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„Sie kommen in Scharen“

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Humboldt-Gremberg – Mit den sonnigen Tagen der vergangenen Wochen kam auch die Fliegenplage ins Veedel zurück. Betroffen sind vor allem die Wohnhäuser rund um die Odenwaldstraße und die Lohmarstraße, die Lüderichstraße und die Gottfried-Hagen-Straße. Als Verursacher vermuten Anwohner, die sich zum wiederholten Male an die Stadtverwaltung gewandt haben, die Müllverwertungsbetriebe entlang der benachbarten Eisenbahntrasse. „Es handelt sich bei dem hohen Fliegenaufkommen ja nicht nur um eine lästige, sondern möglicherweise gesundheitsgefährdende Belastung“, sagt Joanna Tomlein, die seit einem Jahr mit ihrer Freundin Maren Friedrich an der Gottfried-Hagen-Straße wohnt. „Von der sich alljährlich wiederholenden Plage hatte uns zuvor keiner erzählt.“ Inzwischen weiß Tomlein von Nachbarn, die in jedem Zimmer eine Fliegenklatsche hängen haben und an montierten Insektenklebestreifen bis zu 120 Exemplare täglich zählen. „Alle Leute, die hier wohnen, sind bemüht, sich durch Gitter und Mittel zu schützen, dies zeigt jedoch leider nur sehr bedingt Erfolg.“

Schließlich muss man die Wohnungen ja nach dem Kochen oder Duschen auch mal lüften. Dann wären die Plagegeister schon da. Tomlein: „Man kann tagsüber keine frisch zubereitete Mahlzeit aus den Augen lassen, ohne dass sich unzählige Fliegen darauf niederlassen. Das ist richtig ekelhaft.“

Das wissen auch Peter Peterlini, der Vorsitzende des Bürgervereins IG Humboldt-Gremberg und Rudi Tillmann, die in den Hochhäusern an der Odenwaldstraße wohnen und vor allem in den wärmeren Monaten mit dem Problem zu kämpfen haben. „Ohne Netze an den Fenstern und Fliegengitter an der Eingangs- und Balkontür, könnten wir hier nicht wohnen“, sagt Peterlini. Das sieht Nachbar Tillmann ähnlich. „Es ist oftmals nicht mehr zu ertragen. Auf dem Balkon grillen oder einfach nur morgens frühstücken geht kaum, denn in dem Moment, wo etwas Essbares auf dem Tisch steht, kommen sie in Scharen.“

Brutstätten der Schädlinge sind nach Beobachtungen der Anwohner der verunreinigte Müll auf dem Areal der Schrottplätze und Recyclinghöfe neben dem Bahngelände. So verarbeitet die auf der anderen Seite der Odenwaldstraße gelegene Firma MK Metallverwertung unter anderem Weißbleche aus gelben Säcken und Papier aus blauen Tonnen. Das wird teilweise von Müllwagen der städtischen Abfallwirtschafts-Betriebe (AWB) angefahren, dann gelagert und später zumeist, so hat Peterlini beobachtet, von holländischen Lastwagen abgeholt. Vom Balkon aus betrachtet er dort „jeden Tag ein Bagger-Ballett“.

Vom Umweltamt werden die Fliegen als „lästig, aber gesundheitlich nach unserem aktuellen Kenntnisstand nicht gefährlich“ eingeschätzt. Von den Anwohnern werden die ortsansässigen Recyclingbetriebe auch für andere Umweltbelastungen wie Staub, Dreck, und Lärm verantwortlich gemacht. „Es wird Verbesserungen im Sinne der Nachbarn geben“, hatte Kalks Bezirksbürgermeister Marco Pagano genau wie dessen Vorgänger Markus Thiele schon vor Jahren angekündigt. Passiert ist seitdem nicht viel. Die von der Politik gewollte Verlagerung der Schrottbetriebe ist bislang gescheitert. Nun glaubt Peterlini, dass zumindest einer wohl in den nächsten Jahren für den Ausbau der ICE-Strecke weichen muss.

Zudem hofft er, dass die Firmen, die mittlerweile die geltenden Arbeitszeiten einhalten würden, wieder Pestizide auf die Müllberge versprühen. „Die chemische Keule hat im Vorjahr einigermaßen geholfen.“ Joanna Tomlein hofft auf ein Eingreifen der Verwaltung und kündigt an: „Wir werden jetzt im Veedel Unterschriften sammeln.“

Umweltamt zur Plage

Joanna Tomlein, Anwohnerin