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Sex-Dates im Internet angebotenRäuber suchte sich Schwule als Opfer

Lesezeit 2 Minuten

Jean D. am Dienstag mit seiner Anwältin im Gerichtssaal

Köln – „Wie ist Ihre Einstellung zu Homosexuellen?“ Auf die Frage des Vorsitzenden Richters antwortete Jean D., dem seit Dienstag vor der 22. Großen Strafkammer des Landgerichts der Prozess wegen schwerer räuberischer Erpressung gemacht wird, er habe nichts gegen Schwule. Als Opfer habe er sie sich deshalb ausgesucht, weil sie aus Scham „eher Furcht haben, zur Polizei zu gehen“. Vorher hatte der 22-Jährige, der in Bayern geboren ist, aber die kongolesische Staatsbürgerschaft hat, ein Geständnis abgelegt. „Ich schäme mich für die Taten und bereue sie sehr“, sagte er. „Wenn die Geschädigten es zulassen, möchte ich mich bei ihnen entschuldigen.“

Im Internet Escort-Dienste angeboten

Angeklagt sind sechs Fälle zwischen Oktober 2018 und März 2019. Nach Darstellung von Jean D. (Name geändert) kam er durch eine Freundin, die in einem Internetportal Escort-Dienste anbot, auf die Idee, unter einem Pseudonym selber Inserate zu schalten. Zuerst habe er sich Frauen angeboten, zu Treffen sei es aber nie gekommen. Dann sei er auf Männer umgeschwenkt. Die Taten spielten sich nach dem gleichem Muster ab. Unter dem Vorwand, er sei zum Sex gegen Geld bereit, machte er mit den Männern im Chat Treffen in Neubrück aus, wo er wohnt, lockte sie in unbeobachtete Ecken, bedrohte sie mit einem 20 Zentimeter langen Küchenmesser und verlangte Geld, manchmal auch das Handy, in einem Fall Schmuck. Die Opfer zahlten, insgesamt 505 Euro; Schmuck erbeutete Jean D. nicht, aber gelegentlich Smartphones. Das Einzige, was er bestritt, war der Vorwurf, er habe einen der Männer gewürgt.

Angeklagter beschreibt schwierigen Lebensweg

Mit der Beute habe er seine Drogensucht finanziert. Zu seinem Werdegang sagte Jean D., er habe eine „normale Kindheit“ erlebt. Im Alter von vier Jahren kam er mit seinen Eltern und seiner Schwester nach Köln. Etwa zwei Jahre verbrachte er in Frankreich, und es sah gut für ihn aus: Er spielte Fußball, und der Trainer prophezeite ihm, er könne es zu etwas Großem bringen. Dann starb die Schwester. Das habe ihn aus der Bahn geworfen, sagte Jean D. Zurückgekehrt nach Köln, habe er nicht Fuß fassen können. Alles sei ihm über den Kopf gewachsen, auch deshalb, weil er ständig mit Abschiebung habe rechnen müssen. Der Versuch, den Hauptschulabschluss nachzuholen, sei gescheitert.

Wahrscheinlich – das legen die Akten nahe – hat er mehr Taten der beschriebenen Art begangen. Die Polizei geht von einer „Dunkelziffer“ aus, hieß es. Der Prozess wird am Donnerstag fortgesetzt.