Umweltaktivistin im GesprächKölner City ist „zu trubelig, zu hektisch, zu dreckig“

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Kaffee-Harth

Elke H. betreibt mit Freude Umweltschutz.

  • Wie reagieren Menschen, was erzählen sie, wenn man sie auf der Straße anspricht und zum Kaffee einlädt? Dieser Frage geht Susanne Hengesbach regelmäßig nach.
  • Diesmal spricht sie mit einer Frau, die Umweltschutz als Mitmach-Aktion für jedermann betrachtet.
  • Elke H. sammelt unter anderem in Kölner Grünanlagen Müll. Ihr ist es wichtig, bei ihrem ehrenamtlichen Engagement auch Spaß zu haben.

Köln – Wenn diese Frau im Sommer mit der Grillzange durch Kölner Grünanlagen oder am Rheinufer entlang spazierte, war sie nicht auf der Suche nach einem hübschen Plätzchen, um Würstchen oder Nackensteaks auf den Rost zu legen. „Fleisch esse ich schon seit 35 Jahren nicht mehr“, erklärt Elke H.

Seitdem sie erkannt habe, dass sich nicht nur Profigeräte, sondern auch handelsübliche Holzzangen wunderbar dafür eignen, Dinge vom Boden aufzuheben, die dort nicht hingehören, ist die 47-Jährige zur Müllsammlerin geworden. Über diese und ihre anderen ehrenamtlichen Aktivitäten erzählt sie mir bei einer Tasse Kaffee. Schwarz.

Zu viele „Kaugummis, Glasscherben und Zigarettenstummel“ in der Kölner City

Elke H., die aus Datenschutzgründen nur mit abgekürztem Namen genannt werden möchte, trägt nicht zufällig ein T-Shirt mit einer Gebirgssilhouette, sie ist erklärtermaßen ein „Bergmensch“. Im Zuge einer Radreise habe sie sich vor Jahren in die Landschaft Südtirols verliebt und müsse seitdem immer wieder dorthin, betont sie und berichtet schwärmerisch vom Meraner Höhenweg.

„Ist es für Sie danach schwer, wieder zurückzukommen?“, frage ich. „Nein, ich wohne gerne in Köln. Ich brauche Natur und Stadt, aber eben nicht die Innenstadt.“ Die sei ihr zu trubelig, zu hektisch und zu dreckig. Letzteres wird ja häufig beklagt, stelle ich fest. „Ja, aber in den letzten drei Jahren hat es stark angezogen“, betont H. und bezieht sich vor allem auf „Kaugummis, Glasscherben und Zigarettenstummel“.

Pro Tag eine Tonne Müll im Rhein

Insbesondere in Grünanlagen ärgert es sie, wenn um die Abfallbehältnisse herum lauter Kippen verteilt sind, denn jeder weggeworfene Filter enthalte eine Unmenge an Giftstoffen. Sie habe früher auch geraucht und achtlos Stummel weggeworfen, erklärt sie. Heute wisse sie, dass mit jeder weggeworfenen Kippe, auf die Regen fällt, rund 40 Liter Grundwasser verunreinigt würden. Weil vielen dieses Problem und dessen Ausmaß nicht bewusst sei, würde sie sich diesbezüglich mehr Aufklärung wünschen. Allerdings sei sie so gar nicht der Freund von Maßnahmen, die mit erhobenem Zeigefinger daherkämen.

Während die Diplom-Pädagogin spricht, fallen mir an ihrem Unterarm grünliche Farbreste auf. „Sie sind am Renovieren?“, mutmaße ich. „Nein“, entgegnet sie lachend. Sie habe sich spontan für eine Lackieraktion in einer Werft in Niederkassel zur Verfügung gestellt. Auf mein fragendes Gesicht hin erzählt sie von dem 13 Meter langen Müllfänger, der in den nächsten Tagen – an zwei Schwimmkörpern befestigt –  auf Höhe der Zoobrücke in den Rhein gelassen werden soll, ein Projekt des Umweltvereins „Krake“, dem Kölner Rheinaufräumkommando. Weil täglich etwa eine Tonne Unrat durch den Strom treibe, von kleinen Plastikteilen bis hin zu Fahrrädern und E-Scootern, habe ein Krake-Mitglied angeregt, solch einen Fangkorb nach Vorbild eines vergleichbaren Projekts auf der Londoner Themse für Köln zu konstruieren.

„Umweltaktivisten sind keine Spinner“

Sie sei eigentlich schon seit Tschernobyl auf dem Öko-Trip, erklärt die gebürtige Bonnerin, die beruflich als Software-Testerin im IT-Bereich tätig ist. „Ich möchte, dass sich ein Wertewandel vollzieht und mehr Leute erkennen, dass Umweltaktivisten keine Spinner sind.“ Dass sie nun ehrenamtlich bei der Krake mitarbeite, liege daran, „dass da alle mit einer so positiven Stimmung dabei“ seien. Da werde nicht die ganze Zeit rumgemeckert über gewisse Zustände oder Katastrophen-Szenarien heraufbeschworen.

„Die gehen pro-aktiv an die Dinge ran und ziehen durch positive Stimmung Leute an. Das gefällt mir.“ Sie habe „einen mega Respekt davor“, dass da Leute ehrenamtlich ein solches Projekt wie diesen Müllfänger stemmten. Abgesehen vom Nutzen für die Umwelt finde sie die Aktion auch deshalb super, „weil man selber aus dieser Ohnmacht rauskommt, anstatt immer nur darüber zu lesen, wie schlimm alles ist“.

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„Aber fühlt man sich nicht trotzdem ein bisschen wie auf einem ‚David-gegen-Goliath‘-Trip?“, frage ich. „Man muss für sich selber eine gute Balance finden und darf nicht den Anspruch haben, alles perfekt machen zu wollen“, sagt H., die regelmäßig an sogenannten Cleanup`s teilnimmt.

Es gehe darum, dass jeder ein bisschen was mache, ein bisschen reduziere. „Alles andere überfordert und macht keinen Spaß mehr.“ Sie habe beispielsweise angefangen, nur noch verpackungsfrei einzukaufen und Badreiniger selber herzustellen. „Super einfach und preiswert.“ Und erst neulich sei sie durch Karstadt spaziert auf der Suche nach Stofftaschentüchern gewesen, wie unsere Großväter sie noch selbstverständlich hatten.

Der nächste Rhine-Clean-Up, an dem sich auch der Verein Krake beteiligt, findet am Samstag, 26. November, in Porz-Langel statt.

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