. Mitunter erscheinen Wände wie Speicherkarten, die abrufbare Informationen enthalten. Die langen Flure. Wer ist hier nicht alles durchgerauscht? Die legendäre Maria Callas. In der Rolle des Waisenmädchens Amina in der Bellini-Oper „Die Nachtwandlerin“ eröffnete die griechische Sopranistin im Mai 1957 das Opernhaus.
Bundeskanzler Konrad Adenauer war vormittags zum Festakt erschienen, abends saß Bundespräsident Theodor Heuss im Publikum – neben Kölns damaligem Oberbürgermeister Theo Burauen. „Damals kostete der teuerste Platz 60 Mark“, berichtet Reinhard Beuth, Pressesprecher für die Sanierung. Weltstars wie Placido Domingo, Kiri Te Kanawa, Leonie Rysanek, Birgit Nilsson, Wolfgang Windgassen, Margret Price, Yvonne Minton und Waltraud Meier gastierten am Offenbachplatz. Legendäre Dirigenten wie István Kertész, Wolfgang Sawallisch oder Günter Wand standen am Pult.
Von 1962 an, dem Jahr als das Schauspiel eröffnet wurde, kamen auch noch die großen Darsteller nach Köln: Tilla Durieux, Grete Mosheim, Roma Bahn, René Deltgen, Charles Regnier, Wolfgang Kieling. In der Eröffnungsvorstellung spielte seinerzeit übrigens der Mann einen der Räuber, der später zur Symbolfigur der Schwarzwaldklinik wurde: Klausjürgen Wussow. Mit allem, was in den letzten Wochen aus den Spielstätten herausgetragen wurde, verschwindet auch die fassbare Erinnerung an eine teilweise großartige Zeit. 10 000 Kartons sind gepackt worden. Vier Wochen lang waren fünf Lkw mit dem Abtransport zu den Interimsspielstätten respektive Lagerräumen beschäftigt. Zehn Packer, drei Logistiker und viele Bühnenarbeiter halfen mit. Nun ist fast alles weg. Zwei Sessel im Zuschauerraum der Oper – die Nummer 39 und 40 – geben schon jetzt einen Vorgeschmack auf die neue Ära. Das Polster wurde aufgearbeitet und der Bezug – Mohair aus gewebtem Ziegenhaar – dem ursprünglichen nachempfunden. In den kommenden Wochen werden dann auch die Holzpaneele abgenommen und überarbeitet, damit das edle Material – persischer Nussbaum – künftig wieder schön zur Geltung kommt. Die unzähligen, zum Teil schon lange nicht mehr funktionierenden Uhren stehen unter Denkmalschutz. Somit werden die schönen alten Ziffernblätter statt digitaler Anzeigen die Neuzeit darstellen.