Gebäude in der CäsarstrasseGute Geister in altem Gemäuer

Den Abbruchhammer hält die Figur schon in der Hand. Marcus Krips gestaltet die Fassade auf seine Art.
Copyright: Collage: Krips Lizenz
Bayenthal – Er war quasi einer der ersten Siedler in Bayenthal. Jedenfalls war die Gegend an der Cäsarstraße nahezu unbewohnt, als Johann Kerp sein Haus mit der Nummer 7 im Jahr 1904 baute. Lediglich ein heute denkmalgeschütztes Nachbarhaus stand schon, später waren dort die Sparkasse, dann die AOK und ein Tante-Emma-Laden untergebracht. An der Ecke Goltstein-/Cäsarstraße gab es die Lehmkuhl – eine Ziegelei. Enkel Wolfgang Kerp ist stolz auf die Geschichte, die mit dem Namen Kerp in Bayenthal begann – für ihn persönlich im Jahr 1955, als er mit seinen Eltern in das Haus Nummer 7 zog.
Bis vor kurzem wohnte er hier und führte 54 Jahre lang seinen Groß- und Einzelhandel für alles, was Fliesenleger und Steinmetze für ihre Arbeit brauchen. Vor zwei Jahren hat der 71-Jährige Haus und Grundstück verkauft, einen Nachfolger für den Betrieb hat er nicht gefunden. Eine Sanierung des charmanten historischen Hauses kam weder für ihn noch für den neuen Eigentümer in Frage, aus wirtschaftlichen Gründen. Ende Mai wird das Gebäude also abgebrochen. Es steht nicht unter Denkmalschutz, weil es wegen der Veränderungen nach dem Krieg als nicht erhaltungswürdig gilt.
Ein hochmoderner raumgreifender Gebäudekomplex mit 18 Wohnungen wird stattdessen errichtet. So mancher Nachbar stand vor dem alten Haus – traurig über den bauhistorischen Verlust und besorgt ob der weiteren Verdichtung in Bayenthal, wo vor allem in jüngster Zeit ausgiebig gebaut wird. Die ETI Etzbach und Berglar Immobilien GmbH & Co. KG steht schon in den Startlöchern. Dahinter verbergen sich Ernst W. Etzbach und Johannes Berglar, die wiederholt mit Manuel Herz zusammen arbeiten. Letzterer ist ein renommierter Architekt, der international und in Köln arbeitet. Für ein Wohn-Objekt an der Goltsteinstraße 110 – den roten Aufbau – hat er jüngst Architekturpreise erhalten.
Ernst Etzbach (45) ist in der Bernhardstraße aufgewachsen, und auch Herz hat seine Wurzeln in Bayenthal. Wolfgang Kerp ist froh, dass sein Grundstück „in gute Hände“ kommt, wie er sagt. An den ehemaligen Nachbarn Etzbach veräußerte Wolfgang Kerp sein Eigentum – weil er sich mit ihm „am wohlsten fühle“, sagt er mit Nachdruck.
Etzbach will mit seinem Geschäftspartner, dem Immobilienprofi Berglar, und mit Manuel Herz „einen baukulturellen Beitrag“ in Bayenthal leisten und den „Wandel positiv mitgestalten“. Es soll kein Standardhaus, sondern ein architektonisch anspruchsvolles Objekt gebaut werden, die Investition liege im zweistelligen Millionenbereich. Stadtplanung, Bauaufsicht und Kölner Gestaltungsbeirat erklärten sich einverstanden. Die Genehmigungen liegen vor für das viereinhalb geschossige Gebäude, das sich von der Cäsarstraße in einer Biegung in die Bernhardstraße spannen wird. Alte Bäume sind bereits gefällt, ehemalige Garagen entfernt.
Vorübergehend lebt Wolfgang Kerp im nahen Wohnpark Bayenthal, wo er beste Sicht auf sein Haus hat. „Den Abbruch werde ich mir zwar nicht anschauen“, sagt der Senior, den Aufbau des neuen Gebäudes werde er jedoch mit Interesse verfolgen. Und er freue sich darauf, bald wieder dort wohnen zu können, wo er groß geworden ist.
Bevor die Abrissbirne ihr Werk beginnt, wird eine groß angelegte Kunstaktion veranstaltet. Zwölf professionelle Kölner Künstler inszenieren das leer geräumte Haus unter dem Thema, das auch Kerp verinnerlicht hat: „Wo Altes zerfällt, kann Neues wachsen.“ „Wir wollen das Haus würdig mit Kunst und einem Fest für die Bürger verabschieden“, sagt Medienkünstlerin Lili Voigt.
Die Kunst5-Aktion „Das Haus“ findet an der Cäsarstraße 7 parallel zur Art Cologne und „Köln Süd offen“ statt vom 18. April bis zum 26. April. Die Vernissagen sind am Samstag, 18. April, am 19. April und am Samstag, 24. April , jeweils in der Zeit von 18 bis 22 Uhr, geplant. Finissage ist am Sonntag, 26. April, von 18 bis 20 Uhr. Auskünfte gibt es unter der Telefonnummer 0151/175 008 65. (süs)
kunst5@kunst5.com
Mit Marcus Krips betreibt sie direkt nebenan das Künstleratelier „Kunst5“ an der Cäsarstraße 5. Als Duo sind sie unter dem Namen „Kritzkratz“ seit mehr als 25 Jahren aktiv. Die beiden hatten die Idee, die Transformation von alt zu neu künstlerisch und audiovisuell zu begleiten – Graffiti mit Malerei, Videokunst, Installation, Skulptur, Musik und Tanz werden präsentiert.
Marcus Krips, der von der Streetart kommt, hat schon seine Spuren hinterlassen im Treppenhaus, im Badezimmer, im Flur. Mit der Dose hat er die für ihn typischen, lustigen bis provokanten Strichfiguren aufgesprüht. Und so scheint es, als ob die guten Geister im alten Gemäuer lebendig sind. Zumindest bis Ende Mai.
Ernst Etzbach begrüßt die Aktion und unterstützt auch sonst „Kritzkratz“. Den ehemaligen Supermarkt gegenüber hat er den Künstlern als Ausstellungsraum zur Verfügung gestellt. Aber nur noch ein halbes Jahr zeigen sie ihre Arbeiten in der leeren Halle. Denn Etzbach und Berglar haben auch dieses Grundstück erworben. Sie wollen ein architektonisch markantes Gebäude nach den Entwürfen von Manuel Herz errichten.