„Von Smalltalk bis zur Lästerei ist alles möglich“
Mit den ersten warmen Sonnenstrahlen im Jahr geht die Saison für Angelo Infantino los. Leckeres Speiseeis in unterschiedlichsten Kreationen, Cappuccino Italiano, wie er aus dem Urlaub bekannt ist, und ein nettes Pläuschchen sind seine Spezialitäten und sein Geschäft. Seit zehn Jahren betreibt der gebürtige Bergheimer mit seinem Bruder Gianni das Eiscafé Dolomiti Due in Widdersdorf. Von April bis September ist die Gelateria an der Hauptstraße 25 ein Magnet für kleine und große Schleckermäuler aus dem Veedel, aus Nachbarorten und am Wochenende zunehmend von Fahrradtouristen.
Herr Infantino, das Veedel hat in den letzten zehn Jahren einen rasanten Wechsel vollzogen. Begrüßen Sie diese Entwicklung?
Das ist auf jeden Fall positiv. Wir sind mit dem Eiscafé weiterhin im Kern von Widdersdorf. Die durch das Neubaugebiet entstandene Umgehung über die Straße Unter Linden wird nicht wie geplant angenommen. Gerade am Wochenende läuft der Verkehr fast ausschließlich über die Hauptstraße – also an uns vorbei. Für das Geschäft ist das gut, für die Verkehrs- und Parkplatzsituation nicht.
Für viele aus dem Veedel ist Ihr Eiscafé das verbindende Element zwischen altem Dorfkern und Neubaugebiet. Empfinden Sie das auch so?
Ich mache keinen Unterschied zwischen Alt- und Neu-Widdersdorfern, alle sind meine Kunden. Während Stammkunden der ersten Stunde eher aus dem alten Teil kommen, sind es vor allem Kinder, die im Neubaugebiet leben. Inklusive der Schulklassen sind das vormittags schon mal 150. Wenn ich mir den Einzelhandel im neuen Teil von Widdersdorf ansehe, bin ich froh, dass wir nicht umgezogen sind. Nur wenige Einzelhändler haben es dort geschafft. Für mich hätte das mehr Angestellte und eine höhere Miete bedeutet.
Warum ist Ihre Eisdiele Anziehungspunkt für Widdersdorfer und Kölner aus dem Westen?
Wir haben die beste Lage, sind auf der richtigen Straßenseite – das heißt, auf der Sonnenseite (lacht) – und bieten Kunden eine große Terrasse. Ausschlaggebend sind natürlich die Qualität des Eises zu einem moderaten Preis, große Portionen und eine freundliche Bedienung. Auf eigene Eiskreationen legen wir großen Wert – das habe ich von meinem Papa, der noch eine Eisdiele in Niederaußem hat. Uns kommt es nicht auf besonders ausgefallene Eissorten an, sondern auf einen unverwechselbaren Geschmack und eine gute Konsistenz. Das sind Erfahrungswerte aus langem Ausprobieren an der Eismaschine und speziellen Mischungen, die Lieferanten nur uns bereitstellen. Das Ergebnis hat sich rumgesprochen.
Sie erfahren sicherlich viel Klatsch und Tratsch aus dem Veedel. Was genau?
Vom Smalltalk bis zur Lästerei ist alles möglich. Ich höre mir das an, denke mir meinen Teil, kommentiere aber nichts. In einem Dorf bist du als Selbstständiger gut beraten, dich neutral zu verhalten. Vieles nimmt schnell seinen Lauf. Dann heißt es plötzlich: „Der vom Eiscafé hat das auch gesagt.“ Das möchte ich nicht.
Was verbindet Sie mit dem Veedel?
Wie viele andere Geschäftsleute im Dorf gehöre ich der Interessengemeinschaft „Wir für Widdersdorf“ (WfW) an. Sie hat die vergangenen Jahre unter anderem das jährlich stattfindende Tulpenfest ausgerichtet. Für die Tombola der Veranstaltung habe ich 20 bis 30 Gutscheine für Spaghetti-Eis bereitgestellt. Indirekt unterstütze ich auch den Karneval: Als kölscher Italiener öffne ich das Eiscafé meinen Kunden zuliebe manches Jahr auch schon zum Veedelszoch.
STECKBRIEF
Das mag ich an Widdersdorf: Dass dort fast ausschließlich nette Leute wohnen, mit denen man gut auskommen kann und mit denen es Spaß macht, sich zu unterhalten. Das Veedel hat sein dörfliches Flair bewahrt und das gefällt mir. Das ist verbesserungswürdig: Die Parkplatz- und Verkehrssituation müsste sich ändern. Rund um Apotheke, Ärztehaus, Reisebüro, Eiscafé und Blumenladen herrscht zu Hochzeiten Chaos. Da hat auch der Zebrastreifen nicht zur Besserung beigetragen. Im Gegenteil: Viele Kinder verlassen sich darauf, dass die oftmals viel zu schnellen Autofahrer anhalten und laufen über die Straße, ohne nach rechts und links zu gucken. Lieblingsort in Widdersdorf: Da ich mich in meinem Eiscafé am wohlsten in Widdersdorf fühle, genieße ich es, Freunde, Bekannte oder die Besitzer des benachbarten Blumenladens auf ein Pläuschchen beim Espresso einzuladen.
Zur Person
Angelo Infantino wurde 1977 in Bergheim geboren. Seit zehn Jahren betreibt der gelernte Restaurantfachmann mit seinem Bruder Gianni das Eiscafé Dolomiti Due in Widdersorf. Gemeinsam mit seiner Frau und seinen zwei Söhnen wohnt der Autoliebhaber in Leverkusen-Opladen.