Uni-CenterStreit über Sanierungskosten

Fast die Hälfte der Wohnungen im Uni-Center sind PCB-belastet.
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Köln – Aus ihrer Wohnung im 21. Stock des Uni-Centers hat Wiltrud Gabriele Vogt einen unverstellten Blick auf den Kölner Dom und die ganze Stadt davor.
Doch der Genuss am Panorama ist getrübt: Sie schaut dabei durch Fenster, deren Dichtungen mit Polychlorierten Biphenylen (PCB) belastet sind, einem Giftstoff, der unter anderem im Verdacht steht, Krebs zu verursachen. Messungen haben in Vogts Appartement eine PCB-Belastung von fast 900 Nanogramm pro Kubikmeter Raumluft ergeben – ab 300 Nanogramm empfiehlt die PCB-Richtlinie Nordrhein-Westfalens eine Sanierung.
Nach Angaben der Foncia Immonova, der Hausverwaltung des Uni-Centers, müssen rund 40 Prozent der insgesamt 954 Wohnungen PCB-saniert werden – ein gewaltiger Eingriff in Europas größtem Wohnhaus. Verschiedene Messungen haben dort Werte über 300 Nanogramm ergeben. Nur zwei Wohnungen wurden bislang instand gesetzt: Hier wurden mehr als 3000 Nanogramm festgestellt, einer Grenze, ab der die PCB-Richtlinie sofortiges Handeln vorschreibt, weil akute Gesundheitsgefahr besteht. Doch die etwa 600 Eigentümer der Appartements streiten darüber, in welchem Umfang die Sanierung erfolgen soll. Möglicherweise müssen etliche Fenster ausgetauscht werden, was unter Umständen bis zu 30 Millionen Euro kosten würde und die Eigentümer anteilig zahlen müssten. Die Fenster sind als Komponente der Fassade Gemeinschaftseigentum.
„Alle sind sich einig“
„Alle sind sich einig, dass etwas passieren muss. Die Frage ist nur, was“, sagt Foncia-Geschäftsführer Michael Groß. Klar sei, dass die Dichtungen der Fenster PCB in die Raumluft ausdünsten. Unklarheit herrscht aber darüber, wie die Gummis erneuert werden müssen. Können nur die Dichtungen zwischen Fenster und Beton herausgeschält werden? Hat das PCB auch den Beton angegriffen? Können die Dichtungen überhaupt ausgetauscht werden, ohne die Fenster zu wechseln? „Diese Fragen müssen wir erst beantwortet haben. Vorher stimmen wir keiner Sanierung zu“, sagt Werner Gabriel, Vorsitzender des Verwaltungsbeirats des Hauses.
Das Gremium vertritt die Interessen der Eigentümer – oder in dieser Sache zumindest die deren Mehrheit. Denn bei der jüngsten Versammlung haben einige wenige auch für die Sanierung gestimmt. „Aber offensichtlich haben die meisten mehr Angst um ihr Erspartes“ und weniger um ihre Gesundheit, sagt Vogt, die seit fast 29 Jahren eine von mehr als 2000 Bewohnern des Uni-Centers ist und das PCB in ihren Räumen loswerden will. Müssten die Fenster der betroffenen Wohnungen ausgetauscht werden, würde dies möglicherweise „irgendwas zwischen zehn und 30 Millionen Euro“ kosten, orakelt Gabriel.
Der mit Abstand größte Einzel-Eigentümer ist das Kölner Studentenwerk. Ihm gehören 378 Appartements im Flügel I des Uni-Centers. Etwa die Hälfte der Wohnungen sind mit PCB belastet, sagt Franz Pechtel vom Studentenwerks. „Wir möchten unsere Wohnungen so schnell wie möglich sanieren.“ Er meint, dass es mit dem Austausch lediglich der Dichtungen nicht möglich sei, sämtliche Schadstoffe zu beseitigen, und möchte auch die Fenster auswechseln.
Nur so könne die PCB-Belastung unter 300 Nanogramm gesenkt werden, wie es die Richtlinie rät. Insgesamt gehören dem Studentenwerk 17 Prozent des Uni-Centers, also müsste es auch 17 Prozent der Sanierungskosten tragen. Wie Bewohnerin Vogt hat auch das Studentenwerk bei der jüngsten Eigentümerversammlung für eine sofortige Sanierung votiert, wurde aber überstimmt. Gegen den Beschluss geht das Studentenwerk nun juristisch vor. Das Amtsgericht soll einen Gutachter bestellen, der ein für alle Mal klärt, welche Eingriffe nötig sind.
Egal, zu welchem Ergebnis der Fachmann komme, dessen Empfehlung werde er folgen, versichert Verwaltungsbeirat Gabriel.