Amtsgericht KölnProzess um Erpressung von 15.000 Euro Ablöse für Prostituierte

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Köln – „Poussieren“ ist ein veraltetes Wort, wenn es in der Bedeutung gebraucht wird, dass man mit jemandem flirtet, ihn „anmacht“. Doch es ist ein heute übliches Wort in der Sprache der Prostitution. Hier besagt es, dass ein Zuhälter einer Frau Zuneigung oder Verliebtheit vorspielt, um sie gefügig zu machen.
Das Wort tauchte immer wieder auf in dem Prozess, der am Montag vor dem Amtsgericht stattfand. Zwei arbeitslose Männer, 36 und 44 Jahre alt, waren der versuchten räuberischen Erpressung, Nötigung und gefährlichen Körperverletzung angeklagt. So schwer die Vorwürfe, so unübersichtlich die Lage nach der Beweisaufnahme mit sechs Zeugen. Auch wenn unstrittig blieb, dass das Opfer, der 25-jährige Mesut K. (Name geändert), verletzt worden war, konnte den Beschuldigten eine Täterschaft nicht nachgewiesen werden. Zwar beharrte die Staatsanwältin auf den Vorwürfen und forderte Haftstrafen von zwölf und 18 Monaten. Doch das Schöffengericht erkannte auf Freispruch für die beiden Männer.
Auf einen Parkplatz gelockt
Stimmt die Anklage, dann haben sie und zwei andere Täter Mesut K. am Abend des 18. November 2013 auf einen Parkplatz an einem Supermarkt in Stammheim gelockt, um von ihm mit Gewalt bis zu 15.000 Euro zu erpressen.
In wechselnder Tatbeteiligung hätten sie ihn an die Wand gedrückt, ihn geschlagen und ihm gedroht, ihn umzubringen, wenn er nicht zahle oder zur Polizei gehe. Drei weitere Täter seien dazugekommen, einer habe ihn mit Pfefferspray angegriffen. Darauf habe sich Mesut K. in den Supermarkt geflüchtet und auf der Toilette eingeschlossen; Mitarbeiterinnen hätten die Polizei alarmiert.
Mitglieder der Red Army Cologne
Was aber war der Grund für das gewalttätige Stelldichein? Die beiden Männer, die im Prozess zu den Anschuldigungen schwiegen, und ihr mutmaßliches Opfer kennen sich aus der Zeit, als sie Mitglieder der Red Army Cologne waren, einer Unterstützergruppe der Hells Angels.
Nach den Angaben von Mesut K. nahm er im Internet Kontakt mit einer Frau auf, die als Prostituierte gearbeitet hatte und mit einem der Angeklagten liiert gewesen war, und hatte dann Sex mit ihr. Als das bekannt wurde, hätten seine früheren Kumpane allein zu dem Zeck, ihn um Tausende Euro „Abstandszahlung“ zu erleichtern, daraus einen Verstoß gegen den „Kodex“ konstruiert, nach dem bestimmte Frauen im Milieu tabu sind. Dabei habe er nie vorgehabt, die Frau auf den Strich zu schicken. Ahnungslos sei er zu der vermeintlichen „Aussprache“ gefahren und so in die Falle geraten.
Vieles, was Mesut K. sagte, widersprach seinen Angaben bei der Polizei oder ergänzte sie um zuvor verschwiegene Details. Zeugen versicherten allerdings, er sei tatsächlich attackiert worden. Der Polizist, der ihn vernommen hatte, sprach von seiner Glaubwürdigkeit und davon, im Milieu komme es oft vor, dass zur Erpressung Beschuldigungen fingiert würden. Es reichte nicht für eine Verurteilung.