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Segeln am RheinEin Wasserabenteuer direkt vor der Tür

Lesezeit 5 Minuten

Das beste Segelrevier in Köln ist für Gert Nacken der Rheinabschnitt zwischen Rodenkirchen und dem „Porzer Loch“

Rodenkirchen/Porz – Das beste Segelrevier in Köln, da muss Gert Nacken nicht lange überlegen, das ist der drei Kilometer lange Rheinabschnitt zwischen Rodenkirchen und dem „Porzer Loch“. Hier gibt es nicht nur tolle Strände, an denen man ankern könne wie am Mittelmeer, auch der Wind, der meist zuverlässig aus Nordwest bläst, bietet beste Voraussetzungen für einen schönen Törn nach Feierabend. „Ein wenig jeck muss man aber schon sein, um hier zu segeln“, erklärt der 48-jährige Steuerberater. „Die Strömung ist sehr stark, und natürlich sollte man außerhalb der Fahrrinne bleiben, um keine Probleme mit den kreuzenden Frachtschiffen zu bekommen.“

Nach ein paar flinken Schritten über den schwankenden, von den Regenschauern des Nachmittags noch feuchten Steg, hat Nacken sein Ziel erreicht. Als er die braunen Plane vor sich zurückzieht, erscheint darunter ein echtes Liebhaberstück: Ein 20er Jollenkreuzer komplett aus Mahagoni und weißer Vertäfelung. „Den habe ich vor drei Jahren doch tatsächlich ungesehen auf Ebay erstanden. Baujahr 1977, acht Meter lang, 2,5 Meter breit und das Beste: Mit nur 15 Zentimeter Tiefgang auch in seichten Gewässern bestens geeignet“, verrät er stolz und verschwindet in der kleinen Kabine. Als er kurz darauf wieder an Deck zurückkehrt, haben Bermudashorts und ein weißes Polohemd den schwarzen Businessanzug abgelöst. „Sehr pflegeleicht ist so ein Holzschiff allerdings nicht. Einmal im Jahr muss man mit ein wenig Lack drüber, damit es nicht verwittert.“

Wo man mit sich selbst ins Reine kommt

Der vierfache Vater wirft noch einmal einen genauen Blick nach oben, studiert Wind und Wolken, dann wirft er den kleinen Außenmotor an und schiebt das Boot aus der Rodenkirchener Marina in die Mitte des Stroms. Als die „True Love“ – so ruft Nacken seine Jolle in Abstimmung mit seiner Frau – fast die Schäl Sick erreicht hat, stoppt er den Flautenschieber. Jetzt gilt es schnell zu sein und die Segel zu setzen. Mit einem Tau und schnellen Kurbelbewegungen zieht Nacken das flatternde Vorsegel heraus, direkt danach setzt er das Großsegel. Beides zusammen dauert vielleicht 90 Sekunden und ergibt die Anordnung eines Schmetterlings, weswegen das Ganze in der Fachsprache auch Butterfly-Segeln genannt wird.

Der Sportler sitzt im Boot, hat die Beine lang nach vorn gestreckt und bewegt sich mit einem Doppelpaddel vorn.

Dabei handelt es sich nicht um eine bestimmte Bootsgattung, sondern um den Oberbegriff für alle mit einem Paddel fortzubewegenden Boote, der Kanute blickt in Fahrtrichtung.

Der Sportler kniet (Wettkampfboote) tief in seinem Kanu oder sitzt (Wandercanadier) auf einer erhöhten Bank, er hat ein Stechpaddel, also ein Paddel mit einem Blatt, das auf einer Seite eingetaucht wird. Dass die Seite gewechselt werden muss, ist ein Irrtum. Das Geheimnis des Geradeausfahrens sind die richtigen Steuerschläge.

Der Ruderer sitzt mit dem Rücken zur Fahrtrichtung auf einem Rollsitz. Er bewegt sich mit Rudern, die in Dollen an Auslegern stecken, fort. Zieht er mit beiden Händen an einem Ruder, ist das ein Riemen. Hat er in jeder Hand ein Ruder, sind das Skulls.

Ab jetzt mahnt der Kapitän jedoch zu erhöhter Vorsicht: „Wenn das Großsegel bei einer Windböe plötzlich umschlägt, kann das schon einmal lebensgefährlich werden“, sagt er und demonstriert das schnelle Wendemanöver für den Fall, dass er oder ein Besatzungsmitglied über Bord gehen sollte. Die geforderte Wachsamkeit sei für ihn jedoch positiver Stress. Während er noch einmal den Wind studiert, wippen seine Zehenspitzen munter auf und ab. „Ab der Minute, mit der ich auf dem Boot bin, ist der Alltag für mich weg. Hier kommt man mit sich selbst ins Reine“, fügt er hinzu. Seine halblangen blonden Haarsträhnen wehen dabei in der leichten Brise.

Ich habe lieber meine Kinder mit dabei

Dann beginnt eine muntere Plauderei über die Anfänge seiner Segelleidenschaft, gespickt mit zahlreichen Anekdoten. Bereits als Kleinkind habe Nackens Vater ihn in den Kölner Yacht Club eingeführt und für kürzere Trips nach Monnickendam aufs holländische Ijsselmeer mitgenommen. Sein erstes eigenes kleines Boot – ein selbst gebauter Optimist – erhielt er dann mit fünf Jahren. „Meinen eigenen Kindern würde ich so etwas heute allerdings nicht mehr so früh erlauben“, versichert er. Als Jugendlicher und junger Mann habe er fast jeden Sommerurlaub auf den Schotten eines Schiffes verbracht – Holland, Dänemark, Schweden, Spanien, Frankreich, Italien, Griechenland und die Türkei –, nur mit der True Love habe er noch nicht jenseits des Rhein geankert. „Eine Einmannjolle der olympischen Laserklasse habe ich zwar auch schon gefahren“, erklärt er. So richtig warm sei er mit dem Sportsegeln aber nie geworden. „Ich habe lieber meine Kinder dabei und gerne auch einmal eine Hand frei für ein kühles Bier“, scherzt er.

Bevor es zurück an den Start geht, lässt Nacken sich noch zu einer kleinen Spielerei überreden. Ein drittes, buntes Segel – der Spinnacker – wird vor das Boot gespannt. Mit ihm kann gewissermaßen der Turbo eingeschaltet werden. Wird der Wind aber zu stark, steigt auch das Risiko zu kentern. Mit einem scharfen Riss am Ruder legt sich die Jolle in die Wellen und man spürt es auf einmal, warum er den Rhein so liebgewonnen hat. Es ist ein Wasserabenteuer direkt vor der Haustür.

www.koelneryachtclub.de