Kölner Schauspielerin Katrin Heß„Das größte Problem ist, als Mutter überhaupt einen Job zu bekommen“

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Die Schauspielerin Katrin Heß sitzt am Tisch und trinkt Kaffee, sie trägt eine pinke Mütze und ein pinkes Kleid.

Die Kölner Schauspielerin Katrin Heß spricht über die Benachteiligung von Müttern in der Film- und Fernsehbranche.

Katrin Heß spricht im Interview über Benachteiligungen als Schwangere und als Mutter in der Film- und Fernsehbranche.

Frau Heß, Sie sind ganz frisch zum zweiten Mal Mutter geworden. Herzlichen Glückwunsch!

Vielen Dank! Wir sind auch Alle ganz verliebt und grooven uns jetzt als Familie erst einmal neu ein.

Sie haben erst im Laufe Ihrer zweiten Schwangerschaft öffentlich gemacht, Mutter zu sein. Warum?

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Ich habe beim ersten Mal schon überlegt, wie ich mit meiner Schwangerschaft umgehe. Auch in der zweiten Schwangerschaft, als der Bauch wieder wuchs, hat sich mir diese Frage gestellt. In meiner Branche gibt es viele Missstände, was das angeht. Deshalb habe ich gedacht, jetzt muss etwas passieren. Ich muss damit an die Öffentlichkeit.


  • Katrin Heß, Jahrgang 1985, ist Schauspielerin, Model und Synchronsprecherin.
  • Einem größeren Publikum wurde sie durch ihre durchgehende Rolle als „Jenny Dorn“ bekannt, die sie von 2010 bis 2019 in der RTL-Serie „Alarm für Cobra 11“ spielte. Außerdem war Heß in der ZDF-Serie „Letzte Spur Berlin“ und bei „In aller Freundschaft“zu sehen. Sie lebt mit ihrer Familie in Köln. (awe)

„Statt Müttern wird oft lieber jemand anders eingestellt“

Was sind das für Missstände, von denen Sie reden?

Das größte Problem ist, als Mutter überhaupt einen Job zu bekommen. Das betrifft im Übrigen nicht nur Schauspielerinnen, sondern auch Mitarbeiterinnen hinter der Kamera, Regisseurinnen, Maskenbildnerinnen und viele andere. Für die Produktion bedeutet es immer einen Mehraufwand, eine Schwangere oder eine Mutter zu beschäftigen. Da geht es um Stillzeiten, Ruhezeiten, die Betreuungssituation, Arbeitsschutz. Da wird dann oft lieber jemand anders eingestellt, oder die Frauen verheimlichen, dass sie Mütter sind. So werden die Probleme aber nicht angegangen, wenn man immer nur untereinander redet. Wir müssen laut werden.

Wie haben Sie das persönlich bislang erlebt?

Auch ich habe schon Bodyshaming erlebt. Da wollte man von mir für ein Foto meiner Frisur auf einmal eine Ganzkörperaufnahme – um zu sehen, ob ich noch Schwangerschaftskilos draufhabe. Obwohl meine Agentin bereits vorher versichert hatte, dass ich aussehe wie zuvor. Ich frage mich da aber auch, wie wir Gesellschaft in Film und Fernsehen abbilden wollen. Warum kann dieselbe Rolle nicht fünf oder zehn Kilo mehr wiegen? Und wie findet überhaupt Schwangerschaft im Fernsehen statt? Nicht wirklich, man sieht vielleicht mal eine schwangere Frau, aber es gibt keine Geschichte drum herum.

„Einer fest angestellten, schwangeren Kollegin wurde nahegelegt, doch von sich aus zu kündigen“

Ist das denn ein Problem, das spezifisch die Film- und Fernsehbranche betrifft?

Schwanger zu sein im Beruf ist sicherlich nicht nur in meiner Branche ein Nachteil. Wahre Gleichberechtigung gibt es noch nicht. Frauen werden an ihren Fehlzeiten gemessen, Väter hingegen werden immer noch nicht gefragt, ob sie Kinder haben oder wie sie die Betreuung organisieren. Es gibt immer noch Gehaltsgefälle, für Mütter ist es immer noch schwerer, nach der Babypause wieder einzusteigen. Ich kann nur für meine Branche darauf aufmerksam machen, dass sich da etwas tun muss.

Auf Instagram haben Sie die Nachricht, Mutter zu sein und Ihr zweites Kind zu erwarten „Moming-out“, angelehnt an ein „Coming-out“, genannt. Wie waren die Reaktionen darauf?

Ich habe von ganz vielen Frauen aus der Branche Privatnachrichten bekommen. Die mir „Danke“ gesagt haben, dass ich es öffentlich mache, weil sie es selbst gerade nicht können. Weil sie Verträge noch nicht unterschrieben haben, sich erst danach sicher genug fühlen, darüber zu sprechen. Wobei selbst ein Vertrag einen nicht schützt. Eine Kollegin war fest angestellt. Als sie verkündet hat, dass sie schwanger ist, hat man ihr nahegelegt, von sich aus zu kündigen. Das setzt dem Ganzen die Krone auf. Und bestätigt mich aber nur darin, dass es richtig ist, nun darauf aufmerksam zu machen.

„Es erweitert den Horizont, in der Stadt zu wohnen“

Machen Sie sich nach der Geburt Ihres zweiten Kindes nun schon Gedanken darum, wie es beruflich weitergehen soll?

Ich arbeite total gerne und würde auch gern bald wieder drehen. Ich habe bereits mit meinem ersten Kind gedreht, der Papa war mit am Set. Es ist nicht immer leicht, aber es ist machbar. Der Große ist jetzt zweieinhalb Jahre alt und kann auch mal mit dem Vater allein zuhause bleiben. Oder beide Kinder kommen mit. Es sind einfach Organisationsfragen, die geklärt werden müssen. Aber ich bin der Meinung, dass es immer Lösungen gibt. Zumal es sich ja oft auch nur um drei bis vier Drehtage handelt. Mein Mann und ich haben den Luxus und das Pech, beide als Schauspieler zu arbeiten. Damit sind wir aber beide zeitlich sehr flexibel. Zum Glück haben wir auch eine Oma, die einspringen kann. Als alleinerziehende Person wäre das gar nicht zu leisten.

Was würden Sie sich denn für eine Rolle oder für ein Engagement wünschen?

Am liebsten wäre ich fest in einer Reihe engagiert. Das ist etwas Sicheres, es gibt ein festes Ensemble. Ich arbeite auch gern im Team. Eine Serie, die nicht jeden Tag läuft, wäre perfekt. Damit könnte ich die Familie super vereinbaren. Oder vielleicht zwei bis drei Filme im Jahr drehen – dann hat man intensive Drehzeiten, aber auch lange frei.

Ist Köln für Sie denn eine gute Stadt, um Kinder aufzuziehen?

Total! Ich komme vom Dorf und möchte nicht dahin zurück. Natürlich hat man mal Phasen, in denen man überlegt, ob es in der Natur nicht schöner für die Kinder wäre. Aber hier gibt es kulturell einfach mehr, es ist bunter. Es erweitert den Horizont, in der Stadt zu wohnen. In die Natur können wir immer am Wochenende fahren, und reisen. Dazu gibt es für uns in Köln viele Arbeitsmöglichkeiten, Und man möchte ja gerade am Anfang viel Zeit mit den Kindern verbringen. 

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