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Weltmeisterschaft in KölnAuf der Suche nach dem König des Schnick-Schnack-Schnuck

Lesezeit 5 Minuten

Weltmeister „El Diablo“ (l.) beim Aufwärmen

Köln – Die Hitze in der Kölschbar in der Kölner Innenstadt ist an diesem Abend kaum zu ertragen. Dicht an dicht drängen sich die Zuschauer in der kleine Kneipe. Jeder will einen guten Blick auf das Spektakel erhaschen. Es ist laut, es ist hektisch. Immer wieder sind laute Jubelschreie zu hören. Hinter einer rot-weißen Kette stehen sich „Der Itti“ und „Kölsche Klüngel“ auf einer Fußmatte, die aussieht wie ein Fußballfeld, gegenüber. Ihre Fäuste berühren sich, der Blick geht jeweils starr in die Augen des Kontrahenten.

Was aussieht wie ein Boxkampf im Untergrund ist in Wahrheit viel harmloser. Am Rande des belgischen Viertels wird an diesem Abend der Weltmeister im Schnick-Schnack-Schnuck gekührt. Der Veranstalter ist der Verband „aSSSociation“. Es ist das zehnte und letzte Weltcup-Turnier des Jahres. Bei jedem Turnier konnten die Teilnehmer Weltcuppunkte sammeln. Wer nach dem letzten Turnier die meisten Punkte auf seinem Konto hat, ist Weltmeister.

Wer am eigentlichen Turnier teilnehmen möchte, muss sich jedoch einkaufen. Bei der Registrierung bekommt jeder Spieler 3000 „Muccarones“, die offizielle Währung der Veranstaltung, die von Gaffel gesponsert wird und deshalb offiziell „Schnick, Schnack, Schluck“ heißt. Nun kann zunächst Jeder gegen Jeden spielen, Wetten abschließen und so sein Konto aufbessern. Mit einer stillen Auktion wird dann das Teilnehmerfeld für das Hauptturnier bestimmt. Um einen der 64 Startplätze an diesem Abend zu ergattern, waren mindestens 4000 „Muccarones3 fällig. „Das ist bei uns wie an der Börse. Es geht rauf und runter“, sagt einer der Veranstalter, die alle in Anzug und Fliege auftreten. Von dem übrig gebliebenen Geld können Kölsch-Kränze ersteigert oder verschiedene Wetten abgeschlossen werden, um so das eigene Konto für die nächste Veranstaltung aufzustocken.

Die Regeln sind einfach: Stein schlägt Schere, Schere schlägt Papier, Papier schlägt Stein. Wer als erstes drei Spiele gewonnen hat, gewinnt das Duell und kommt eine Runde weiter und bekommt einen Weltcuppunkt.

Entscheidung schon in Runde Eins

Die Entscheidung fällt an diesem Abend schon in der ersten Runde. „Der Itti“ muss „Kölsche Klüngel“ schlagen, um den Gesamtführenden „El Diablo“ noch einholen zu können. Beim Stand von 2:2 ist ihm der Druck deutlich anzusehen. „Kölsche Klüngel“ nimmt einen großen Schluck Kölsch aus dem kleinen Glas. Dann treffen sich die Fäuste wieder in der Mitte. Der Schiedsrichter, der in Anzug und Fliege gekleidet ist, gibt das Startsignal. „Schnick! Schnack! Schnuck!“, hallt es durch die Bar. „Der Itti“ entscheidet sich für den Stein. Doch „Kölsche Klüngel“ zeigt Papier. Das war’s. „El Diablo“ ist Weltmeister. „Das ist totaler Mist, die ganze Vorbereitung war für die Katz’“, sagt „Der Itti“. „Ich habe viel im Internet und mit Freunden trainiert, aber er war ein harter Gegner.“

Das ist besonders bitter, denn auch „El Diablo“ ist bereits in der ersten Runde gescheitert. „Ich hab meinen Gegner falsch eingeschätzt und 3:2 verloren“, bilanziert er. In diesem Jahr hat er an allen Turnieren teil genommen. Zwei davon hat er gewonnen, ein Mal stand er im Finale. „Das hab ich alles meinem Mentaltrainer zu verdanken", sagt der 41-Jährige, der eigentlich Jens heißt, bescheiden. Dabei hat er soeben einen Jahresvorrat Kölsch gewonnen.

Weltcup-Turniere wie diese gibt es seit 2013. Angefangen hat es jedoch schon 2007 mit dem heutigen Moderator Michael Scholten. Der hat in Kneipen, in denen er sonst niemand kannte, angefangen, gegen andere Gäste Schnick-Schnack-Schnuck zu spielen. Das war ihm jedoch nicht genug. Er wollte die Sache voran treiben. 2012 stieg Muharrem Sahin, Kampfname „Eurobond“, ein. „Ich wollte es groß aufziehen und hab zunächst Germanwings als Sponsor gewonnen. Die haben dann Gaffel mit ins Boot geholt", sagt der 42-Jährige. Heute ist er Präsident der „aSSSociation“. Seitdem findet jeweils am letzten Donnerstag des Monats ein Weltcup-Turnier statt. Nur in den Sommermonaten wird pausiert.

Spannendes Finale

Das Finale bestreiten an diesem Abend „Super Fountain“ und „Matt Eagle“. „Super Fountain“ ist kein Unbekannter. Im Gesamtklassement ist er dritter und kann mit einem Sieg „Der Itti“ noch überholen. Mit starren Blick versucht der Mann mit der grünen Jacke und der Kappe seinen Gegner zu verunsichern. Zwei Mal Schere und ein Mal Stein besorgen „Super Fountain“ eine 3:0-Führung. Da im Finale jedoch mindestens fünf Punkte für den Gesamtsieg nötig sind, gibt sich „Matt Eagle“ noch nicht geschlagen und nimmt eine Auszeit. „Super Fountain“ zeigt im nächsten Spiel den Stein, doch sein Kontrahent zieht die Hand weg. Klare Gelbe Karte. Dann passiert es: Das Papier und zwei Mal der Stein bringen „Matt Eagle“ den 3:3-Ausgleich. „Super Fountain“ schlägt jedoch zurück und holt sich mit dem Papier die 4:3-Fürhung. Im nächsten Spiel versucht er wieder mit dem Papier, doch diesmal antwortet „Matt Eagle“ mit der Schere: 4:4. Es kommt zum entscheidenden Duell, die Anspannung ist in der Kölschbar deutlich zu spüren. „Super Fountain“ versucht es erneut mit der Schere. Die Faust von „Matt Eagle“ bleibt geballt. Stein. Ende.

„Das war eine Riesenbelastung, ich wäre beinahe Vizeweltmeister geworden“, sagt „Super Fountain“, der im echten Leben Daniel heißt. „Aber ich darf nicht traurig sein, ich bin Dritter geworden“.

„Matt Eagle“, der auch Daniel heißt“, hat ebenfalls gemischte Gefühle. „Ich hab auf Super Fountain als Tagessieger gesetzt. Aber ich habe dann einfach gespielt, was mein Coach mir gesagt hat. Es hat auf jeden Fall Riesenspaß gemacht“, sagt der 34-Jährige.

Im Januar beginnt bereits der nächste Weltcup. Ein Ort steht noch nicht fest. „Super Fountain“, „Matt Eagle“, „Kölsche Klüngel“, „Der Itti“ und „El Diablo“ werden aber auf jeden Fall dabei sein.