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Kommentar

Stromanbieter finden
Warum mich das Monster Marktlokations-ID bis in meine Träume verfolgt

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4 min
ARCHIV - 14.01.2016, Brandenburg, Frankfurt (Oder): Illustration - Ein Stromzähler in einem privaten Haushalt. Die Haushalte in Deutschland haben im vergangenen Jahr so viel für ihren Strom bezahlt wie noch nie.(zu dpa ´Vergleichsportal: Stromkosten mit 37,8 Milliarden Euro auf Rekordhöhe») Foto: Patrick Pleul/dpa-Zentralbild/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Die Marktlokations-ID steht nicht auf dem Zählerkasten. Und die Zählernummer nicht zwingend da, wo Zählernummer davor steht.

Meine Tochter wollte lediglich einen Stromversorgungsvertrag mit einem Anbieter abschließen. Warum eine neue Regelung namens „Malo-ID“ das bislang verhinderte.

Heute Nacht habe ich von einer Marktlokations-ID geträumt. Sie verbarg sich in einem dunklen Hauseingang und verfolgte mich dann mit gefletschten Zähnen. Auch nach dem Aufwachen habe ich ihren heißen Atem noch im Nacken gespürt. Leider wohl deshalb, weil das Biest nicht nur als Wesen in meiner nächtlichen Fantasie existiert, sondern mich auch tagsüber ganz real und mit ernsten Konsequenzen verfolgt. Alles begann vermeintlich harmlos damit, dass meine Tochter von zu Hause auszog.

Schon bei der Wohnungsübergabe in Köln-Mülheim fotografierte sie vorbildlich den Stromzähler im Keller. Das Bild zeigt einen grauen Kasten, alles andere als spektakulär, dennoch ist es das Foto, das ich in den letzten Wochen so häufig angesehen und weiterverschickt habe wie sonst kein anderes jemals. Denn beim Versuch, mit Hilfe der auf dem Foto sichtbaren Zahlenkombinationen einen Stromanbieter zu finden und einen Vertrag abzuschließen, sind wir seither mehrfach gescheitert. Zunächst probierten wir es noch arglos bei Eon, weil die Essener laut Anbietervergleichsportal Verivox uns eines der günstigsten Angebote machten. Meine Tochter ist alleinerziehend und in Ausbildung, da guckt man auf jeden Euro.

Vertragsablehnung wegen fehlender Marktlokations-ID

Auf eine Geschäftsanbahnung inklusive Adresse, Zählernummer und Kontonummer zur monatlichen Abbuchung folgte ein nettes Telefonat. Alles schien im Lack. Aber plötzlich monierte man das Fehlen von Daten. Telefonisch konnte man nicht helfen, da es noch keine Kunden-ID gab, da wir strenggenommen ja noch keine Kunden waren. Wir versuchten digital nachzubessern, aber nicht zur Zufriedenheit des Anbieters, jedenfalls bekam meine Tochter ein Schreiben mit dem Titel „Vertragsablehnung zu Ihrem Auftrag“. Es sei nicht möglich gewesen, die – Achtung Trigger – „Marktlokations-ID (Malo-ID) zu ermitteln“. Um Kunden identifizieren zu können, benötige man „neben der Zählernummer auch die neue Marktlokations-ID“. Man finde diese auf der letzten Abrechnung.

Claudia Lehnen

Claudia Lehnen

Claudia Lehnen, geboren 1978, ist Chefreporterin Story/NRW. Nach der Geburt ihres ersten Kindes begann sie 2005 als Feste Freie beim Kölner Stadt-Anzeiger. Später war sie Online-Redakteurin und leitet...

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Wir haben ein bisschen gelacht, schließlich hat meine Tochter in ihrem gesamten Leben noch nie eine Stromrechnung bekommen. Aber allzu lustig war es am Ende dann doch nicht, schließlich waren mittlerweile Wochen ins Land gezogen und allmählich befürchtete man, der Strom könne demnächst abgestellt werden – schließlich ist meine Tochter zwar zahlungswillig, bezahlt realiter für ihr Licht aber bislang nichts. Wir starteten schon etwas nervös einen zweiten Versuch bei Eprimo. Dort meldete man zurück, es würden Daten fehlen. Auch hier sollte das Feld namens „Marktlokations-ID“ ausgefüllt werden.

Marktlokations-IDs sind streng geheim

Wir meldeten uns leicht verzweifelt auf gut Glück bei der Rheinenergie. Weil halt Strom. Dort war man sehr freundlich, verwies zur Ermittlung der Malo-ID aber an den Netzbetreiber RheinNetz. Dort erreichten wir nach längerer Warteschleife ebenfalls einen netten Mitarbeiter, der aber versicherte, es sei aus Datenschutzgründen nicht erlaubt, die Malo-ID an Kunden weiterzugeben. Rausfinden könnten diese lediglich die Stromanbieter, die bei einem Neukundenauftrag diese wiederum bei der RheinNetz anfragen könnten. Auf unsere Frage, warum sowohl Eon als auch Eprimo das dann nicht täten und auch die Rheinenergie von diesem Umstand noch nicht gehört habe, antwortet man, dass die Regel erst seit diesem Jahr gelte „und das viele nicht wüssten“. Die Malo-ID erlaube genauere Identifizierung und schütze die Kunden, weil nur derjenige, der sie habe, den Stromvertrag ändern könne. „Es kann also kein Nachbar, der Sie auf dem Kieker hat, aus Jux Ihren Stromvertrag kündigen.“ Meine Tochter erwiderte, dass ihre Freude über derlei Vorsichtsmaßnahmen nur verhalten sei, solange ohne ID ja gar kein Vertrag abgeschlossen werden kann, der hinterher möglicherweise mutwillig und in bösartiger Absicht von Nachbar X gekündigt werde.

Am Ende, das gebe ich gerne zu, liegt ein Teil des Fehlers auch bei uns. Auch wenn ich zu unserer Verteidigung sagen kann, dass alles sehr verwirrend war. Denn zusätzlich zur fehlenden Malo-ID, so offenbarte ein netter Eprimo-Mitarbeiter, zu dem wir uns unberechtigterweise durchmogelten, obwohl wir weder die Frage nach der Malo-ID noch nach der „persönlichen PIN-ID“ beantworten konnten, war auch noch die Zählernummer falsch. Denn merke: Dort, wo auf dem Zähler „Zähler Nr.“ steht, folgt nicht die Zählernummer, sondern lediglich die Zähler-Ausbau-, sowie Zähler-Einbaunummer. Die Zählernummer steht nicht ganz logisch an ganz anderer Stelle, jedenfalls an einer, an der nichts von Zählernummer steht. Wir verfügen nun immerhin über die korrekte Zählernummer. Und beten, dass wir so auch einem Vertrag einen Schritt näher gekommen sind. Und in der Zwischenzeit der jungen Mutter und dem Kleinkind niemand noch den Strom abdreht. Von der Malo träumen werde ich sicher also weiterhin.