Die Crème de la CrèmeKölner sammelt Nivea Dosen

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Das Plakat „Nass Kalt“ war für Lino Wischeidt die Initialzündung, Nivea Exponate zu sammeln. 

Köln-Weiß – Seine Lieblingsexponate stehen zur Präsentation auf dem großen Wohnzimmertisch. Dose an Dose, alles Nivea. Liebevoll nimmt Lino Wischeidt eine Niveadose nach der anderen in die Hand. Eigentlich stehen die Ausstellungsstücke in Bad und Gäste WC: Nur dort gehören sie für seinen Geschmack hin. Aber so ein Gespräch auf dem stillen Örtchen? Dann doch lieber am Esstisch.

Sein Hobby mag etwas befremdlich für einen Mann klingen. Denn der dreifache Familienvater sammelt die blauen Blechexponate mit der weltweit bekannten weißen Schrift seit über vier Jahrzehnten. Allerdings weniger wegen des Inhalts, auch wenn er den Duft mag, wie er gesteht.

Der Beginn seiner Sammelleidenschaft ist eigentlich eher „typisch Mann“: Alles begann mit einem kaputten Tretroller im Jahre 1961. Für die Reparatur waren Schrauben nötig, die Linos Vater im Keller aufbewahrte – in einer Cremedose. Blau. Marke Nivea, Nummer 363. Der Preis: „1 Reichsmark (ohne Rabatt)“, steht am Dosenrand. Mit den Schrauben aus der Dose wurde der Roller repariert, und Lino nahm das gute Stück aus den 1930er Jahren mit in sein Zimmer. Damals war er sechs Jahre alt - das Hobby sollte noch ein wenig auf sich warten lassen.

Sämtliche Exponate sind Zufallsfunde 

Die Initialzündung geschah dann 1977 in Weidenpesch auf der Pferderennbahn beim Flohmarkt: Der junge Herr Wischeidt entdeckte ein Werbeplakat für das bereits mehrfach genannte Produkt. Es erinnerte ihn in seiner Anmutung an Jugendstilelemente, den Bauhaus-Stil und an das berühmte Metropolis-Plakat für einen Film von Fritz Lang, eines seiner Lieblingsplakate. Vier deutsche Mark zahlte Wischeidt für seine zweite Nivea-Errungenschaft.„Schweineteuer“, wie er sagt. Als er 1981 in eine Wohngemeinschaft in einen Altbau nach Buchheim zog, hing es dort jahrelang auf der Toilette. Mit Bädern verbindet er immer die Farben blau und weiß. „Und außerdem sind es meine Lieblingsfarben“, erklärt er.

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Bis in die 1930er Jahre reichen die Niveadosen von Lino Wischeidt zurück, die er seit über 40 Jahren immer dann sammelt, wenn ihm ein Exponat zufällt.

Und dann ging es irgendwie los. Die nächste Dose war das Pendant zu der ersten Dose, auch von 1931, nur etwas kleiner mit der Nummer 368. Damaliger Kostenpunkt 0,54 Reichsmark. Sämtliche Exponate, die er heute besitzt, sind Zufallsfunde. Für eine der ersten Dosen aus dem Jahre 1911 hundert Euro ausgeben? Das käme nicht in Frage. Und so hat auch heute noch jedes Exponat eine Geschichte.

Seine intensivste Zeit der Sammelaktion war kurz nach der Jahrtausendwende. Da kamen dann auch Nachbarn und Kollegen an und brachten Exponate zu ihm nach Hause. Mittlerweile wohnte er mit seiner Familie in Weiß. Dort, beim Nachbarn im Keller, fand er zum Beispiel die großen Blechdosen, in denen die Familie ihre Badutensilien verstaut. Und natürlich hängen im Bad auch alte Werbungen und ein Plakat mit einer Wettervorhersage für die Zeit vom 16. bis 30. Juni 1938. „Die hingen früher in Drogerien“, erklärt er. Natürlich sind auch die Handtücher im Bad weiß blau mit fünf Buchstaben versehen. Aus Belgien hat er ein Badeset aus Porzellan, eines seiner Lieblingsstücke ist eine Porzellandose von Hutschenreuther.

Dosen aus aller Welt 

Auch Nachbarn kamen und brachten aus dem Urlaub Cremedosen mit. Aus den Niederlanden etwa, eine Kollegin ergänzte die Sammlung mit einer Kunststoffdose aus Polen. Für den damaligen Controller eine schöne Erinnerung: „Es ist toll zu wissen, dass derjenige, der dir etwas mitbringt, an dich gedacht hat“, erklärt er bescheiden. Sein Wissen zu den Exponaten hat er in den Jahren immer wieder erweitert, ebenso wie die Sammlung. „Die Kunststoffdosen mit ihrer konischen Form haben sich nicht durchgesetzt“, erklärt er zu einer Dose. Auch Farbe und Schrift wurden immer wieder angepasst. Ab 1935 bekommt Nivea die heutige Typografie mit den „spitzen Ecken“. Der charakteristische „Creme“ Schriftzug hielt 1959 Einzug, 1988 kam der Zusatz „ohne Konservierungsstoffe“ hinzu.

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Aus der Schallplatte hat der Nivea Sammler Lino Wischeidt eine Uhr gebastelt. 

Einmal hat er selbst im Urlaub eine Dose gekauft. In Ägypten. Sonst stöbert er auf Märkten, wenn auch nicht mehr so leidenschaftlich wie noch vor zwanzig Jahren. Da war der heutige Rentner ein echter Experte. „Die meisten Dosen konnte man immer in der Nähe von Nähsachen finden, weil Nähutensilien auch gerne in Niveadosen aufbewahrt werden“, weiß er. Neben Dosen wurde die Sammlung mit Cremeflaschen und Sonnencremes erweitert.

Kölner hat rund 60 Exponate ausgestellt 

Die „Milk“ etwa führte das Hamburger Unternehmen 1963 ein, auch hier hat sich die Form immer wieder verändert. Die Sonnenmilch mit dem Lichtschutzfaktor 3 aus den 1970er Jahren hat beim Öffnen sogar noch den typischen Nivea-Duft. Denn bis auf die großen Dosen für Utensilien lässt Wischeidt den Inhalt wie er ist. Deshalb ist der Puder, der den Babypopo seines Schwagers bestäubte, auch noch original aus den 1950er Jahren erhalten. Daneben hat Lino auch eine weiße Dose mit blauem Deckel. Der „babyfein“ wurde im Boomjahr 1963 eingeführt.

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Der Kinderpuder mit der Nummer 379 stammt aus den 1950er Jahren und ist noch original gefüllt. Passend zum Babyboom startete 1963 die Pflegeserie „babyfein“

Rund 60 Exponate hat er ausgestellt, nicht nur Dosen, vieles ist im Keller und in Kisten verstaut. Auf dem Flohmarkt auf dem Wilhelmplatz hat er eine Nivea-Schallplatte ergattert. Die Musik sei scheußlich, deshalb habe er daraus eine Uhr gebastelt. Natürlich gibt es auch ein paar Werbeartikel wie einen Wecker, eine Jubiläumsdose oder eine Glaskugel.

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Manchmal sammelt er auch ein wenig „fremd“ wie er gesteht. „Was mir fehlt ist eine Creme 21 - Dose“ erklärt er und dann noch eine Niveadose aus seinem Geburtsjahr von 1954. Die wäre auch noch schön.

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