Hermannshof in Köln-SürthGänse-Bauer muss Ackerfläche für Neubaugebiet abgeben

Gänsebauer Wilhelm Wirtz
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Köln – Sie kommen mit Geschnatter angewatschelt, wenn Wilhelm Wirtz, „der Herr der Gänse“, erscheint. Sie mögen ihn, und er mag sie. Und es macht ihm gar nichts aus, wenn die Küken am Hosenbein knabbern. Rund 600 Gänse leben auf seinem Hof, dem Hermannshof an der Bonner Landstraße. Wilhelm Wirtz zieht sie groß, füttert sie mit Getreide, Salat und altem Brot.
Wenn das Federkleid komplett ausgebildet ist, bringt er die Tiere auf die Wiese, die gegenüber dem Hof im Zwickel zwischen Bonner Landstraße und Hahnenstraße liegt. Das ist meistens im August. Dort dürfen sie ihr Gänseleben unbeschwert genießen, eine Zeit lang wenigstens. Denn für die allermeisten Tiere endet die gegenseitige Zuneigung schlagartig kurz vor Weihnachten. Dann schlachtet er die Gänse und vermarktet sie quasi direkt vom Hof auf den Teller.
Am Anfang hab es kleinere Beschwerden
Unmittelbar hinter und neben seinem Bauernhof grenzt die Hahnwälder Wohnbebauung an. In den 1990er Jahren entstanden die ersten Nachbarhäuser. „Da hat es anfangs schon einmal Beschwerden gegeben wegen des Geruchs und des lauten Geschnatters“, erzählt Wirtz. Das habe sich aber gelegt. Das Verhältnis zu den unmittelbaren Nachbarn sei „wunderbar“, allerdings hat er zu den Hahnwälder Bewohnern insgesamt nur wenig Kontakt. „Wir sind hier so etwas wie Exoten“, sagt Wilhelm Wirtz und meint damit sich, die Familie und natürlich das Federvieh.

Etwa 600 Gänse leben auf seinem Hof.
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Der Vierkanthof ist wohl um 1900 als erstes Gebäude im Hahnwald gebaut worden. Auf alten Fotos ist zu sehen, dass das Gehöft im Jahr 1941 einsam in der Landschaft steht, keine Spur von Wohnbebauung rundherum. Seit 1933 lebt die Familie Wirtz auf dem landwirtschaftlichen Anwesen.
Zunächst war Urgroßvater Willy Pächter des Gutshofes. Dann hat Großvater Alfred im Jahr 1964 den Hof mit 2500 Quadratmetern Land gekauft, seitdem ist er in Familienbesitz. Damals standen noch Kühe im Stall. Vor zwei Jahren hat Wilhelm Wirtz den Hof von seinem Vater Peter übernommen. Der 32-jährige Landwirt führt ihn jetzt in Eigenregie und wird von der Familie unterstützt. Mit ihm leben auf dem Hof Mutter Brunhilde und der kranke Vater Peter, die Großmutter, die Schwester und seine Frau. Erst in diesem Frühjahr hat er geheiratet.
„Wenn ich die Gänse nicht hätte, wäre meine Lage übel“
Zusätzlich zur Gänseaufzucht bewirtschaftet Wirtz rund 25 Hektar Acker- und Grünfläche, vor allem rund um Rondorf, Meschenich und Immendorf. Die Felder hat er gepachtet. „Dieses Jahr werde ich leider fünf Hektar aufgeben müssen wegen des Neubaugebiets Rondorf Nord-West“, sagt er. Ein Teil seiner bewirtschafteten Felder im Raum Meschenich wird wegfallen wegen der neuen Hochspannungsleitungen, die dort aufgestellt werden sollen.
Im Neubaugebiet Sürther Feld hat er bereits Pachtflächen verloren. Das bedeutet finanzielle Einbußen. „Wenn ich die Gänse nicht hätte, wäre meine Lage übel“, sagt er. Aber das Geschäft mit den großen Vögeln laufe gut, die Nachfrage sei enorm. „Ich habe viele langjährige Kunden“, berichtet er. Dass es bei ihm gute Gänse gibt, hat sich offenbar herum gesprochen. Direkt reich werde er trotzdem nicht, schließlich stecke er viel Geld in die Aufzucht der Gänse.
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„Ich bin hier aufgewachsen und Landwirt mit Leib und Seele“, betont Wilhelm Wirtz. Er wird den Hof in der Familientradition weiterführen. „Vielleicht mache ich einen Hofladen auf“, sagt er. Obst, Gemüse und Eier in kleinen Mengen gibt es zwar jetzt schon zu kaufen – wenn einer an der Haustür klingelt, öffnet meistens Mutter Brunhilde ein Fenster und bedient die Kunden. Ein richtiger Laden ist das freilich nicht.