Kunstausstellung von Jenny Holzer in DüsseldorfSie begann mit Plakaten in New York

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Ein Wagen mit der Aufschrift: "IT IS GUNS" vor einem Broadway-Gebäude mitten in New York, umgeben von Film- und Werbeplakaten.

Jenny Holzer platziert ihre Aufschriften mitten im urbanen Raum

Von New York nach Düsseldorf - Die Kunstsammlung NRW zeigt eine große Überblicksausstellung zum Werk von Jenny Holzer.

PROTECT ME FROM WHAT I WANT, „Bewahre mich vor dem, was ich will“ ist eine ihrer bekanntesten Aufforderungen. Anschlussfähig wohl für jeden, ohne das Gefühl, gleich konkret werden zu müssen. Ernst und auch witzig. Die Künstlerin hatte sie unter anderem auf einen Sportwagen geschrieben. IT IS GUNS, „Es sind Waffen“ ist eine andere lapidare Feststellung. Nicht so witzig.

Die Sätze sind kurz und prägnant, schauen auf Themen wie Krieg, Gewalt und Unterdrückung, beleuchten Strukturen von Macht, benennen Gewalterfahrungen, Sexismus, Korruption oder einfache Wahrheiten, Gemeinplätze. Sie laden zum Nachdenken ein, laden ein, zuzustimmen oder zu widersprechen.

Jenny Holzer zeigt eine große Ausstellung in Düsseldorf

Jenny Holzer (* 1950 in Gallipolis, Ohio) stellt seit den 1970er Jahren mit Schrift und Textbausteinen politische oder persönliche Statements und kritische Reflexionen in den öffentlichen Raum und zur Diskussion. Mit Plakaten in den Straßen New Yorks fing es an. Immer wieder hat sie mit kurzen Zwischenrufen auch auf T-Shirts, Baseballkappen und Stickern Stellung bezogen. Gerne benutzt die Künstlerin neue Technologien: eigene und fremde Gedanken und Redensarten, die sie als Projektionen, auf Public Screens und LED-Bändern an prominenten Stellen im Stadtraum zeigt.

An einem Hochhaus befindet sich eine elektronische Tafel, auf der „PROTECT ME FROM WHAT I WANT“ steht, daneben ist eine viel befahrene Straße, es ist Nacht, die Scheinwerfer und Bremslichter wirken verwischt.

Die Aufschrift stand 1986 am Times Square

Sie installiert große Lichtprojektionen in Außen- und Innenräumen, lässt ihre Texte über ganze Gebäude und sogar über Landschaften fließen. Fotografien von Tattoos mit ihren Laments, den Klagen, gibt es auch. Kollaborationen mit anderen Künstlerinnen ebenfalls. So wie jetzt in Düsseldorf, wo Jenny Holzer anlässlich ihrer großen Ausstellung ihre einstige Zusammenarbeit mit der Graffiti-Künstlerin Lady Pink wieder aufgreift und die Kollegin zum Mittun in ihre aktuelle Schau einlädt.

Kunstsammlung NRW stellt Arbeiten aus, in denen die Künstlerin mit Lady Pink zusammenarbeitete

Die Kunstsammlung NRW hat im K 21 einen weiten Parcours mit hauptsächlich analogen Werken von Jenny Holzer eingerichtet. Inflammatory Wall ist eine bombastisch-bunte wandfüllende Poster-Installation im gesamten Untergeschoss mit unzähligen kurzen und langen Texten, einzelnen Sätzen und ganze Essays sowie mehreren Arbeiten, die gemeinsam mit Lady Pink entstanden sind. Außerdem gibt es hier auch noch die Steinbänke, in die ihre Texte eingemeißelt sind. Sie erinnern ein bisschen an Friedhof und scheinen so gar nicht zu den anderen, flüchtigen Textarbeiten zu passen.

Heute ist Jenny Holzer eine der bedeutendsten Persönlichkeiten in der Kunstwelt, ihr Werk wurde international vielfach geehrt und ausgestellt. Sie hatte Galerie- und wichtige Museumsausstellungen auf der ganzen Welt, 1982 war sie zur documenta 7 eingeladen, 1990 vertrat sie die USA auf der Biennale in Venedig und wurde für ihre dortige Installation „Mother and Child“ mit dem Goldenen Löwen ausgezeichnet. 2002 erhielt sie den Kaiserring der Stadt Goslar. Im vergangenen Jahr, 2022, ist Holzer auch selbst zur Kuratorin geworden, hat in einer fulminanten Ausstellung in Basel das Werk ihrer Kollegin Louise Bourgeois (1911-2010) mit dem eigenen kurzgeschlossen, hat den Gebrauch von Schrift und Sprache als verbindendes Motiv ihres Arbeitens erkannt.

Von der abstrakten Malerei hin zu Plakaten in New York

Begonnen hatte Jenny Holzer ihre künstlerische Karriere als abstrakte Malerin. Doch als sie nach Beendigung ihrer Studien 1977 nach New York City gezogen war, begann sie, mit Wort- und Textarbeiten zu experimentieren. Sie plakatierte einzelne Worte und kurze Sätze auf Postern an Gebäuden, Mauern und Zäunen in Lower Manhattan. Es ging um Aids, Politik, Feminismus, Umwelt, Sex, Gewalt. Die Passanten waren irritiert und dann bald begeistert. Unter anderem liefen die Texte auch auf den elektronischen Anzeigentafeln, die normalerweise für Werbung benutzt werden. Ein irritierendes Moment im Konsumdschungel der Städte.

Lady Pink trägt ein weißes T-Shirt, auf dem in schwarzer Aufschrift steht: ABUSE OF POWER COMES AS NO SURPRISE

Das Bild stammt aus der Serie „Truisms“ und zeigt Lady Pink

Oben, in der Bel Étage des Museums, hängen die großen, sehr schönen, gold-silbrigen Siebdruck-Bilder, die Silkscreen Paintings sowie die Redaction Paintings, die ihre grausamen Inhalte nicht gleich auf den ersten Blick preisgeben. Es handelt sich um übermalte oder in Karten übersetzte Dokumente der US-Regierung, um Statements und Berichte aus den Kriegen im Irak und in Afghanistan, die nach dem in den USA geltenden Freedom of Information Act, dem Gesetz zur Informationsfreiheit, nach einer gewissen Zeit zugänglich gemacht werden mussten.

Bei vielen dieser neueren Arbeiten, die seit 2005 entstehen, besteht Holzers anarchischer Akt nicht im lauten Benennen, sondern im unüberhörbaren Verbergen und Verdecken. ABUSE OF POWER COMES AS NO SURPRISE, „Machtmissbrauch kommt nicht überraschend.“

Zur Ausstellung

Jenny Holzer. Düsseldorf K 21. Ständehausstraße 1, 40217 Düsseldorf. Bis 6.8. 2023. Tickets: 14 €/ 12 € ermäßigt. Weitere Infos unter: www.kunstsammlung.de

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