Wir stellen in unserer Serie „Ziemlich beste Leute“ Menschen vor, die Köln zusammenhalten. Diesmal: Pfadfinder Guilherme Santos Cysne.
Student aus Brasilien„Köln ist eine gute Stadt zum Wohnen, aber keine, die man sich gerne anschaut“

Guilherme „Gui“ Santos Cysne wohnt seit einem Jahr in Köln.
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Das ist er: Guilherme „Gui“ Santos Cysne, 26-jähriger Brasilianer und Pfadfinder aus Fortaleza. Wohnt seit einem Jahr in Köln, studiert hier Konferenzdolmetschen. Großes Sprachtalent, möchte vielleicht irgendwann für Politiker in Brüssel übersetzen – müsste dafür aber die Pfadfinderei in Köln hinter sich lassen, woran er jetzt noch gar nicht denken möchte.
Das macht er: Im Stamm „Helios“ in Ehrenfeld leitet Gui die jüngste Stufe, die Wölflinge. Hier sind die Kinder in der Regel zwischen sieben und zehn Jahre alt. Gui bereitet jede Woche Gruppenstunden vor, leitet Spiele an, macht mit den Kindern Feuer, bringt ihnen richtiges Verhalten in der Natur bei. Aber seine Arbeit wiegt sich nicht in den Stunden auf, die er jede Woche bei den Pfadfindern verbringt. Für die Gruppenkinder ist Gui viel mehr als nur jemand, der Spiele anleitet – er schlichtet Streit, schenkt ihnen ein offenes Ohr und gibt ihnen die Möglichkeit, Verantwortung für sich selbst und andere zu übernehmen. „Ich möchte jungen Menschen zeigen, wie gut eine Gemeinschaft sein kann. In der Schule oder im Fußballverein hat man nur mit Gleichaltrigen zu tun, bei den Pfadfindern ist das anders.“
In einem Pfadfinderstamm würden Kinder merken, dass sie gebraucht werden. „Niemand sitzt herum, alle bestimmen mit und lernen, dass ihr Einsatz zählt.“ Planen Gui und die anderen Leiter ein Lager, können die Kinder zum Beispiel Vorschläge einbringen, wo es hingehen soll. Der 26-Jährige möchte, dass die jungen Pfadfinder demokratische Grundwerte hautnah kennenlernen. „Sie lernen zum Beispiel, dass sie ihre Meinung vertreten müssen. Dass sie ein Recht haben, sich zu beschweren, wenn ihnen etwas nicht passt.“
Gui kam in Brasilien als Kind zu den Pfadfindern, beschreibt die Bewegung als „irgendwas zwischen Freunden und Familie“. In Köln suchte er anfangs vergeblich Anschluss, fing dann aber bei den Ehrenfelder Pfadfindern an. Hier blüht er auf und fühlt sich zu Hause, sagt er. Was ihm besonders gefällt? Alle seien anders, aber akzeptieren die Unterschiede der anderen.
Das sagen andere über ihn: „Sehr mutig“ finden Guis Pfadfinder-Kollegen seine Entscheidung, allein in ein fremdes Land zu ziehen. Gui strahle immer Motivation aus, sei auch nach einem langen Tag nicht von den aufgedrehten Kindern genervt. Seine Energie passe zu den Gruppenkindern. Wenn sie unterwegs sind, bilde sich immer eine Traube von Kindern um ihn.
Das würde er als Erstes tun, wenn er Oberbürgermeister wäre: „Köln ist eine gute Stadt zum Wohnen, aber keine, die man sich gerne anschaut“, findet Gui. Die Kölner Architektur sollte nochmal jemand überdenken. Da hinke Köln anderen deutschen Großstädten wie München oder Hamburg sehr hinterher. Und: Leiterinnen und Leiter in Ferienlagern würde er besser unterstützen. Selbst wenn man dafür Sonderurlaub bekommt, ist ein Ferienlager kein Urlaub, sagt Gui, und meint, die Stadt sollte Leiter von Ferienlagern finanziell fördern.
Sein persönliches Grundgesetz: „In schwierigen Situationen geduldig und flexibel bleiben, freundlich sein und an der Lösung arbeiten“ – getreu dem Pfadfindermotto „Allzeit bereit!“.