Anweisung des ArbeitsministeriumsKölner IHK spottet über Paternoster-Verbot

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Der Paternoster-Aufzug im Gebäude der IHK-Köln.

Der Paternoster-Aufzug im Gebäude der IHK-Köln.

Köln – Paternoster – nicht mehr jeder weiß, dass mit der lateinischen Übersetzung für das „Vater unser“ auch eine inzwischen fast ausgestorbene Art der Personenbeförderung benannt wird. Paternoster, das sind offene Kabinen, die in mehrstöckigen Häusern Non-Stopp von Etage zu Etage fahren – ähnlich wie Perlen des Rosenkranzes beim Beten, nur zumeist sehr rumpelig. In diese – technisch korrekt als Umlaufaufzug bezeichneten – Relikte älterer Zeiten kommt man nur mit beherztem Schritt.

Jetzt aber schränkt das Bundesministerium für Arbeit die Benutzung ein: Ab 1. Juni dürfen sie nur noch von geschultem Personal betreten werden, so die aktuelle Anweisung – wegen schwerer Unfälle und Todesfälle in der Vergangenheit. Schon 2004 sollte die Transportmöglichkeit still gelegt werden. Das löste Proteste aus, der Bundesrat beugte sich.

Paternoster-Aufzüge in Köln

Die jetzige Verordnung indes ruft erneut Widerstand hervor, auch in Köln. „Das ist völlig abwegig, das ist Bürokratismus pur“, ereifert sich Ulrich Soénius, Geschäftsführer der Industrie- und Handelskammer. Seit 1951 laufe der Paternoster im IHK-Gebäude für jeden Besucher – vollkommen unfallfrei und absolut sicher. Und zur Freude ausländischer Gäste, besonders chinesischer.

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„Das ist unser Markenzeichen.“ Er sei von der Verordnung überrascht und wolle jetzt erst einmal überlegen, was zu tun sei. Stilllegen für Besucher käme jedoch nicht in Frage. Er will sich zunächst mit anderen Paternoster-Betreibern in Köln beraten.

Bauverbot für Paternoster schon seit 1974

Einen Mitstreiter für den Erhalt der historischen Technik – neue Paternoster dürfen schon seit 1974 nicht mehr gebaut werden, findet er in Bernd Odenthal. Der Immobilienunternehmer wacht über ein altes Schätzchen in der ehemaligen Felten & Guilleaume-Verwaltung in Mülheim und nennt die Verordnung schlicht „blödsinnig“. Als Investor habe er inzwischen „die Nase voll“ von unsinnigen Entscheidungen im Baubereich: „Haben die eigentlich im Arbeitsministerium nichts Besseres zu tun?“ Im gleichen Haus sitzt auch Radio Köln. Ein Mitarbeiter des Senders klagt: „Mit dem Paternoster fahren ständig viele Leute. Wenn wir jetzt nur noch den einzigen Aufzug benutzen dürfen, würden wir elend lange warten müssen.“ Unermüdliche Dienstrunden für jeden Besucher schiebt auch ein Paternoster im Hochhaus Hansaring 97. Wie sich dort der Betrieb ändern wird, konnte die Betriebsgesellschaft am Donnerstag noch nicht sagen.

Die Bezirksregierung Köln kann sich mit ihren Überlegungen Zeit lassen – ihr Paternoster ist zur Zeit defekt. „Das ist ein altes Möhrchen aus den 50er Jahren“, sagt Pressesprecher Dirk Schneemann. Ob die Technik wieder repariert werden könne, sei noch offen. Schon vor dem aktuellen Defekt habe ein Schild darauf hingewiesen, dass nur noch Mitarbeitern die Nutzung gestattet sei.

Ähnliche Einschränkungen gelten inzwischen auch für andere Paternoster in der Stadt – etwa im WDR-Funkhaus am Wallrafplatz, im Disch-Haus, in der Allianz-Hauptverwaltung und in zwei Gebäuden des Warenhauses Galeria Kaufhof.

Das Bundesministerium für Arbeit versucht inzwischen, die Wogen zu glätten. Die Nutzungsbeschränkungen seien im Vorfeld von allen Ländern akzeptiert worden, heißt es. Von einem Betriebsverbot könne auch gar keine Rede sein. Das Ministerium plane zudem, den Arbeitsschutzbehörden der Länder künftig zu gestatten, Ausnahmen für die öffentliche Nutzung zuzulassen: Etwa dann, wenn die Betreiber durch eine Überprüfung nachweisen können, dass die Transporte sicher sind.

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