HubschrauberlärmLaute Überraschung am Wochenende

Vom Flugplatz Hangelar in Sankt Augustin starten viele der Hubschrauber, die für den Lärm im Kölner Süden verantwortlich sind.
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Rodenkirchen – Nicht schon wieder. Berta Wolf sitzt auf ihrer Terrasse in Rodenkirchen und rauft sich die Haare. Über ihr kreist im strahlend blauen Himmel ein Hubschrauber, knallrot ist er – und laut. Kaum ist er verschwunden, kommt der nächste daher, ein grauer Hubschrauber. Er dreht nahezu die gleiche Runde, macht etwa an der Rodenkirchener Autobahnbrücke eine Kehrtwende. Er knattert und blubbert. Unaufhörlich fliegen die Helikopter an diesem Samstagnachmittag des 20. Juli über den Kölner Süden, so kommt es zumindest der Bewohnerin vor.
„Muss ich mir den Lärmterror gefallen lassen?“, fragt sich Berta Wolf. Sie sei schon von nächtlichem Flugzeuglärm geplagt, jetzt müsse sie auch noch an Wochenenden Getöse ertragen. Sie befürchtet, dass die Belästigung zur unschönen Regelmäßigkeit werden könnte. Erst vor vier Wochen waren die Bewohner des Kölner Südens am Wochenende einer Dauerbeschallung durch Hubschrauberflüge ausgesetzt – und entsprechend gestresst. In ihrer Bedrängnis meldeten sich Bürger beim „Kölner Stadt-Anzeiger“. Man müsse doch etwas unternehmen können.
Rundflüge nicht genehmigungspflichtig
Flugunternehmen und Vermittlerfirmen bieten Hubschrauberrundflüge bundesweit in Geschenke-Portalen im Internet an, mitunter zu günstigen Aktionspreisen und als Gutschein. Die Unternehmen organisieren die Rundflüge an gewünschten Standorten. Thomas von Wolffersdorff, Vertriebsmitarbeiter bei einer solchen Internet-Plattform, sagt: „Am Leben bleiben können kleine Verkehrsflugplätze nur, wenn viel geflogen wird.“ Nur so blieben die Arbeitsplätze erhalten.
Die Hubschrauber transportierten wertvolle Ersatzteile und lebensrettende Organe. Familien fragten besonders nach kurzen und preiswerteren Rundflügen. Es sei besonders für Kinder ein einmaliges Erlebnis, die Heimat von oben betrachten zu können.
Die Bürger, sagt von Wolffersdorff, sollten daher tolerant sein und sich nicht gleich beschweren, wenn es unten eine Störung beim Kaffeetrinken gebe. (süs)
Kann man offenbar nicht. Bei dem vermehrten Hubschrauberverkehr handelt es sich um Rundflüge, die verschiedene Unternehmen anbieten. „Wir kennen das Problem, und das ist super-ärgerlich“, sagt eine Sprecherin der Bezirksregierung Düsseldorf. Dort ist die Landesluftfahrtbehörde angesiedelt, die für die Genehmigung von Flugplätzen sowie für die Aufsicht über den Flugbetrieb zuständig ist.
„Rundflüge müssen nach dem Luftfahrtgesetz nicht extra genehmigt werden und können rechtlich nicht beanstandet werden“, erklärt die Sprecherin. Auch bei der Behörde gingen regelmäßig Beschwerden wegen erhöhter Lärmbelästigung durch Hubschrauberflüge ein. Die Häufigkeit der Starts könne allerdings am ehesten noch der jeweilige Flugplatz eigenverantwortlich regeln.
Die Rundflüge starten zum Beispiel vom Flugplatz Hangelar in Sankt Augustin. Die Strecken führen auch über den Kölner Süden. Jürgen Unterberg ist Betriebsleiter des kleinen Flugplatzes und weiß von den Beschwerden. Er sei nicht glücklich darüber, fügt jedoch hinzu: „Wir haben die Pflicht, den zugelassenen Verkehr abzuwickeln.“ In Hangelar sind rund 20 Unternehmen angesiedelt, darunter die ADAC-Luftfahrttechnik, Trainings-Center und Flugschulen, eine Tragschrauberschule sowie zwei Helikopter-Unternehmen, Air Lloyd und Lifeflight. Die bieten eine Ausbildung zum Hubschrauberpiloten an, Pipeline-Überwachung von oben und auch Spaß-Rundflüge.
Fremdfirmen nutzen Flugplatz
Die ansässigen Hubschrauberfirmen seien aber nicht das eigentliche Problem, sondern Fremdunternehmen aus ganz Deutschland, sagt Jürgen Unterberg. Sie nutzten Hangelar und böten Flüge mit recht kurzen Umlaufzeiten von 15 Minuten an. Auch an jenem Samstag hätten diese Rundflüge stattgefunden. Das betreffende Flugunternehmen habe sich vorher nicht einmal angemeldet, sagt der Betriebsleiter.
„Seine“ Hubschrauberunternehmen nimmt er dagegen in Schutz. Die hätten sich eine freiwillige Selbstbeschränkung auferlegt. Sie hielten die Ruhezeiten ein, böten meist nur einmal im Monat längere Rundflüge von mindestens 30 Minuten an, so dass größere Bereiche abgeflogen und die Helikopter nicht immer über denselben Stellen kreisten. Am jüngsten Lärm-Samstag hätten die ansässigen Unternehmen zwei Hubschrauber jeweils fünfmal in die Luft geschickt und Flüge mit jeweils 30 Minuten durchgeführt – eine „überschaubare Anzahl“, wie Jürgen Unterberg findet.
Auf Starts und Landungen angewiesen
Die Geschäftsführer von Lifeflight und Air Lloyd sind sehr verärgert. „Die Fremdanbieter sind ein ganz großes Problem“, schimpft Dirk Bohnes von Lifeflight. „Während wir uns hier selbst beschränken, fliegen die einfach munter drauflos“, meist in ganz kurzen Abständen. „Das gefährdet unsere Existenz“, sagt Bohnes. Air-Lloyd-Chef Dieter Klein meint: „Wir müssen ausbaden, was uns die anderen einbrocken“. Die erbosten Anrufe müssten die Ortsansässigen hinnehmen. „Wir kriegen die Unzufriedenheit mit“, sagt Dieter Klein, der schon seit 1970 in Hangelar beheimatet ist. Der Betreiber des Verkehrslandeplatzes könne die vermehrten Starts und Landungen zwar nicht verhindern, aber ein wenig „unattraktiver“ machen für die fremden Wettbewerber. Da müsse stärker nach kreativen Lösungen gesucht werden, findet Klein.
Mit seiner Forderung geht er nicht ganz konform mit der Betriebsleitung in Hangelar. Schließlich trägt sich der kommunale Flughafen in der Hauptsache durch Lande- und Unterstellgebühren sowie durch Kraftstoffumsätze an der eigenen Tankstelle. Er ist also auf die Starts und Landungen angewiesen.