Porzer JugendwerkstattChancen für Jugendliche ohne Perspektive

Hardy Berscheid und Teilnehmer Kevin Schäfer bedienen den Grill.
Copyright: Claudia Mund
Finkenberg – Eine Neueröffnung und ein Jubiläum – das muss natürlich groß gefeiert werden. Seit 40 Jahren besteht die Jugendwerkstatt JobWerk Porz gGmbH in der Brüsseler Straße. Unlängst wurden die Räumlichkeiten durch ein neues Gebäude erweitert. „Da lag es nahe, den Geburtstag mit der Einweihung zu verbinden“, erklärt Julia Frings, Bereichsleiterin für Sprachförderung Deutsch als Zweitsprache. Zur Freude über den gelungenen Neubau, in dem Büros, Unterrichtsräume und zwei Wohneinheiten untergebracht sind, kommt aber auch etwas Wehmut.
Walter Grau, einer der eifrigsten Initiatoren des Projekts und Vizepräsident des Jugendzentrums Haus der Offenen Tür Porz, war bei der Vorstellung nicht mehr dabei. Ende vergangenen Jahres verstarb er 74-jährig, konnte aber noch am Richtfest teilnehmen und zusammen mit Pfarrer Berthold Wolff, Bezirksbürgermeister Henk van Benthem, Geschäftsführerin Inez Wolf und Architekt Torsten Müller eine Zeitkapsel ins Gemäuer einlassen.
„Niemals geht man so ganz“, zitiert Anne Henk-Hollstein, Vorsitzende der Landschaftsversammlung Rheinland, aus dem Abschieds-Song von Trude Herr bei ihrer Rede zur Eröffnung. Der langjährigen Wegbegleiterin und CDU-Parteifreundin von Walter Grau merkt man die Rührung an. Als Namenspatron für den Neubau wird sein unermüdliches Engagement wohl kaum in Vergessenheit geraten.
Schulabgänger, „schulmüde“ und noch nicht ausbildungsreife Jugendliche finden im JobWerk einen Raum, der ihnen Orientierung und Unterstützung bietet. Die Angebote der Einrichtung greifen dort, wo junge Erwachsene sonst perspektivlos in eine wenig aussichtsreiche Zukunft starten würden. Hier können sie einen Schulabschluss anstreben, berufliche Möglichkeiten ausloten und ihre Sprachkenntnisse verbessern.
Mit den Gewerken Holz und Farbe steht ihnen der Zugang zum Handwerk offen. Jürgen Exner, Werkpädagoge für den Bereich Holz, sieht unterschiedliche Entwicklungsstufen bei seinen Schützlingen: „Alle sind unterschiedlich weit – alle brauchen Unterstützung im schulischen oder sozialen Bereich. Das Ziel ist eine Anschlussperspektive zu schaffen, egal ob das zurück in die Schule, in eine Ausbildung oder eine niederschwellige Arbeit führt.“ Wenn das Interesse für die Arbeit mit Holz erst mal geweckt ist, entstehen wunderschöne Stücke, denen stolz der eigene Name eingeschnitzt wird.
Auch Werkpädagoge Hardy Berscheid sieht seine Aufgabe nicht ausschließlich in der Vermittlung seines handwerklichen Knowhows als Maler und Lackierer: „Farbe ist ja nur ein Medium. Ich könnte auch was ganz anderes mit den Schülern machen. Die Jugendlichen sollen sehen, dass sich Arbeit lohnt und man sich so ein bisschen erlauben kann – das ist meine Motivation.“
Selbst musste Hardy Berscheid nie auf etwas verzichten. Vom Glück einer unbeschwerten Jugend möchte er etwas weitergeben. Seinen guten Draht zu Jugendlichen hat er schon als Karate-Lehrer nutzen können. Letztlich lieferte sein Einsatz im Kampfsport sogar die Idee für die Berufswahl als Werkpädagoge. „Über Karate bin ich darauf gekommen, weil ich viel mit Jugend- und Erwachsenenbildung zu tun hatte.“ Gegen ein Angestelltenverhältnis und die Selbstständigkeit entschied er sich für die Arbeit im sozialen Umfeld und ist sichtlich glücklich mit seiner Entscheidung.
Die Jubiläums- und Eröffnungsveranstaltung scheint von einem guten Geist getragen; ein kameradschaftliches Miteinander gehört zur Grundhaltung bei den vielen Betreuern, Lehrkräften und anderen Mitarbeitern im JobWerk. Auf die Betreuten wirkt sich das natürlich aus. So steht der junge Kevin Schäfer wie selbstverständlich mit Hardy Berscheid am Grill, bringt sich vergnügt ein und kümmert sich um Soßen und Beilagen.
„Schön ist, wenn jemand nach ein paar Jahren kommt und sagt, ich habe meinen Weg gemacht. Was ich damals bei euch angefangen habe, hab ich weiter gemacht“, erzählt Julia Frings über die Highlights aus ihrem Arbeitsalltag. Durch die räumliche Expansion ist die Wahrscheinlichkeit für solche Erlebnisse deutlich gestiegen.