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Irmgardis-GymnasiumBayenthaler Schüler setzen Zeichen gegen Rassismus

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Mit Vorträgen und Liedern gedachten die Teilnehmer der jüdischen Opfer und Widerstandskämpfer in der NS-Zeit.

Bayenthal – „Ihr seid hier, weil ihr zu den Guten gehört, die für Toleranz und Respekt gegenüber euren jüdischen Mitmenschen einstehen“, erklärte Gemeinderabbiner Yechiel Brukner den Gästen, die im Rahmen einer Gedenkveranstaltung zum 81. Jahrestag der Reichspogromnacht in die Synagoge an der Roonstraße gekommen waren. „Anders als viele andere setzt ihr euch offen gegen das Vergessen ein und gedenkt der Opfer der Judenverfolgung in Deutschland.“

Damit bezog sich der Rabbi auf eine Umfrage des Jüdischen Weltkongresses, die ergeben hat, dass 41 Prozent der Deutschen der Meinung sind, die Juden sprächen heute noch zu viel über den Holocaust. Für ihren Besuch im jüdischen Gotteshaus und ihre Bereitschaft, öffentlich an die Verbrechen des Holocaust zu erinnern, sprach der Rabbiner den Gästen seinen Dank aus. Der Besuch der Synagoge am Schabbat, dem Ruhetag im jüdischen Glauben, bildete den Abschluss einer Gedenkveranstaltung, die Susanne Tebroke und Judith Föcker, gemeinsam seit den Herbstferien organisiert hatten.

Zeichen gegen Diskriminierung

Ziel der Lehrerinnen vom Irmgardis-Gymnasium in Köln-Bayenthal war es, nach dem rechtsextremistischen Anschlag in Halle am 9. Oktober ein Zeichen gegen Antisemitismus, Fremdenfeindlichkeit und Rassismus zu setzen. „Wir wollen zeigen, dass der überwiegende Teil unserer Gesellschaft – und vor allem die Schülerinnen und Schüler – mit Diskriminierung, Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit nicht einverstanden ist“, so Tebroke. „Als wir die jüdische Gemeinde auf unsere Pläne angesprochen haben, war sie begeistert und hat uns herzlich am Schabbat in ihr Gotteshaus eingeladen. Das war ein toller Anstoß zum Dialog.“ Bevor sie die Synagoge der Jüdischen Gemeinde Köln besuchten, versammelten sich die Veranstaltungsteilnehmer zunächst an der Moltkestraße 84. Mit Texten und jiddischen Liedern erinnerten die Organisatoren und Schüler des Irmgardis-Gymnasiums vor rund 130 Teilnehmern an die Geschehnisse in der Reichspogromnacht. In der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 wurden rund 800 Juden ermordet und Synagogen, Geschäfte sowie Wohnungen jüdischer Mitbürger geplündert und verwüstet.

Doch auch an die Verbrechen des Holocaust sollte die Versammlung erinnern – unter anderem an die Ermordung der Kölnerin Elvira Sanders-Platz, die 1891 in einem jüdischen Elternhaus zur Welt kam und sich als Erwachsene von der katholischen Kirche taufen ließ. Aufgrund ihrer jüdischen Herkunft deportierten die Nazis sie im August 1942. Nur wenige Tage nach ihrer Verschleppung wurde sie im KZ Auschwitz-Birkenau in der Gaskammer ermordet. Ihr Stolperstein ist vor ihrem Geburtshaus in der Moltkestraße 84 eingelassen.

Große Resonanz

„Nur eines von zahllosen tragischen Schicksalen, an die wir heute erinnern möchten“, erklärt Föcker vor den Schülern, Eltern und Interessierten, von denen etliche an Sanders-Platz’ Stolperstein Blumen ablegten. „Wenn wir, wie die Stolpersteine, weiterhin an diese Verbrechen erinnern, werden sie und ihre Opfer nicht in Vergessenheit geraten.“ Mit Künstler Gunther Demnig, dem Urheber des Stolperstein-Projekts, hat die Lehrerin für katholische Religion 2013 den Erinnerungsstein für Elvira Sanders-Platz gelegt. Zudem fördert Föcker den Dialog mit der jüdischen Gemeinde in Köln auch mit dem Projekt „Jüdisches Leben in Köln“, bei dem Schüler des Irmgardis-Gymnasiums jüdische Schulklassen besuchen.

Über die Resonanz auf die Gedenkveranstaltung sind sie und Tebroke begeistert. „Dass so viele Teilnehmer mitmachen, um an diese dunkle Zeit zu erinnern, rührt uns sehr“, so Föcker. „Wir hoffen, dass wir mit unserer öffentlichen Aktion unseren Beitrag geleistet haben, um dem Vergessen Einhalt zu gebieten.“

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