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„Menschenverachtend“Kölner Schüler müssen mit Taschenlampe zur Toilette

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Im Dunkeln mit Taschenlampe auf die Toilette

Köln – Wenn in Anna Joelle (16) oder Nils (16) während ihres Schultages in der Pestalozzi-Förderschule auf die Toilette müssen, ist das keine einfache Angelegenheit. Dann nimmt sie der Lehrer an die Hand und führt sie mit der Taschenlampe seines Handys durch den dunklen Flur. Licht gibt es keines. Auch nicht im WC. Auf dem Boden stehen Pfützen von einem Wasserschaden. Das Wasser aus der Leitung könne dagegen vorerst nicht benutzt werden – wegen Verdachts auf Legionellen, berichten die Eltern. Ein Teil der Räume des Gebäudes ist wegen Schimmel und Schadstoffbelastung luftdicht versiegelt.

Was die Schüler an der neuen Außenstelle der Pestalozzi-Förderschule nach den Ferien vorgefunden haben, hat die Eltern bewogen, sich an die Öffentlichkeit zu wenden: „Die Zustände sind menschenverachtend“, sagt Mutter Anja Müller im Namen von Schulpflegschaft und Förderverein. Mit Inklusionskindern könne man es ja machen. Hier werde die Raumnot auf dem Rücken der Schwächsten ausgetragen.

Die Pestalozzi-Förderschule für geistige Entwicklung in Wahnheide platzt wegen einer sehr hohen Zahl an Neuanmeldungen zum neuen Schuljahr aus allen Nähten. Daher wurden die Berufspraxisklassen der Schule – also die dortige Oberstufe – in eine neue Außenstelle nach Köln-Mülheim verlagert. Das Gebäude ist nicht barrierefrei, weswegen die Rollstuhlfahrer kurzerhand aus ihren Klassen genommen wurden. Sie blieben am Stammsitz in Wahnheide.

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Nach Angaben von Müller kann der überwiegende Teil der Jugendlichen hinsichtlich ihrer kognitiven Fähigkeiten mit Kindergartenkindern verglichen werden. Ein Teil muss gewickelt werden. „Aber an einen Pflegeraum hatte niemand gedacht. Die Lehrer haben die Kinder, die gewickelt werden müssen, auf Pappe auf dem Boden versorgt. Von einer Duschmöglichkeit ganz zu schweigen.“

Vater Wolfgang Floßbach treibt um, dass die Sicherheit nicht gewährleistet ist: Die Türen seien nicht abschließbar. Kinder mit Weglauftendenzen hätten schon gesucht werden müssen. Beim Lüften müssten die Lehrkräfte unter großem Stress sicherstellen, dass niemand aus dem ersten Stock falle. Der Behindertenbeauftragte der Stadt konstatierte in einem Brief an das Schulentwicklungsamt „eine unzumutbare Unterbringung“. Besonders die hygienischen Bedingungen, die sanitären Anlagen und die Raumsituation machten „unverzügliches Handeln“ notwendig. Die Stadt erklärte auf Anfrage, man suche „mit hoher Priorität“ nach einer zufriedenstellenden Möglichkeit der Unterbringung. Die notwendigen Sanierungs- und Renovierungsarbeiten würden in den Herbstferien umgesetzt. Die Liege zum Wickeln sei bestellt. Am liebsten wäre den Eltern, zwei Container auf dem Gelände der Stammschule aufzustellen, um die Schüler am angestammten Ort zu beschulen. Auch diese Lösung werde derzeit in der Verwaltung geprüft, so die Stadt.   

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