Siedlung im Dornröschenschlaf

Die Siedlung auf dem Ginsterberg ist in die Jahre gekommen.
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Longerich – Die kleine Siedlung ist gerade einmal 40 Jahre alt, doch sie wirkt erheblich betagter. Wind und Wetter haben ihr enorm zugesetzt. Mitten im Grünen, an der Straße Auf dem Ginsterberg wurde ab 1977 das Ensemble aus 15 um einen kleinen Hof herum gruppierte Einfamilienhäuschen und einem Mehrfamilienhaus von der Stadt errichtet; 1978 wurde die Anlage direkt neben dem Gelände des heutigen Kölner Pferdeschutzhof eröffnet. Doch in den Folgejahren zogen die Bewohner nach und nach in andere Wohnungen aus; heute sind nur noch drei der 15 Häuser bewohnt.
Die leerstehenden Gebäude bieten ein desolates Bild: Als Folge der fehlenden Lüftung, Kälte und Feuchtigkeit sind die Wände mit Schimmel bedeckt, das Innere ist vermüllt – auch durch dort zeitweilig illegal wohnende Menschen. Wie bereits Ende 2018 die Runde von Politikern, Verwaltungs- und Pressevertretern inklusive dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ auf ihrem gemeinsamen Ortstermin in der Siedlung entdeckten, sieht jedoch das Bild in den drei noch bewohnten Häusern ganz anders aus: Eine Familie öffnete damals den Besuchern die Tür; das Innere wirkte herausgeputzt und gemütlich eingerichtet. Und der, wie in jedem der 15 Häuser, in die Wand eingelassene Kachelofen verbreitete mollig-gemütliche Wärme auf beiden Etagen.
Aus der Bezirksvertretung Nippes, die sich seit Jahren immer wieder mit dem Ensemble Auf dem Ginsterberg 2-34 beschäftigt, kommt nun nochmals eine Initiative, um den Dornröschenschlaf des kleinen Ensembles endlich zu beenden. Das Gremium beschloss einstimmig einen Antrag von CDU-, SPD- und Bündnis 90/Die Grünen. Demnach soll die Verwaltung, „die Planungen zur Sanierung der städtischen Wohnhäuser Auf dem Ginsterberg 2-34 mit dem Ziel aufnehmen, die dort befindlichen 15 Einfamilienhäuser und die dreigeschossige Riegelbebauung mit Satteldach instand zu setzen sowie die notwendigen Erschließungsmaßnahmen durchzuführen“. Die Häuser seien „einfach zu schade, um sie verkommen zu lassen“, sagte Bezirksbürgermeister Bernd Schößler (SPD) stellvertretend für alle Antragsteller. „Es gibt jedoch einen Lichtstrahl am Horizont: Die zuständige Verwaltung will sich doch nochmal um die Liegenschaften kümmern. Denn in Zeiten der Wohnungsnot passt ein Häuser-Abriss einfach nicht.“
Die Siedlung, mitten im Grünen gelegen, dürfte zwar wohl nichts für Stadtmenschen sein, die die Infrastruktur eines städtischen Quartiers schätzen. Aber sie könnte ein attraktiver Ort etwa für Familien sein, denen ein dörfliches Flair in ruhiger Umgebung in gleichzeitig relativ zentraler Lage gefällt. Longerich liegt direkt nebenan und ist über die Fußgänger- und Radfahrerbrücke hinter der neuen Gesamtschule mit dem Rad in kürzester Zeit erreichbar; auch bis nach Weidenpesch, Nippes und Mauenheim ist es nicht weit. Doch um die Siedlung wieder zum Leben zu erwecken, sind zwei große Hindernisse zu überwinden. Das erste ist das Geld. „2012 veranschlagte die Stadt die Sanierung auf 161 000 Euro, 2014 waren es bereits 2,5 Millionen“, erläutert SPD-Fraktionschef Horst Baumann, der sich seit Jahren mit der Siedlung beschäftigt und den Antrag maßgeblich mitinitiiert hatte.
Wegen des hohen Sanierungsaufwands – laut Stadt rund 200 000 Euro pro leerstehendem Haus – war vor einigen Jahren auch der Umbau der Siedlung in eine Flüchtlingsunterkunft gescheitert. Zweitens gibt es planungsrechtliche Probleme – denn die Siedlung ist überraschenderweise nirgendwo planerisch erfasst. Gerade so, als wäre sie ein Schwarzbau. Auf dem Flächennutzungsplan liegt an der Stelle, an der sich die Siedlung befindet, eine Grünfläche, die ein Teil eines Landschaftsschutzgebietes ist. Einen Bebauungsplan gibt es ebenfalls nicht – jener existiert nur für den benachbarten Pferdeschutzhof.
„Also stellte ich einen Antrag an den Regionalrat, das Gebiet aus dem Naturschutz herauszunehmen, damit eine Wohnungsbaugesellschaft oder ein anderer Investor die Häuser sanieren oder abreißen und neu bauen könnte“, erläuterte Baumann. „Da ich bis zum Sommer 2018 nichts hörte, stellte ich eine Anfrage, die bis heute nicht beantwortet wurde.“ Mit dem neuen Antrag hofft er nun, den Prozess noch mal neu anzuschieben.
Bernd Schößler, Bezirksbürgermeister Nippes