„So gesehen“

Ulla Mende mag Treppen, Helmut Mayr sah Menschenpyramiden in Katalonien und Ursula Persing Halsbandsittiche in Köln (v.l.).
Copyright: Jürgen Kisters
Innenstadt – „So gesehen“ ist das Leben ganz schön vielschichtig, tückisch, bezaubernd und geheimnisvoll. Wenn die Fotografien der Gruppe „FF Blende auf“ diesen Ausspruch zum Titel ihrer diesjährigen Übersichtsschau im Bürgerhaus Stollwerck machen, so sind alle diese Kriterien bereits in der Fotosequenz enthalten, die Erika von Ameln zum Beginn der über vier Etagen reichenden Ausstellung präsentiert. Eine Frau steht auf einem hohen Sockel und gerät in Schieflage, so dass sie das Gleichgewicht nur mühsam halten kann.
Die Fotografin hat im richtigen Moment den Auslöser ihrer Kamera gedrückt, um diese gleichermaßen erschreckende wie faszinierende Situation „festzuhalten“. Und genau das verbindet alle 14 Fotofreunde der Gruppe in ihrer Lust, der unaufhörlich bewegten, flüchtigen Wirklichkeit besondere Augenblicke zu „stehlen“. Für Christa Lummert ist das die Stimmung der beiden Spaziergänger, die mit ihrem Hund im Abendlicht an einem See entlang gehen. Von der Naturschönheit fasziniert ist auch Ernst-Günter Kiwnik, der die „Wetteränderungen beim Atlantiksegeln in Portugal“ ins Bild gebracht hat. Ursula Persing wiederum zeigt die grüne Gefiederpoesie von „Halsband-Sittichen“ in Köln.
Doris Grafflage führt ebenfalls das Mysterium Tier vor Augen, indem sie Alpakas auf einem Hof in Nümbrecht und das Produkt Wolle fotografiert hat. Der Blick auf die Naturschönheit in der Landschaft und der Blick auf Kulturperspektiven im Umgang mit der Landschaft wechseln ab in der Ausstellung. So beschäftigte Lothar Wicke sich fotografisch mit verschiedenen Kirchen des Architekten Gottfried Böhm. Gleichfalls an Architektur interessiert ist Ulla Mende , wenn sie die Strukturen von Treppenhäusern in den Blick bringt. Ihre Fotos führen vor Augen, woran wir in der bewegten Betriebsamkeit des Alltags gewöhnlich achtlos vorüber laufen. Jutta Dröge hat „ihren Lieblingsbaum“ im städtischen Blücherpark aus unterschiedlichen Blickwinkeln fotografiert, um zum Ausdruck zu bringen, was dieser Baum für sie so besonders macht. Gisela du Mont war mit ihrer Kamera zur Stelle, als wegen des Tagebaus Garzweiler im Jahr 1018 der “Dom von Immerath“ abgerissen wurde. Die Schönheit von Fotografie und traurige Wirklichkeit fallen in ihren Bildern auf seltsame Weise zusammen. Einen weiteren Wechsel bieten in der Ausstellung Blicke auf die Welt der Dinge und auf Menschen in verschiedenen Situationen. Rita Grünewald lenkte ihre motivisches Interesse auf „unterschiedliche Fortbewegungsmöglichkeiten“ wie Boote, Fahrräder und Rollatoren. Reinhard Paul widmet sich mit „Mike“ einem bestimmten Menschen mit Hund, den er an wechselnden Orten in der Stadt antraf. Unweigerlich taucht die Frage auf: Was können wir über einen Menschen durch Fotos erfahren? Ist der „Mike“ auf diesem Fotos tatsächlich nur der eine, unverwechselbare Mensch, oder steht er fotografisch für viele andere seiner Art? Klaus Kröner will sich zum Beispiel nicht auf die dokumentarische Kraft der Fotografie verlassen. Um den „objektiven Blick der Kamera“ zu überwinden und das Foto um eine subjektive Dimension zu erweitern, sorgt er für allerhand Verwischungseffekte in der fotografischen Darstellung von Menschen.

Ulla Mende mag Treppen, Helmut Mayr sah Menschenpyramiden in Katalonien und Ursula Persing Halsbandsittiche in Köln (v.l.).
Copyright: Jürgen Kisters
Helmut Mayr dagegen vertraut der naturgetreuen Abbildungsfunktion der Kameratechnik, legt allerdings Wert darauf, sein Motiv in ganz unterschiedlichen Einstellungen zu erfassen. Er hat die „Menschenpyramiden in Katalonien“ aufgenommen, die seit dem Jahr 2010 zum UNESCO-Weltkulturerbe gehören. Nicht nur Motive überhaupt zu sehen ist bei der Fotografie entscheidend. Sondern vor allem der Blickwinkel, der aus einem Menschen, einem Geschehen, einem Ort überhaupt ein Motiv macht. Die vierzehn Amateurfotografen im Alter von 71 bis 82 Jahren, die sich in der Gruppe „FF Blende“ locker zusammengeschlossen haben, diskutieren gerne über solche Themen. Seit inzwischen elf Jahren treffen sich die Fotofreunde regelmäßig zweimal im Monat im Bürgerhaus Stollwerck, um sich über ihr Hobby auszutauschen, das sie mit Ernsthaftigkeit und größter Leidenschaft betreiben.
Bürgerhaus Stollwerck, Dreikönigenstraße 23, 50678 Köln, Öffnungszeiten Di - So, 11-21 Uhr, bis 31. Oktober

Ulla Mende mag Treppen, Helmut Mayr sah Menschenpyramiden in Katalonien und Ursula Persing Halsbandsittiche in Köln (v.l.).
Copyright: Jürgen Kisters

Verwischt zeigt Klaus Kröner Menschen. Ernst-Günter Kiwnik fängt die Dynamik des Atlantiksegelns ein.
Copyright: Jürgen Kisters

Verwischt zeigt Klaus Kröner Menschen. Ernst-Günter Kiwnik fängt die Dynamik des Atlantiksegelns ein.
Copyright: Jürgen Kisters

Gisela du Mont hat die Sprengung des Immerather Doms festgehalten.
Copyright: Jürgen Kisters