Dauerbaustelle in SürthMieter fühlen sich von der Stadt im Stich gelassen

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Die Mieterinnen Ursula Kramer (links) und Claudia Eckamnn vor der Baustelle am Sürther Holzweg.

Sürth –  "Es sieht einfach schlimm aus", sagt Ursula Stahl. Sie schaut von ihrem Hochhaus seit mehr als einem Jahr auf eine Baustelle, auf der es nicht voran geht. Schutt liegt vor dem eingerüsteten Gebäude am Holzweg 11-17, eine Zeit lang war es in flatternde Plastikfolien verpackt. Die Balkongeländer sind abgebrochen, Lampen hängen lose und defekt von der Wand. Zunehmend verwahrlost die verlassene Baustelle.

Sürther Passanten schimpfen über Ewig-Baustelle

Auch Passanten schimpfen über die "Ewig-Baustelle", regelrecht verzweifelt sind die Bewohnerinnen und Bewohner des Hauses, in dem zehn Parteien leben. "Wir sind wütend und traurig, wir fühlen uns von der Stadt vergessen und nicht ernst genommen", sagen Ursula Kramer und Claudia Eckmann.

Seit Anfang Juni dieses Jahres sei hier gar nicht mehr gearbeitet worden, erzählen sie, und seit der Einrüstung im August 2019 nur sporadisch. Auch aktuell passiert nichts. "Wir können einfach nicht mehr", meinen sie und haben sich in ihrer Not gemeinsam mit anderen Mietern, wie Christoph Besta, an die Öffentlichkeit gewandt.

Geraubter Schlaf und modriger Geruch

Im Haus selbst riecht es modrig, die Haustürklingeln funktionieren teilweise nicht. "Für neue Briefkästen haben wir schon vor ein paar Jahren gezahlt, haben aber immer noch die alten", ärgert sich Claudia Eckmann. Wenn es stürmisch ist, klappert das Gerüst vor sich hin und raubt den Schlaf. Vor einem Schlafzimmerfenster steht ein Klohäuschen, das von sämtlichen Passanten benutzt werde, vor allem nachts. Dabei könnte das Reihenhaus, das in den 1920er Jahren errichtet wurde, ein Schmuckstück sein in der gepflegten Wohngegend nah am Rhein.

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Monatelang lag Bauschutt vor der Tür, seit einem Jahr ist das Haus am Sürther Holzwerg eingerüstet.

Vermieterin des Hauses ist die Stadt, mit ihr sind die Mietverträge abgeschlossen. Dort hätten sie sich schon oft gemeldet wegen des unhaltbaren Zustands. Immer wieder seien sie vertröstet worden, mitunter hätten sie gar keine Antworten erhalten. Das Gebäude befindet sich im Eigentum der städtischen Stiftung Dormagen-Guffanti. Die Stiftung ist gemeinnützig und unterstützt unter anderem mit diesen Mieteinnahmen Menschen mit Handicap in einem Zentrum in Longerich. Die Stiftungsverwaltung obliegt der Stadt und ist in der Kämmerei angesiedelt. Mit den Bauarbeiten ist die Gebäudewirtschaft beauftragt.

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Mieter fühlen sich von Stadt im Stich gelassen

Es ist nicht das erste Mal, dass an dem Haus gebaut wird. Nach einer größeren Sanierung im Jahr 1984 sei immer wieder etwas repariert worden, berichtet Ursula Kramer, die dort seit 30 Jahren wohnt. 2016 wurde das Haus zum Beispiel an der Straßenseite trockengelegt. 2017 sollte alles richtig schön sein, so habe es die Stadt versprochen. Das kommt den Bewohnern zynisch vor angesichts des aktuellen Stillstandes. Die Verwaltung teilt mit, dass die Baustelle im August 2019 eingerichtet worden sei, um die Fassade des Gebäudes zu sanieren. Dabei seien weitere Schäden festgestellt worden, wie etwa abgeplatzter Mörtel an Dachuntersichten und Fronten. Auf den Balkonplatten seien neue Abdichtungen nötig geworden. Aber wegen der Corona-Pandemie gab es Engpässe beim Personal und bei Materiallieferungen.

Laut Bauleitung sollten ursprünglich die abschließenden Arbeiten Anfang Juli beginnen und Mitte September abgeschlossen sein. Das werde sich jetzt auf Mitte November verschieben. Derzeit arbeite die städtische Gebäudewirtschaft mit Hochdruck an einer engen Taktung und Synchronisation der Bauabläufe. Die Stadt habe den Mietern bis zum Abschluss eine Mietminderung eingeräumt. Das wollen nicht alle Mieter bestätigen und überhaupt mögen sie das Corona-Argument nicht gelten lassen. Schließlich sei auch vor der Krise nur hin und wieder gearbeitet worden.

Im November soll der Spuk vorbei sein

Neidisch blicken sie 100 Meter weiter auf ein Mehrfamilienhaus, an dem seit April gearbeitet werde. "Dort wurde sogar das Dach abgenommen und neu gebaut, aber dort sind die Arbeiten schon viel weiter als bei uns", klagt Claudia Eckard. Die Mieterinnen und Mieter hoffen jetzt auf Mitte November. Aber so richtig glauben können sie nicht, dass dann der Spuk vorbei sein wird.  

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