Lasagne, Großfamilie und Tradition„Kulturschock ganz auf meiner Seite“ – wie kölsche Italiener Weihnachten feiern

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Daniela und Thomas Marschalleck mit ihrem kleinen Hund auf dem Arm vor dem Weihnachtsbaum

Daniela und Thomas Marschalleck lernten sich im Supermarkt kennen.

Thomas und Daniela Marschalleck aus Köln lernten sich auf der Arbeit kennen - und zunächst nicht lieben. Das ist ihre Weihnachtsgeschichte.

Daniela war die erste Tochter, die einen Deutschen mit nach Hause brachte. Sie war zwei Wochen nach der Geburt aus Apulien nach Köln gekommen, hier in die Kita und die Schule gegangen – aber ein paar Unterschiede gab es eben doch. Die Familie von ihrem Mann sei für sie „nicht so eine richtige Familie“ gewesen, man habe selten zusammengesessen und gegessen, wenig geredet, sich wenig umarmt.

„Der Kulturschock war also ganz auf meiner Seite“, sagt Daniela Marschalleck. „Naja“, sagt ihr Mann. „Bei Euch wurde so laut geredet, dass ich erstmal dachte: Die streiten sich ja dauernd! Und wie schnell ihr alle gegessen habt!“ Die Essensmengen, die Lautstärke – beim ersten Weihnachtsessen mit der italienischen Großfamilie sei er „erstmal überfordert“ gewesen.

Am Anfang hat er mich nur getriezt. Er hat immer etwas gefunden, das angeblich nicht gepasst hat
Daniela Marschalleck

Kennengelernt – und zunächst nicht lieben gelernt – haben sich Daniela und Thomas Marschalleck bei der Arbeit in einer Supermarktfiliale in Mülheim. Er war Filialleiter, sie wurde als seine neue Stellvertreterin vorgestellt. „Am Anfang“, erinnert sie sich, „hat er mich nur getriezt: Als ich zum Beispiel gesagt habe, dass ich im Sommer vier Wochen Urlaub habe, weil ich immer nach Italien fahre, hat er gemeint: Nö, vier Wochen am Stück, das geht nicht.“ Im ersten halben Jahr habe Thomas „immer etwas gefunden, das angeblich nicht gepasst hat“. Bis er sie plötzlich ins Kino einlud.

Köln: Kölsche Italiener feiern Weihnachten besonders

Zwei Jahre nach dem ersten Date heirateten die beiden – kirchlich in Torre Santa Susanna, ihrer Heimatgemeinde in der Nähe von Brindisi. Er, evangelisch getauft, war zuvor katholisch geworden – für sie. „Viele Hochzeitsgäste kamen erst eingetrudelt, als die Glocken läuteten“, erinnert er sich. „Und nach der Messe stand der ganze Ort am Straßenrand – ein bisschen wie im Kölner Karneval.“

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Die Kirche verbindet Thomas und Daniela bis heute: Sie ist Katechetin bei den Kommunionskindern in Vingst-Höhenberg, er ist im Kirchenvorstand. „In der Gemeinde ist jeder willkommen, da funktioniert das Multi-Kulti-Miteinander gut“, sagt er. Im Veedel sei das Verhältnis zu Menschen aus allen Kulturen eher „unpersönlich, persönlich“ – man kenne und grüße sich, ansonsten gehe jeder seiner Wege. Auch beruflich sind sie eng verbunden: Sie arbeiten seit 13 Jahren wieder zusammen in einer Filiale – allerdings fast immer in getrennten Schichten.

Daniela und Thomas Marschalleck

Daniela und Thomas Marschalleck

Die Herkunft seiner Frau sei für ihn nie ein Thema gewesen, sagt Thomas Marschalleck. „Meine Großeltern kamen aus Oberschlesien und waren auch geflüchtet – das findet man ja in ganz vielen Familien, wenn man zurückgeht. Warum sollte man Menschen danach beurteilen?“ „Für meine Eltern war Tomaso ganz schnell wie ein Sohn – kein Schwiegersohn, Sohn“, sagt sie.

Weihnachten mit Großfamilie, Lasagne, Pannacotta und Lambrusco

Ihre Tochter Alessandra (18) spricht gut Italienisch, Sohn Antonio (14) versteht es auch. Gekocht wird auch an Weihnachten Italienisch: Es gibt Lasagne oder Cannelloni, Meeresfrüchtesalat, Kalbfleisch und Garnelen, als Nachtisch Panna Cotta, dazu Lambrusco. Der Weihnachtsbaum – auch das italienische Tradition – steht schon seit Anfang Dezember im Wohnzimmer. Auf dem Esstisch Vanillekipferl und Spritzgebäck, Kokosmakronen und Toffifeeküsse – eher deutsch.

Ans schnelle und reichhaltige Essen mit vielen Gängen habe er sich sehr schnell gewöhnt, sagt Thomas Marschalleck. Genauso an die Siesta. „Und inzwischen redest du auch lauter als ich“, sagt Daniela. Weihnachten und Silvester feiern die Marschallecks dieses Jahr mit 15 Leuten – vor allem aus ihrer Familie. Seit die Kinder auf der Welt sind, sei seine Frau fast jeden Tag mit ihnen zu den Schwiegereltern gegangen, erinnert sich Thomas Marschalleck. „Was Familie bedeuten kann, habe ich über Daniela neu kennengelernt.“ Nicht nur zu Festen wie Weihnachten und Silvester sei das: „einfach schön“.

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