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Bestseller von Ewald ArenzErträgt die Liebe auch miese Tage?

Lesezeit 4 Minuten
Ein weißes Herz aus Schnee auf einem Holzzaun.

Spaziergänger haben auf einem Zaun auf dem Großen Feldberg im Taunus ein Schneeherz platziert.

Der neue Roman von Ewald Arenz trotzt souverän jeder Kitschgefahr und bringt ein helles Licht in unsere Winterdüsternis. 

Geht es in der Kunst um große Lieben, sind die Protagonisten oft blutjung. Romeo und Julia sind eigentlich noch Kinder, als sie für einander entflammen. Die gerade einmal wieder omnipräsente Sisi war 16, als sie ihren Franz Joseph heiratete. Aber was ist eigentlich mit allen, die die Jugend hinter sich gelassen haben, die in der Mitte des Lebens stehen? Zu denen scheint wilde Verliebtheit irgendwie nicht zu passen. Hält uns Lebenserfahrung davon ab, uns Hals über Kopf zu verlieben?

Ewald Arenz beweist in seinem neuen Roman „Die Liebe an miesen Tagen“ das Gegenteil. Wir begegnen Clara, Ende 40, die gerade ihren Job als Fotografin bei der Zeitung der mittelgroßen namenlosen Stadt irgendwo im Süden Deutschlands verloren hat, in der der Roman spielt. Nach dem Krebstod ihres Mannes, mit dem sie zum Schluss eher aus einem Gefühl der Verantwortung als aus tiefer Liebe zusammen war, hatte kein anderer Mann Platz in ihrem Leben.

Der Autor scheut die großen Gefühle nicht

Dann trifft sie Elias. Der ist einige Jahre jünger als sie und begegnet ihr zum ersten Mal, als er mit seiner Freundin Vera Claras Sommerhaus anschaut, das diese verkaufen will. Der Schauspieler weiß, dass die Beziehung mit Vera nicht funktioniert, weil sie ihn liebt und er sie nur mag. Aber die Angst vor dem Alleinsein ist eben auch nicht zu unterschätzen. Doch dann treffen sich Elias und Clara bei einer Theater-Premiere wieder. Und lassen sich danach ziellos durch die Nacht treiben, an deren Ende nichts mehr ist wie zuvor. „Das ist jetzt nicht wahr, dachte Clara, als sie die Treppe zu ihrer Wohnung hochstieg, das kann echt nicht sein. Was für ein Scheiß. Ich habe mich verliebt.“

Es ist eine große Freude zu lesen, wie Arenz den Zauber des Anfangs einfängt. Der Gymnasiallehrer aus Nürnberg hat keine Angst vor den ganz großen Gefühlen. Da ist die Kitschgefahr immer groß. Doch Arenz umschifft diese Klippe äußert souverän. Seine Sprache ist schnörkellos, seine Figuren sind lebensecht und wirken nicht wie Abziehbilder. Ja, beiden hat das Leben schon so manche Narbe verpasst, aber sie lassen sich trotzdem auf das Wagnis Liebe ein. Ohne all die Spielchen, die in Rom-Coms die Handlung bestimmen.

Die Liebe gehört nicht nur den Jungen

Ihre Lebenserfahrung macht Clara und Elias nicht zurückhaltend und vorsichtig, sondern kompromisslos. „Die Liebe gehört nicht nur den Jungen. Die Liebe nicht und nicht die Unbedingtheit. Nicht die Liebe und nicht ihre Unbedingtheit und auch nicht das ganze, volle Glück. Sie stand auf und drückte den Rücken durch. So eine Liebe oder keine.“

Das Leben kommt den beiden dann natürlich irgendwann doch in die Quere. Clara wird ein echter Traumjob im fernen Hamburg angeboten. Soll sie ihn annehmen? Auch wenn Elias durch sein Engagement an das Theater gebunden ist? Und dann wirft eine schwere Erkrankung alle bisherigen Pläne über den Haufen. Wie groß muss eine Liebe sein, um auch die miesen Tage zu überstehen?

Ewald Arenz neues Buch ist bereits in der Spiegel-Bestsellerliste

Ewald Arenz hat in den vergangenen Jahren eine erstaunliche Karriere gemacht. Seine Romane „Alte Sorten“ und „Der große Sommer“ waren Lieblinge der Buchhändler und beide große Bestseller. Und auch sein neuer Roman „Die Liebe an miesen Tagen“ ist direkt nach dem Erscheinen auf Platz acht der Spiegel-Bestsellerliste eingestiegen. Wie auch in seinen vorherigen Büchern sind seine genauen Naturbeobachtungen, sehr wirklichkeitsnahe Dialoge und wunderbare Nebenfiguren – hier sind es besonders Elias’ Tochter Jule und Claras demente Mutter – eine große Stärke der Geschichte.

Vielleicht hat Arenz mit den Entwicklungen am Ende ein bisschen dick aufgetragen. Aber man verzeiht es ihm, hat man da doch das Herz schon längst an Clara und Elias verloren. Für Misanthropen ist dieser Roman nichts, alle anderen werden sich über ein bisschen Licht in dunklen Zeiten sicher freuen.

Zum Buch

Ewald Arenz: „Die Liebe an miesen Tagen“, DuMont Buchverlag, 384 Seiten, 24 Euro; E-Book: 19,99 Euro.

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