Moulin Rouge in KölnSwings – Musical-Helden, die auch mitten in der Show einspringen

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Swing-Darsteller Gabrielle D‘Anthouard und Nathan Saxon im Porträt vor dem Moulin-Rouge-Logo

Gabrielle D'Anthouard und Nathan Saxon sind die oft Retter in der Not: Die zwei von den elf Swings von Moulin Rouge müssen sich stets bereithalten und bei Ausfällen in jede Ensemble-Position schlüpfen können. Der 17. Januar ist der diesjährige Swing-Day.

Sogenannte Swings können ad hoc alle Musical-Erstbesetzungen ersetzen. Zwei von ihnen erzählen, was sie an ihrem Job lieben, und woran sie sich gewöhnen mussten.

Zwischen Schein und Wirklichkeit können Welten klaffen. Das wissen die Swings, flexibel eingesetzte Musical-Darsteller, besonders gut. Da ihre Leistung häufig zugunsten der Erstbesetzungen in den Hintergrund rückt, hat die US-amerikanische Gewerkschaft für Schauspielerinnen und Bühnenmanager, die Actors‘ Equity Association, 2016 den Swing-Day erfunden. Jedes Jahr werden im Januar – dieses Jahr fällt er auf den heutigen Mittwoch (17. Januar) – die Helden aus der zweiten Reihe der Musical-Produktionen geehrt.

Ein Swing kann mehrere, oft auch alle Positionen des Ensembles spielen und ist in der Regel auf Standby im Theater, um im Falle von Krankheit oder Urlaub jederzeit einspringen zu können.

Moulin Rouge in Köln: Zwei von elf Swings im Musical

„Wenn man zum ersten Mal Swing ist, dann muss man sich an das Auf und Ab gewöhnen“, sagt Nathan Saxon, Swing-Darsteller von Moulin-Rouge im Musical Dome aus eigener Erfahrung. Wir treffen den 30-Jährigen zusammen mit seiner 26-Jährigen Kollegin Gabrielle D’Anthouard. Diese hatte nämlich zugegeben, dass sie vor über einem Jahr einen sehr stressigen Start gehabt habe.

Das Musical Moulin Rouge in Köln

Impressionen von der Show und vom Bühnenbild

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„Zunächst steht man im Schatten und muss etwas schlucken, da man bei der Premiere ja in der Regel nicht auf der Bühne steht. Wenn man dann aber unverhofft aus dem ,Hintergrund‘ in das Rampenlicht gedrückt wird, ist das sehr aufregend. Ich bin stolz darauf, ein Swing zu sein und alle weiblichen Ensembleparts spielen zu können“, erzählt D’Anthouard, die zum ersten Mal als Swing engagiert ist.

Swing im Musical Dome: Emotionale Achterbahnfahrt

Die emotionale Achterbahnfahrt zu Beginn habe sie als Menschen reifen lassen, sagt sie. D’Anthouard erinnert sich an eine Situation, in der sie mitten in der Show einspringen musste. Normalerweise erhalten die Swings einen Wochenplan, in denen ihre Einsätze verzeichnet sind. Pro Show gibt es zudem immer einen Swing auf Abruf. Potentielle Alleskönner und Retter in der Not, könnte man auch sagen.

Die Sinwg-Darsteller im Musical Dome

Wir haben zwei von elf Swings zum Interview im Musical Dome getroffen. Martina Goyert

D’Anthoaurd musste ohne die übliche Sicherheitseinweisung für die komplexe Bühnentechnik auflaufen. „Ich bin bei unserer ersten Preview vor Publikum mit nur wenigen Stunden Vorlaufzeit eingesprungen – ohne vorherige Probe auf der Bühne, geschweige denn im Kostüm oder mit dem Bühnenbild“, erzählt sie.

Und Saxon hat schonmal innerhalb einer Show zwei Personen ersetzt. Adrenalin pur. Aber er mag das. „Ich liebe die Vielfältigkeit, die Show aus allen Perspektiven zu sehen und je nach dem wo ich stehe, die unterschiedlichsten Gesichter zu sehen.“ Auch in Sachen Kostümen sind die Abläufe der Maschinerie hinter der Bühne komplex: Jede Ensemble-Position oder jede Rolle muss bei einem Kostümwechsel bestimmte Stellen anlaufen.

Wechselt man als Swing bei jedem Auftritt die Position, muss man auch alle Wege kennen, anders als die Erstbesetzungen. Auf der Bühne müssen die Swings zudem alle Songs beherrschen und alle Hebefiguren, die zum Repertoire des Ensemble gehören. Bei rund 75 Liedern nicht gerade wenig.

Köln: Saxon zieht weiter, D'Anthouard bleibt noch bis 2025

In Köln fühlen sie sich angekommen. „Es finden acht Shows pro Woche statt, da brauchte es etwas Zeit, um sich an die Intensität der Show zu gewöhnen. Meine ganze freie Zeit war anfangs der Erholung gewidmet. Aber nach und nach kamen am Nachmittag einige Aktivitäten hinzu, die mir halfen, die Stadt zu entdecken – und ich habe das Freibad diesen Sommer wirklich genossen“, so D’Anthouard, die ihre Ausbildung an der Ailey School in New York absolviert hat. Sie habe beschlossen, ihren Vertrag zu verlängern und bis Juni 2025 zu bleiben.

Saxon, der am Bird College in England in professionellem Tanz und Musical ausgebildet wurde, möchte hingegen demnächst weiterziehen und etwas Neues erleben. „Ich habe in vier oder fünf deutschen Städten gewohnt und Hamburg und Köln sind für mich gleich toll. Hamburg im Sommer wegen der Weite und des Wassers und Köln wegen seiner Offenheit. Und weil es viele gemütliche Cafés gibt und nicht so viele Ketten.“


Der Cast von Moulin Rouge besteht aus zwölf festen Ensemble-Darstellern und elf Swings. Dazu kommen zehn Hauptrollen und acht Cover/Zweitbesetzungen. Pro Show stehen in der Regel 25 Personen auf der Bühne (15 im Ensemble, zehn Hauptrollen).

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