Rundumblick vom Heliosturm„Ehrenfeld – Du hast Dich verändert“

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Florian Eßer kennt das Veedel wie seine Westentasche.

Köln-Ehrenfeld – Güter- und Personenzüge rollen in den Bahnhof Ehrenfeld ein, Autos und Fahrräder mühen sich durch den dichten Verkehr auf der Venloer Straße. Vermutlich wird gehupt, gerufen, Motorengeräusche und Gesprächsfetzen bilden die übliche Vertonung des großstädtischen Rummels. Doch hier oben, auf der Plattform des Heliosturms, bekommt man nichts mit von dem Lärm, der die Straßen erfüllt.

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Florian Eßer ist Ihr Reporter in Ehrenfeld.

Unser Veedelsreporter Florian Eßer ist für Sie in Ehrenfeld unterwegs: Wenn Sie eine Anregung haben, Sie etwas nervt oder bewegt, schreiben Sie ihm: Veedelsreporter@kstamedien.de

Hier kann man in Ruhe den Blick über das Wimmelbild schweifen lassen, in dem man sonst selbst einen geschäftigen und gehetzten Punkt darstellt: Die Ehrenfelder Hinterhöfe mit ihren Wäscheleinen, die Balkone und die Dächer, die von einigen zum Grillen und Sonnenbaden genutzt werden. Da hinten liegt die Lieblingskneipe, in der am Samstag noch die Lampen brannten, dort das Café, in das man schon immer gehen wollte, es aber bisher nie schaffte. Da sind das Franziskus-Krankenhaus und das 4711-Gebäude, das Westcenter am Rochusplatz, die Kirchtürme von St. Joseph, St. Peter und St. Anna sowie die Minarette der Zentralmoschee.

Heliosturm

Blick vom Heliosturm 

Der Colonius und der Dom komplettieren die Skyline mit etwas Abstand. Und überall dazwischen erheben sich die Baukräne, für die einen als gute Omen des Aufbruchs und der Veränderung, für die anderen als gelb lackierte Menetekel des Wandels. Wie man es auch sehen mag: Von hier oben wird noch einmal ganz besonders deutlich, was bereits bei einem Gang durch die Straßen nicht zu leugnen ist – die Uhren gehen schnell in Ehrenfeld, dem Veedel zu Füßen des einzigen Leuchtturms in ganz NRW.

Helios-Schule in Köln-Ehrenfeld

Wo einst getanzt und getrunken wurde, werden bald die Schülerinnen und Schüler der Helios-Schule zum Unterricht antanzen, in die Rheinlandhalle zieht in Zukunft das Zentrum für alte Musik. Der ehemalige Netto-Parkplatz an der Vogelsanger Straße ist inzwischen bebaut worden.  

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Ehrenfeld – Du hast Dich verändert. Erinnerungen, ein wehmütiges Lächeln gar, beim Blick nach unten – aber man kann dem Viertel nicht die Veränderungen vorwerfen, die man selbst in ihm vollzogen hat. Die guten, die schmerzhaften und jene, die irgendwo im Asphaltgrau dazwischen liegen. Seinen Frieden machen will man mit allen von ihnen, wenn man das geliebte Veedel so von oben betrachtet. Ein letzter Blick über das Panorama, noch einmal Ehrenfelder Luft einatmen, dann geht es den Turm wieder hinab. In die über 100 Jahre alten Wände haben Menschen ihre Namen gekratzt.

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Manche der Verewigungen stammen aus den 90er-Jahren, andere sind sogar auf 1949 datiert. Die Leute angezogen hat er schon immer, der einzige von drei Binnenleuchttürmen Deutschlands, der nie als Signalfeuer für Schiffe diente. Erbaut wurde er 1885 von der Helios AG, die Beleuchtungstechnik produzierte und den Turm zum Test der hergestellten Signalfeuer nutzte. Inzwischen sind er und das Areal im Besitz der Bauwens-Unternehmensgruppe, die das Wahrzeichen des Veedels wartet und erhält – und mir den exklusiven Besuch ausnahmsweise möglich gemacht hat. Knapp 40 Meter und unzählige Treppenstufen später ist man nun wieder unten angelangt, – es wird gehupt und gerufen, Züge rollen in den Bahnhof Ehrenfeld ein. Man ist wieder ein Teil des Wimmelbildes.

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