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Prozess wegen FundunterschlagungVerlorenes Handy meldet sich

Lesezeit 3 Minuten

Jan Markmann hat sein Smartphone wieder.

Köln – Jan Markmann war auf der Suche nach einer neuen Jeans, als in der Umkleidekabine von H&M das Malheur passierte: Der Software-Entwickler hatte dort nicht nur einen Stapel Hosen liegenlassen, die ihm nicht gefielen, sondern auch sein Smartphone. Doch der 33-Jährige blieb gelassen, denn er wusste, was passieren würde: Wenige Stunden später ging zu Hause auf seinem Rechner die erste Mail von seinem Handyanbieter ein und zeigte ihm an, dass sein Telefon geortet wurde.

Weil der Fachmann in Sachen neue Technologien sich damit aber längst nicht zufrieden gab, hatte er sich schon vor langer Zeit eine Spezial-Software heruntergeladen, mit deren Hilfe potenzielle Langfinger nicht nur geortet, sondern auch gleich mit Hilfe eines Selbstporträts, eines so genannten Selfies, festgehalten werden. „Derjenige, der den falschen Pin-Code eingibt, wird im selben Moment automatisch fotografiert,“ erklärte Markmann nicht ohne Stolz im Zeugenstand des Amtsgerichts das Prozedere des Sicherheitsprogramms. „Ich bekomme pro Tag mindestens zwei Selfies von mir, weil ich mich so oft vertippe“, fügte er schmunzelnd hinzu. Vor Gericht wurde am Donnerstag gegen den vermeintlichen Übeltäter wegen Fundunterschlagung verhandelt.

Durch Selfie identifiziert, vom Besitzer aufgespührt

Der 29-jährige Hartz-IV-Empfänger, offensichtlich gesundheitlich stark angeschlagen, hatte das iPhone in dem Kaufhaus am Wühltisch zwischen Hemden und Hosen gefunden und zunächst an sich genommen, „um es dem Besitzer zurückzugeben“, wie er es der Richterin mit stockender Stimme erklärte. Kaum hatte er versucht, das Handy einzuschalten, war auch schon das Selfie – von ihm unbemerkt – im Kasten und wurde dank der Software mitsamt Positionsdaten an Jan Markmann gesendet.

Der Software-Entwickler hatte das Foto gleich mehrfach ausgedruckt und war damit zur nächsten Wache geeilt, um Anzeige zu erstatten. Als die Beamten ihm jedoch erklärten, dem vermeintlichen Dieb erst in den nächsten Tagen einen Besuch abzustatten, machte sich Markmann selbst auf den Weg. Mit dem Foto in der Hand fuhr er zur angegebenen Stelle und klingelte bei sämtlichen Nachbarn, hielt ihnen das Foto unter die Nase und hinterließ seine Telefonnummer, für alle Fälle.

Bereits am nächsten Tag meldete sich der Angeklagte, der keinen Zweifel daran ließ, dass er das Handy keinesfalls behalten wollte, sondern in bester Absicht versucht habe, den Besitzer ausfindig zu machen. Seine Nachbarin hatte ihm die Telefonnummer des Besitzers gegeben. Die beiden Männer trafen sich zur Übergabe des Handys, und alles schien geklärt.

Was blieb, war die strafrechtliche Klärung des Falls. Wegen Fundunterschlagung sollte der Finder 800 Euro zahlen. Gegen den Strafbefehl legte er Einspruch ein und erklärte am Donnerstag auf der Anklagebank überzeugend seine Unschuld. Staatsanwalt und Richterin stimmten überein, dass der Angeklagte angesichts seiner gesundheitlichen Probleme alles getan habe, um das Handy zurückzugeben: „Sie wollten kein Unrecht begehen, deshalb haben Sie sich zu Recht unschuldig gefühlt“, so die Begründung des Freispruchs. „Beim nächsten Mal gehen Sie besser gleich damit zur Polizei“, gab die Richterin ihm noch mit auf den Weg.