Steffi Graf im Interview„Ich möchte nichts ändern“

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Steffi Graf in der Tealounge, die sie eröffnet hat.

Köln – Frau Graf, Umfragen zufolge sind Sie eine der beliebtesten Deutschen. Wie erklären Sie sich das?

Steffi Graf: Ich bin relativ häufig und wahnsinnig gern in Deutschland. Vielleicht kommt das auch ein bisschen mit zur Geltung.

Vielleicht auch, weil viele bei Ihren Spielen früher am Fernseher mitgefiebert haben?

Graf: Ja, aber diese emotionale Bindung beruht auf Gegenseitigkeit.

In Köln haben Sie gerade die Teekanne-Tealounge im Museum für Angewandte Kunst eröffnet. Pflegen Sie ein Ritual beim Teetrinken?

Graf: Meine Kinder kennen mich nur als Teetrinkerin. Wir greifen häufig zur Minze, das erinnert mich an meine eigene Kindheit. Meine Tochter weiß schon, wie man ihn serviert.

Was vermissen Sie in den USA an Deutschland?

Graf: Die Vertrautheit und ein bestimmtes Heimatgefühl. Ich empfinde Ruhe und Freude, wenn ich beim Landeanflug aus dem Flugzeugfenster blicke.

Sprechen Sie mit Ihren Kindern deutsch?

Graf: Ja, wenn ich mit ihnen allein bin. Wenn ich aber will, dass sie etwas auf jeden Fall verstehen, spreche ich englisch mit ihnen. Außerdem unterhält sich auch meine Mutter mit ihnen auf Deutsch. Ich habe aber mittlerweile manchmal Schwierigkeiten, die richtigen Worte auf Deutsch zu finden. Mein Mann versteht mehr, als er zugeben möchte. Und wir hören viel Armenisch in seiner Familie, die wir fast jedes Wochenende besuchen. Ich kenne auch alle armenischen Nationalgerichte.

Stefanie Maria Graf, Jahrgang 1969, ist die erfolgreichste Tennisspielerin Deutschlands. 1988 siegte sie bei allen vier Grand-Slam-Turnieren sowie den Olympischen Spielen. Sie lebt in Las Vegas mit ihren Kindern und ihrem Mann, dem armenisch-stämmigen André Agassi, ehemalige Nummer eins der Tennis-Weltrangliste. (Nah)

Sind Ihre Kinder auch so sportlich?

Graf: Der Große hat ein verrücktes Tennistalent, die Kleine kann auch gut spielen. Aber beide haben mehr Spaß an anderen Sportarten. Jaden ist sehr gut im Baseball, während Jaz Hip-Hop tanzt. Anfang des Jahres ist sie vom Pferd gefallen. Aber das Reiten konnten wir ihnen mittlerweile ausreden.

Verstehen die Kinder, dass ihre Eltern Tennislegenden sind?

Graf: Naja , nicht wirklich. In den letzten Jahren haben sie zwar ein Bewusstsein für den Tennissport entwickelt. Aber unser Sohn war klein, als mein Mann aufgehört hat. Genaues über unsere Karrieren kennen sie nicht, denn wir sprechen selten darüber.

Gibt es etwas, das Ihnen wegen des Leistungssports gefehlt hat?

Graf: Nein, ich möchte nichts an meinem Leben ändern. Wenn man sich aber nur auf einen Sport konzentriert, wünscht man sich, in anderen Sachen besser zu sein. Mein Bruder konnte sehr gut windsurfen und snowboarden. Ich habe ihn um seine Möglichkeiten beneidet.

Mit André Agassi sind Sie seit zehn Jahren verheiratet. Was finden Sie an ihm immer noch toll?

Graf: Die Liebe und das Verständnis füreinander sind über die Jahre sogar gewachsen.

1992 entstand ein Bild von Ihnen beiden als Wimbledongewinner. Sie waren noch kein Paar, aber das Kleid sieht schon fast wie ein Hochzeitskleid aus ..

Graf: Ich möchte betonen, dass ich meine Abendkleider immer erst nach dem Sieg gekauft habe. Darum musste ich oft samstagabends oder sonntags einkaufen gehen. Versuchen Sie dann mal, ein schönes Kleid zu finden.

1999 sind Sie vom aktiven Sport zurückgetreten. Das schien Ihnen damals nicht schwerzufallen. Täuscht der Eindruck?

Graf: Nein! Ich habe mich 17 Jahre dem Sport gewidmet. Als ich aufgehört habe, hatte ich das Gefühl, alles gegeben zu haben. In den letzten Jahren meiner Laufbahn war ich auch häufig verletzt. Zudem hatte ich vieles, worauf ich mich freuen konnte. Und ich hatte das Glück, meinen Mann getroffen zu haben. Heute spiele ich nur noch für meine Stiftung Children for Tomorrow.

Unter den deutschen Tennisdamen gibt es wieder vielversprechende Talente.

Graf: Es freut mich sehr, was dort gerade passiert. Es gibt unheimlich talentierte Spielerinnen mit toller Ausstrahlung wie Sabine Lisicki, Julia Görges, Andrea Petkovic und Angelique Kerber. Wir können froh sein, so viele junge Talente zu haben.

Wann gibt es die nächste deutsche Grand-Slam-Gewinnerin?

Graf: Das Talent ist da. Was ebenfalls stimmen muss, sind die Auslosungen. Wenn die Spielerinnen dann noch richtig vorbereitet sind, könnte es klappen.

Das Gespräch führten Nadin Hüdaverdi und Christiane Mitatselis