Tipps für AusländerFlüchtlingen den Kölner Karneval erklären

Warum verkleiden sich plötzlich alle? Für Flüchtlinge kann Karneval sehr verwirrend sein. Ein Flyer soll Abhilfe schaffen.
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Köln – Karneval ist laut, exzessiv und von außen betrachtet eine völlig verrückte Angelegenheit. Um die knapp 11.000 Flüchtlinge, die derzeit in Köln untergebracht sind, auf das jecke Treiben vorzubereiten, haben jetzt mehrere Seiten Initiative ergriffen. Das Festkomitee Kölner Karneval hat eine Broschüre erstellt, die in 11 Punkten den Karneval sowohl auf Deutsch als auch auf Englisch oder Arabisch erläutert.
Der Flyer soll in allen Ämtern und Bezirksverwaltungsstellen ausgelegt und auch von den Hilfsorganisationen unter den Flüchtlingen verteilt werden. In der Broschüre werden die Ursprünge des Rheinischen Karnevals erläutert, bunte Bilder geben einen Eindruck vom Straßenkarneval und laden Ausländer ausdrücklich zum Mitfeiern ein.
Tipps aus der Praxis
Über die Frage, wie der Karneval auf Flüchtlinge wohl wirken mag, hat sich auch Sigi Lieb Gedanken gemacht. Sie lebt seit 18 Jahren in Köln und engagiert sich seit letztem Jahr ehrenamtlich in der Flüchtlingshilfe. Zweimal die Woche gibt sie Deutschunterricht, einmal in der Sprachkoordination Riehl, einmal im Rahmen der Willkommensinitiative der Thomaskirche im Agnes-Viertel. Aus der Erinnerung an ihre erste Session in Köln, weiß sie, wie verwirrend Karneval sein kann: „Viele verkleidete Menschen, überfüllte U-Bahnen, betrunkene Leute auf der Straße: Das alles kann sehr angsteinflößend wirken, wenn man es aus seiner eigenen Kultur nicht kennt.“
Um die Schüler in ihrem Unterricht darauf vorzubereiten, hat auch sie einen Text mit praxisnahen Erklärungen und Tipps zum Karneval geschrieben und im Netz zur Verfügung gestellt. Darin heißt es zum Beispiel: „In vielen Kneipen gibt es an diesen Tagen keine Tische und Stühle. Es ist oft eng und stickig. Es wird viel Bier getrunken. Wenn man sich darauf einlassen kann, macht es Spaß und ist lustig. Wenn nicht, bleibt man besser zuhause. Die Stadt ist in diesen Tagen ziemlich verrückt.“
Sigi Lieb sieht ihre Tipps weniger als Anleitung zum Feiern, sondern eher als Entscheidungshilfe: „Ich möchte die Flüchtlinge einladen, selbst zu entscheiden, ob sie bei diesem Fest mitmachen wollen oder nicht.“
„Küsschen sind völlig normal“
Um Missverständnissen vorzubeugen, geht sie außerdem auf karnevalsspezifische Verhaltensweisen ein: „Fühlen Sie sich nicht verletzt, wenn jemand mit Ihnen tanzt, flirtet oder Küsschen verteilt und dann zum nächsten weiterzieht. Das ist völlig normal und Teil der Karnevalstradition. Ebenso normal ist es, dass sich Frauen als Männer oder Männer als Frauen verkleiden und dass manche Leute leicht bekleidet sind. Jeder soll sich so verkleiden wie er oder sie mag.“
Bei der Organisation ist sie ganz praktisch veranlagt: Die Erklärungen sind ein simples Textdokument ohne Bilder und Grafiken, damit bei der Vervielfältigung möglichst wenig Druckkosten entstehen und Deutschlehrer, die das Material für Präsentationen nutzen wollen, bei der Verwendung keine Probleme wegen fehlender Bildrechte bekommen. Die Tipps wurden von Helfern bereits auf Arabisch, Englisch und Französisch übersetzt. Kurdisch und Dari sind gerade in Arbeit. Für diese Sprachen sowie für Farsi ist Sigi Lieb aber noch auf der Suche nach Zweit-Übersetzern beziehungsweise Korrekturlesern.
- Den Flyer des Festkomitees finden Sie unter www.koelnerkarneval.de
Den Text von Sigi Lieb mit Karnevals-Tipps für Flüchtlinge finden Sie unter www.gespraechswert.de