Projekt in Kölner VeedelSechs Esel arbeiten als lebende Rasenmäher

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Esel Sürther Aue

Vorne grasen Melde (l.) und Marille (r.) auf der Heimatkoppel an der Schlei

Sürth – Melde und Marille sind die ersten Eselinnen, die ab dem kommenden Frühjahr im Naturschutzgebiet (NSG) Sürther Aue in einem eingezäunten Bereich umherwandern und sich als Landschaftspflegerinnen betätigen werden. Ein Jahr sind die Fohlen dann alt. Zwei weitere erwachsene Stuten werden auf sie aufpassen, und insgesamt soll die kleine Herde aus sechs Langohren bestehen.

Die Eselbeweidung im südlichen, zugewucherten Kerngebiet des NSG ist Teil des Pflegekonzepts, das die Stadtverwaltung mit dem Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) und der NABU-Naturschutzstation Leverkusen-Köln entwickelt hat und nun nach und nach umgesetzt wird. Es soll erreicht werden, dass in der insgesamt 23 Hektar großen Sürther Aue seltene und gefährdete Tier- und Pflanzenarten erhalten werden oder sich neu ansiedeln und verbreiten können.

Dank jahrelanger Bürgerprotesten beginnen nächstes Jahr die Vorbereitungen

Zuvor hatte es Bestrebungen gegeben, dort im NSG-Kerngebiet ein neues Becken für den Godorfer Hafen zu bauen. Nach jahrelangen Bürgerprotesten und einem politischen Umdenken wurden diese Pläne im Jahr 2019 gestoppt, und der Rat beschloss den Erhalt des NSG. 2021 erwarb die Stadt schließlich das Gelände von der Hafengesellschaft HGK.

Ab November beginnen nun die ersten Vorbereitungen für die Beweidung. Und das bedeutet erst einmal Rodung. Ungefähr neun Hektar werden von Gebüsch und Bäumen befreit. „Mit einer großen Maschine werden wir die Gehölze entnehmen“, sagt Holger Sticht, der NRW-Landesvorsitzende des BUND. Das sei sinnvoll und notwendig für die Beweidung. Diese wiederum soll erneutes Zuwuchern verhindern.

Mit Eseln aufgewachsen

Melde, Marille und Co. sollen letztlich als lebende „Rasenmäher“ dazu beitragen, dass sich das Magergrünland und der Halbtrockenrasen auf dem kalkhaltigen Sand-Kiesboden und die entsprechende Flora und Fauna wieder entwickeln können. Seit 1991 steht das Gebiet unter Naturschutz. „Eselsfrau“ Katja Bürki wird sich als Dienstleisterin im Auftrag des BUND um die Eselherde kümmern und wird dabei unterstützt von ihrem Mann Stavros Charitidis.

Beide sind in der Medienbranche tätig. Stavros Charitidis ist in Griechenland mit Eseln aufgewachsen. Katja Bürki hat erst letztes Jahr ihre große Liebe zu den Eseln entdeckt und seitdem Praktika über Eselhaltung bei Züchtern in ganz Deutschland absolviert, sie hat sich Fachwissen angeeignet – und ihre große Liebe zu den Eseln entdeckt. „Ich bin auf den Esel gekommen“, meint die 52-Jährige und lacht.

Esel sind nicht stur, sondern intelligent

Esel seien so fantastische, wunderbare, sanft- und gutmütige Tiere. Sie seien schlau, anpassungsfähig, aber auch vorsichtig. „Wenn sie etwas stört, zum Beispiel ein unerwartetes Hindernis, bleiben sie erst mal stehen und prüfen die Lage“, erläutert sie. Das habe nichts mit Sturheit zu tun, höchstens mit Intelligenz. Als sie in diesem Januar von dem Eselprojekt erfuhr, sei sie sofort begeistert gewesen. Ihr Mann und sie haben einen Bezug zum NSG und engagieren sich für den Erhalt der Aue, seit sie 2008 nach Sürth gezogen sind.

Die Schwestern Melde und Marille hat sie bei einer Züchterin in Schleswig-Holstein ausgesucht. Mindestens einmal am Tag will sie nach den Stuten schauen und kontrollieren, ob alles in Ordnung ist. Frostfeste Wasseranschlüsse müssen noch verlegt werden, Optionen werden noch geprüft. Ein Weidezelt zum Unterstellen wird aufgestellt, ansonsten bleibt die kleine Herde das ganze Jahr über draußen. Im Sommer kommen vielleicht zwei Besuchs-Eselinnen dazu.

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Im eingezäunten Areal werden die Tiere von außen eher selten zu sehen sein. An zwei Stellen soll es aber Möglichkeiten zum Beobachten geben – oder von einer Aussichtsplattform, die am südlichen Rand des NSG gebaut werden soll. Freies Betreten des Gebietes ist nicht erlaubt, schließlich soll sich das Areal in Ruhe entwickeln können. Spaziergängerinnen und Spaziergänger werden auf Wegen mittels Infotafeln außen herum geführt.

Die Wiese mit den Obstbäumen und die Ackerflächen, die an das NSG angrenzen und bis zur Sürther Wohnbebauung reichen, bleiben im Wesentlichen so erhalten, wie sie jetzt schon sind. Bei einer Bürgerveranstaltung, zu der der Verein „für sürth“ eingeladen hatte, wurde das Pflegekonzept vorgestellt. Die rund 100 Gäste hätten sich sehr mit dem Projekt einverstanden gezeigt, betont Holger Sticht.

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