Nach jahrelangem Zoff geschlossenRettungsversuch für Italiener Linos in Rodenkirchen

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Die Rheingalerie mit dem Außengastronomie-Zelt vor Linos Bistro

Die Rheingalerie mit dem Außengastronomie-Zelt vor Linos Bistro

  • Seit gut einem Monat ist das Linos in Rodenkirchen nach einem richterlichen Beschluss geschlossen. Anwohner hatten sich über den Lärm beschwert.
  • Über fünf Jahre hatte sich der Streit gezogen, die Klage ging über drei Instanzen.
  • Doch nun will Bistro-Chef Michele di Rosa ein neues Konzept vorstellen – und hofft, dass es doch noch zu einer Einigung mit den Anwohnern kommt.

Rodenkirchen – Die Schaufenster sind zugeklebt, drinnen herrscht Durcheinander, nichts steht mehr an seinem Platz. Auch die Außengastronomie ist dicht, unter dem durchsichtigen Plastikzelt, das über die 20 Quadratmeter große Freifläche gestülpt ist, sind die Stühle hochgestellt.

Seit gut einem Monat ist das Linos nach einem richterlichen Beschluss geschlossen. Das kleine Lokal mit Bar und Bistro war bis zu dem Zeitpunkt lebendiger Treffpunkt in der „Rheingalerie“, einem Gebäudekomplex mit Geschäften, Büros, Praxen und Wohnungen rund um den Parkplatz an der Kirchstraße.

Tommy Engels gehört zu Stammgästen

Stammgäste, Touristen, Geschäftsleute genehmigten sich dort gern einen Vino oder Cappuccino oder eine Portion Pasta. Als „Café Wichtig“ oder als Rodenkirchener „Kult-Italiener“ wurde das Linos augenzwinkernd bezeichnet. Einige Freunde des Bistros – darunter auch Prominente aus Köln wie etwa der Sänger Tommy Engels – engagierten sich für das Lokal bereits im Frühjahr. Bei einer Online-Petition für den Erhalt kamen mehr als 1200 Unterschriften zusammen. Gebracht hat das bislang nichts.

Die langen abendlichen Öffnungszeiten, die damit verbundene Geräuschkulisse der Gäste oftmals bis Mitternacht, auch die Gerüche aus der Bistroküche – einigen Wohnungseigentümern wurde das offenbar zu viel. Es sei dahin gestellt, ob der Lärmpegel im Linos ständig zugenommen hat oder ob neue und empfindsamere Zeitgenossen in die Wohnungen rund um das Bistro eingezogen sind.

Jedenfalls gab es seit fünf Jahren richtig Knatsch und es wurde geklagt gegen das Linos, das heißt gegen den Bistro-Chef Michele di Rosa, der auch Eigentümer der Lokalität ist.

Klägergemeinschaft gewann vor Gericht

Die Klage ging über drei Instanzen und landete schließlich vor dem Bundesverwaltungsgericht. Die Sache war kompliziert, aber letztlich gaben die Richter der Klägergemeinschaft im Frühjahr recht: Die Bistro-Räume dürfen nur für ein Ladenlokal genutzt werden, nicht aber für Gastronomie. So war es in ursprünglichen Planunterlagen vorgesehen. Da nützte auch die Konzession für Außengastronomie nichts.

Auch wenn die Endgültigkeit der Schließung nach dem Gerichtsbeschluss festzustehen scheint, kann sich zumindest Michele di Rosa vorstellen, dass es unabhängig davon doch noch zu einer privaten Einigung kommen könnte zwischen ihm und der Eigentümergemeinschaft, die die Schließung gewollt hat. Bei einer Versammlung Mitte August will er ein neues Konzept vorstellen – ein Tagescafé statt des bisherigen Bistros. Über die Öffnungszeiten könne man ja noch sprechen.

„Seit 30 Jahren gibt es hier schon ein Café, seit 15 Jahren betreibe ich das Bistro“, sagt der 59-jährige Michele di Rosa, der 1977 nach Köln kam, in Rondorf wohnt und seit 1982 selbstständiger Gastronom ist. Drei weitere italienische Restaurants führt er in Rodenkirchen, Marienburg und im Agnesviertel, ein viertes kommt demnächst in Klettenberg dazu. Seine persönliche Existenz scheint also nicht gefährdet, aber seine acht langjährigen Mitarbeiter musste er entlassen, einigen konnte er Jobs vermitteln.

Ein bisschen könne er ja verstehen, dass sich die Bewohner belästigt fühlten, sagt der Gastronom. Wegen der Beschwerden habe er vorher schon die abendlichen Öffnungszeiten eingeschränkt und nur noch kaltes Essen angeboten. Warme Speisen wurden mit dem Lastenfahrrad von seinem nahen Restaurant angeliefert. Aber seine Good-will-Reaktion kam zu spät.

Die Schließung hat offenbar nicht nur Folgen für den Bistro-Betreiber, sondern für die Geschäftswelt rundherum. Es sei nun viel weniger los in der Rheingalerie, sagt Michele di Rosa. Das Bistro habe Lebendigkeit, Bewegung und „Kundenfrequenz“ gebracht. Das bestätigt der benachbarte Herrenausstatter Detlev Rust. „Vorher kamen rund 100 Menschen am Tag in die Rheingalerie, jetzt sind es nur noch 30“, bedauert er. Die restlichen 70 seien ins Linos gegangen, und bei der Gelegenheit hätten sie sich auch in den angrenzenden Geschäften umgeschaut. Freilich sei es abends oft laut gewesen im Bistro, aber alternativlos zuzumachen, hält er für unangemessen. Ein Tagescafé hält er für eine gute Lösung.

Nebenan hat die Goldschmiedin Kathrin Alius ihr Schmuckgeschäft, sie denkt ähnlich und bedauert den Schwund von Laufkundschaft. „Die Rheingalerie kann nur mit einem Branchenmix funktionieren und nicht, wenn die Geschäfte zumachen“, sagt sie und plädiert außerdem für mehr Freizeitkultur. Vom neu eröffneten benachbarten Pilates-Studio ging Renate Kosuch mit anderen Kursteilnehmerinnen gern nach dem Sport auf ein Getränk ins Linos und kann die Schließung nicht nachvollziehen. „Das ist eine komische Entscheidung“, sagt die 56-Jährige. Vor allem in punkto Stadtentwicklung sei dies bedauerlich. Die Rheingalerie und die Hauptstraße müssten doch eine lebendige Achse sein.

Bezirksbürgermeister Homann als Vermittler

Im Frühjahr hatte sich Bezirksbürgermeister Mike Homann in den Zwist eingeschaltet, aber ohne Ergebnis. Eine außergerichtliche Einigung hält Mike Homann für schwierig nach der langen Zeit der Zwistigkeiten. Dennoch würde er sich bereit erklären, als Vermittler tätig zu werden, sagt er auf Nachfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“. Das setze allerdings voraus, dass er von der Eigentümergemeinschaft zur anstehenden Versammlung im August eingeladen werde. Die Hausverwaltung, die im Namen der Eigentümergemeinschaft spricht, gibt sich zugeknöpft. Keine Stellungnahme, hieß es.

Falls es nicht zu einer Einigung kommt, will Michele di Rosa das Linos woanders, voraussichtlich in Klettenberg, „auferstehen“ lassen. Und er will sich überlegen, welches Geschäft er in seiner Räumlichkeit an der Rheingalerie ansiedelt. „Vielleicht noch einen Makler?“, meint er in Anspielung darauf, dass es schon zahlreiche Wohnungsvermittler gibt in Rodenkirchen. Manch einer hat auch schon von einem Beerdigungsinstitut gesprochen. Da könne man sicher sein, dass die Kunden leise sind.

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