Prozess in KölnAbschlepp-Praxis der Stadt vor Gericht bestätigt

Marion Paffenholz vor Beginn der Gerichtsverhandlung gegen die Stadt Köln
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Köln – Enttäuscht sei sie, sagt Marion Paffenholz, sehr enttäuscht. „Da hat man es sich wirklich sehr einfach gemacht.“ Paffenholz sitzt in ihrem Rollstuhl im Foyer des Verwaltungsgerichts und wirkt ein wenig verloren in der lichtdurchfluteten Halle. Mit großen Hoffnungen waren sie und ihr Mann am Vormittag in den Prozess gegen die Stadt Köln gezogen. Jetzt, eine Stunde später, müssen sie erst einmal ihre Niederlage verdauen.
Das Gericht hat ihre Klage verworfen und in seinem Urteil stattdessen die gängige Abschlepp-Praxis der Stadt bestätigt: Politessen müssen auch weiterhin schauen, ob ein legaler Parkplatz in der Nähe frei ist, auf den ein Abschleppwagen ein falsch geparktes Auto umsetzen kann. Erst dann darf er es zum Hof der Abschleppfirma mitnehmen. Schließlich würde einfaches Umsetzen dem Falschparker Kosten und Aufwand ersparen. Aber: Die Politessen müssen lediglich „in ihrem Sichtbereich“ prüfen, ob etwas frei sei, stellte das Gericht klar. Salopp formuliert: Einmal die Straße rauf und runter gucken genügt. „Eine erhöhte Pflicht zur Erforschung anderer Parkplätze im Nahbereich besteht nicht“, urteilte das Gericht. Auch dann nicht, wenn der Falschparker – wie im vorliegenden Fall – schwer gehbehindert sei und seine besondere Parkberechtigung sichtbar im Auto liege.
Sechs Kilometer den Rollstuhl geschoben
Marion Paffenholz ist von der Hüfte abwärts einseitig amputiert. Vor einem Jahr hatte sie ihr Auto auf der Gereonstraße geparkt und übersehen, dass an jenem Abend dort wegen der Aufbauarbeiten für den Köln-Marathon ein Halteverbot eingerichtet war. Der „Kölner Stadt-Anzeiger“ hatte über den Fall berichtet. Als sie nach einem Opernbesuch gegen Mitternacht mit ihrem Mann zum Wagen zurückkehrte, war ihr Auto weg – sichergestellt auf dem Betriebshof eines Abschleppunternehmens in Ossendorf. Weil in jener Nacht kein Großraumtaxi aufzutreiben gewesen sei, das den Rollstuhl hätte transportieren können, so Rolf Paffenholz, habe er seine Frau fast sechs Kilometer bis nach Ossendorf geschoben, um den Wagen gegen Zahlung von 192 Euro bei der Abschleppfirma auszulösen.
Die Politesse, hieß es jetzt im Prozess, habe zwar in der Gereonstraße geprüft, ob im Sichtbereich ein legaler Parkplatz frei gewesen sei. Sie habe aber keinen gefunden. „Zynisch“ findet Rolf Paffenholz das. „Kein Wunder, der gesamte Sichtbereich war ja eine einzige Halteverbots-Zone“, sagt er. Aber in den Seitenstraßen seien mehrere Behindertenparkplätze frei gewesen. „Dorthin hätte man den Wagen problemlos umsetzen können“, sagt Paffenholz.
Öffentlicher Großparkplatz in der Nähe
Der Rechtsvertreter der Stadt hielt dagegen, die betreffende Mitarbeiterin sei ortsunkundig gewesen. „Alle Behindertenparkplätze stehen im Internet“, kontert Paffenholz trocken. Sein Anwalt, Patrick Fock, ergänzt: „150 Meter weiter ist ein öffentlicher Großparkplatz. Auch dahin hätte der Abschlepper das Auto bringen können.“
Der Vorsitzende Richter sah das anders. Politessen hätten schließlich den Auftrag, die Straßen frei zu machen. Auch ein Behindertenparkausweis gebe da keinen Anlass, einen hohen Aufwand zu betreiben für die Suche nach einem freien Parkplatz.
Obwohl die Mitarbeiter der Verkehrsüberwachung laut Heribert Büth, Sprecher des Ordnungsamtes, jedes Mal prüfen, ob ein falsch geparktes Auto im Sichtbereich versetzt werden kann, geschah das im Vorjahr nur 74 Mal – bei insgesamt 12911 Abschleppvorgängen. Vor allem in der Innenstadt sei das wegen des hohen Parkdrucks auch kaum möglich, sagt Büth.
Das Ehepaar Paffenholz dagegen ist überzeugt, dass die Stadt Köln das Umsetzen generell scheut, um ein finanzielles Risiko zu vermeiden. Denn wird ein Auto nur auf einen freien Parkplatz umgesetzt, muss die Stadt beim Abschleppunternehmen für die Kosten in Vorleistung treten und sich das Geld später vom Parksünder zurückholen. Beim Abschleppen dagegen bekommt der Falschparker seinen Wagen grundsätzlich nur gegen Bargeld zurück. Büth bestreitet das: „Es geht uns nicht darum, Geld einzunehmen, sondern darum, die Gefährdung durch falsch geparkte Fahrzeuge zu vermeiden.“