Bettina Böttingers Aus beim „Kölner Treff“„Der Freitagabend war der Höhepunkt der Woche – meistens“

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Moderatorin Bettina Böttinger sitzt im Studio des „Kölner Treff“. Sie trägt eine bunt gemusterte Bluse und blickt lächelnd in die Kamera.

Moderatorin Bettina Böttinger bei ihrer vorletzten „Kölner Treff“-Sendung am 20. Oktober.

Nach 30 Jahren Talk am Freitagabend im WDR, ist am 27. Oktober für Bettina Böttinger Schluss. Ein Gespräch über Abschiedsschmerz, Zukunftspläne und zu wenig Anerkennung für Unterhaltungstalkshows.

Frau Böttinger, 30 Jahre lang haben Sie am Freitagabend getalkt. Nun ist Schluss. Was machen Sie denn künftig am Freitagabend?

Ich bin selbst sehr gespannt. Aber ich gehe nicht in den Ruhestand, ich arbeite weiter, bleibe hier in der Firma Encanto, werde mich um die Sendung kümmern und beratend tätig sein. Und da wir parallel zu den letzten Sendungen die Sechserstaffel „Böttinger Wohnung 17“ aufgezeichnet haben, verschwinde ich auch nicht ganz vom Bildschirm. Aber Näheres steht noch nicht fest.

Wie schwer fällt der Abschied nach so vielen Jahren?

Das müssen Sie mich am 27. Oktober fragen. Aber ehrlich gesagt bin ich sehr glücklich mit der Entscheidung. Ich habe sie selbstbestimmt getroffen. Vor einem Jahr habe ich es dem WDR mitgeteilt, weil dieses große Jubiläum anstand. 30 Jahre Talk am Freitagabend, 30 Jahre getaktet sein sind für ein Leben genug. Es ist eine neue Form von Freiheit, auf die ich mich wahnsinnig freue. Und ich habe mich selbst schon belohnt, ich habe einen zweiten Dackel bestellt.

Sie sind also keinem Jugendwahn zum Opfer gefallen?

Nein. Erstmal habe ich nicht den Habitus einer Rentnerin, die endlich mal vom Hof gejagt werden muss. Ich hätte ohne weiteres auch noch drei Jahre dranhängen können, um dann 20 Jahre Kölner Treff zu feiern. Aber für mich waren diese 30 Jahre einfach genug.

Diese 30 Jahre Talk waren reich an Erfahrung, reich an Begegnungen. Das ist ein Schatz, den ich mit mir rumtrage
Bettina Böttinger

Wie ist das mit dem Älterwerden? Ist das ein Thema für Sie?

Klar, es ist für jeden Menschen ein Thema, dass bestimmte Dinge anders gehen und andere nicht mehr. Aber ich halte mich an Maren Kroymann. Die ist über 70, fit und im Fernsehen präsent. Das ist auch gut so. Da wir eine Gesellschaft haben, die demografisch gesehen auf das Älterwerden eingehen muss, glaube ich, dass ich für viele Menschen, die auch älter sind, ein gutes Bild abgebe.

Können Sie gut Dinge loslassen?

Ich übe das gerade, aber ich glaube, ja, das kann ich. Wenn man das, was man getan hat, gerne getan hat und ein gutes Gefühl dabei hatte, fällt einem es leichter, als wenn man gefrustet geht. Diese 30 Jahre Talk waren reich an Erfahrung, reich an Begegnungen. Das ist ein Schatz, den ich mit mir rumtrage. Ich glaube sogar, ich habe durch diese 30 Jahre ein etwas verschobenes Menschenbild.

Warum?

Weil ich einmal in der Woche Menschen zu Gast hatte, die zu 90 Prozent gut gelaunt und zugewandt waren, die ein Gespräch gesucht und sich eingelassen haben. Das ist immer sehr schön gewesen. Der Freitagabend war der Höhepunkt der Woche - meistens.

Ihnen war eine gute Stimmung in der Runde immer wichtig. Haben Sie manche Leute gar nicht erst eingeladen, weil Sie da nicht reingepasst hätten?

Mein Team ist super in der Zusammenstellung der Gästerunden. Sie haben immer gesagt, lass uns bitte mal machen, es sei denn, du willst einen überhaupt nicht. Das ist aber eigentlich nie passiert. Ich habe von vornherein Wert daraufgelegt, dass wir divers besetzen. Wir wollten nicht nur Leute in dem Zweiergespräch haben, die man ohnehin aus dem Fernsehen kennt. Aber es gibt eine Ausnahme: Ich möchte keine Rechtspopulisten im Interview haben.

Ich bedaure, dass Unterhaltungstalk nicht so ernst genommen wird wie Polittalk
Bettina Böttinger

Ist das Ihre generelle Haltung? Würden Sie das in einer politischen Talkshow auch so handhaben?

Das sollen die Redakteure und Redakteurinnen von anderen Sendern für sich entscheiden. Ich bleibe bei diesem Standpunkt. Ich möchte im „Kölner Treff“ nicht mit Björn Höcke reden. Wenn ich eine politische Talkshow machen würde, hätte ich schon damals Björn Hecke nicht eingeladen. Ich glaube im Übrigen, dass wir letztlich zwar kein politisches Format gemacht haben, aber eines mit einer gesellschaftlichen Relevanz. Darauf lege ich gesteigerten Wert.

Warum ist Ihnen das wichtig?

In dieser Zeit, in der immer heftiger beklagt wird, wie ruppig Menschen miteinander umgehen und einander nicht mehr zuhören, leisten wir einen Beitrag dazu, dass Menschen über ganz verschiedene Lebenswege hinweg zusammentreffen und sich unterhalten. Ich habe sehr oft erlebt, dass Gäste nach der Sendung weiter miteinander geredet haben. Darüber bin ich glücklich. Und ich bedaure, dass Unterhaltungstalk nicht so ernst genommen wird wie Polittalk. Dass Sendungen wie der „Kölner Treff“ tatsächlich ein bisschen links liegen gelassen werden und wir die Fernsehmenschen zweiter Klasse zu sein scheinen, ist doof, aber ich kann damit leben, sogar sehr gut.

Erklären Sie sich so, dass Sie bis heute noch keinen Fernsehpreis gewonnen haben?

Was soll ich dazu sagen? Eine enge Freundin sagte mal, ich dachte, du hast alle. Nein, keinen einzigen. Unterhaltungstalk wird nicht honoriert, aber das ist schon ok.

Ist eine Lehre aus so vielen Jahren „Kölner Treff“, dass uns doch mehr verbindet als uns trennt?

Ich glaube ja. Ich glaube sogar, dass unsere Sendungen oft regelrechte Lehrstücke gewesen sind. Das zeigen auch die Reaktion derer, die da waren und denen ich allen noch einen persönlichen Brief geschrieben habe, weil ich immer verhindern wollte, dass das für mich eine Routineangelegenheit wird. Es waren im Laufe der letzten 30 Jahre tatsächlich knapp 5000 Begegnungen.

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk muss schlanker werden, in manchen Bereichen muss er besser werden, aber daran kann man arbeiten
Bettina Böttinger

Wie schwer ist das, jedem Einzelnen in gleicher Weise gerecht zu werden?

Das kann ich gar nicht. Es werden auch nicht 100 Prozent meiner Gäste beseelt von Glücksgefühlen nach Hause gefahren sein. Aber unser Ziel als Gastgeber-Team war es, dass die Gäste mit einem guten Gefühl nach Hause fahren. Und ich glaube tatsächlich, dass es in den meisten Fällen gelungen ist.

Haben Sie sich verändert in der Zeit?

Neben meinem positiv verschobenen Menschenbild bin ich zugewandter geworden und ich habe auch meine privaten Gastgebereigenschaften ein wenig nach oben geschraubt. Ich habe neulich ein Sommerfest gemacht und hinterher haben mir alle geschrieben, dass es wie im „Kölner Treff“ war. Ich hatte Menschen eingeladen, die sich vorher nicht kannten, die sich aber etwas zu erzählen hatten. Der Wunsch nach Begegnungen ist bei mir groß. Ich bin ja Rheinländerin und neige nicht zur Vereinsamung, aber das hat sich tatsächlich positiv verstärkt.

Sie arbeiten schon sehr lange für den WDR. Wie sehr schmerzt es Sie, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk so im Kreuzfeuer steht?

Ich verstehe nicht, warum auch die Konservativen nicht einsehen, dass sie den öffentlich-rechtlichen Rundfunk brauchen. Wenn er mal nicht mehr da ist, wird es noch viel härter in Deutschland. Dann haben wir weniger Demokratie. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk muss schlanker werden, in manchen Bereichen muss er besser werden, aber daran kann man arbeiten. Ich bin eine absolute Befürworterin.

Sie haben gesagt, dass Sie manchmal zu viel gearbeitet haben. So haben Sie nur einen Tag nach der Trauerfeier für Ihre Mutter eine Sendung aufgenommen. Haben Sie manchmal die Prioritäten falsch gesetzt?

Total. Ich habe mir nach dem Tod meiner Mutter vorgenommen, das zu ändern. Habe ich aber nicht. Ich schleppe wirklich ein Päckchen mit mir herum. Ich habe kürzlich in Hamburg moderiert. Warum habe ich eigentlich nie mal ein Wochenende mit meiner Mutter in dieser fantastischen Stadt verbracht?

Ihre Antwort auf die Frage?

Ich hatte immer so viel zu tun. Früher war die 60-Stunden-Woche normal für mich, darunter hat das Private gelitten. Gleichzeitig bin ich aber auch ein sehr interessierter Mensch. Die Kombination aus Workaholic und vergnügungssüchtig ist sehr anstrengend. Und wenn jemand Beistand braucht, bin ich da. Ich bin schon auch eine Kümmerin.

Haben Sie sich mal gefragt, was das mit Ihnen macht?

Das ist ein interessanter Aspekt, über den ich noch gar nicht nachgedacht habe. Meine Mutter war zeit ihres Lebens sehr krank. Ich habe es als Kind als normal empfunden, wenn jemand Hilfe braucht oder krank ist, da zu sein. Für mich war es etwa vollkommen klar, dass in mein Gästehaus in der Eifel ein Flutopferehepaar reinkam. Ich habe so viel vom Leben bekommen, da will ich auch etwas geben. Ich bin ein sozialer Mensch, wir leben in einer sozialen Gemeinschaft, deswegen muss man bereit sein, zu teilen.


Bettina Böttinger (67) in Düsseldorf, studierte Geschichte und Germanistik in Bonn. Ihre journalistische Karriere begann bei der „Bonner Rundschau“, danach wechselte sie zum WDR.

Sie ist eines der bekanntesten Gesichter des Kölner Senders. Seit 30 Jahren talkt sie am Freitagabend im WDR Fernsehen, seit 2006 im „Kölner Treff“. Nun hört sie auf, arbeitet aber weiter in ihrer Firma Encanto und hat auch aktuell die Sendung „Böttinger Wohnung 17“ produziert. Alle Folgen gibt es in der Mediathek.

Die letzte Folge „Kölner Treff“ mit ihr als Moderatorin läuft am Freitag, 22 Uhr, im WDR. 

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