Aufklärung nach Trump-Art: Viele der vom US-Justizministerium veröffentlichten Epstein-Akten präsentieren sich als schwarze Blöcke. Wir lesen sie trotzdem.
BildbetrachtungWas uns geschwärzte Seiten über Trump und Epstein erzählen


Vom US-Justizministerium zensierte Epstein-Akten.
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Was sehen wir, wenn wir Schwarz sehen? In den vergangenen Tagen hat das Justizministerium der Vereinigten Staaten nach massivem Druck der Öffentlichkeit Tausende von Dateien aus den sogenannten Epstein-Files auf seine Webseite hochgeladen – Fotos und Textdokumente aus den Akten des Sexualstraftäters Jeffrey Epstein – und diesen Berg an Informationen auch mit einer Suchfunktion ausgestattet. Einige Dateien waren jedoch schon kurz nach der Publikation wieder zurückgezogen worden, darunter auch ein Bild, das Epsteins Schreibtisch zeigt, in dessen geöffneter Schublade eine Fotografie liegt, auf der Donald Trump umgeben von jungen Frauen in Bikinis posiert. Es wurde inzwischen, nach Protesten, wieder veröffentlicht.
Ansonsten glänzt der US-Präsident, dessen einstmals enge Beziehung zu Epstein hinlänglich bekannt ist, in den unzensierten Akten mit Abwesenheit. In Gegensatz etwa zu seinem demokratischen Amtsvorgänger Bill Clinton. Etliche Seiten enthalten geschwärzte Stellen, mindestens 550 davon – CBS News hat nachgezählt – sind zur Gänze geschwärzt, man sieht nur ein massives schwarzes Rechteck und daneben fortlaufende Zahlen zur Zeilenangabe. Angeblich sei das harte Redigat allein aus Gründen des Opferschutzes geschehen. Viele Epstein-Opfer, Opferverbände und demokratische Politiker kritisieren allerdings diese allzu eindeutig in Richtung des politischen Gegners ausgerichtete Transparenz des Justizministeriums.
Malewitsch sah das „Schwarze Quadrat“ als Embryo der Möglichkeiten
Aber vielleicht ist dieser monochrom schwarze Block transparenter, als es der erste Augenschein vermuten lässt. Als der ukrainisch-russische Avantgardist Kasimir Malewitsch in den zehner Jahren des vorigen Jahrhunderts die erste Fassung des berühmten „Schwarzen Quadrates“ malte, wollte er die Kunst damit vom Gewicht der Dinge befreien. Das „Schwarze Quadrat“ sollte mehr sein als nur ein blickdichtes Polygon, Malewitsch wollte in ihm „die Empfindung der Gegenstandslosigkeit“ ausstellen – und auf diese Weise die Malerei von ihren repräsentativen Aufgaben erlösen. Es sei das „Embryo aller Möglichkeiten“, prophezeite der Künstler, in seiner Entwicklung könnte es eine schreckliche Kraft erlangen.
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Tatsächlich handelt es sich bei dieser Ikone, oder auch Anti-Ikone der Moderne, um eine Übermalung. Malewitsch hatte zwei frühere Versuche geschwärzt, eine kubistisch-futuristische Komposition und darüber ein Bild von freischwebenden, bunten geometrischen Formen im Vorgriff auf seinen späteren suprematistischen Stil. Noch bevor dieses zweite Werk getrocknet war, begann er es schwarz zu übermalen. In der Folge dieser Eile bildete sich ein Craquelé: Durch das feine Rissnetz leuchten helle Primärfarben.

Dieses undatierte Foto aus der persönlichen Sammlung von Jeffrey Epstein, das am 12. Dezember 2025 von den Demokraten im Aufsichtsausschuss des Repräsentantenhauses zur Verfügung gestellt wurde, zeigt US-Präsident Donald Trump (links), flankiert von Epstein (Mitte), im Gespräch mit einer unbekannten Frau.
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Die rechteckigen Epstein-Blöcke, egal ob aus Pixeln oder Druckertinte, werden nicht aufbrechen, um die verborgene Wahrheit durchscheinen zu lassen. Eine klare Botschaft vermitteln sie trotzdem – und sei es nur die Information, dass hier etwas im gleichen Schritt veröffentlicht und verborgen werden soll.
Anhänger des rechtsextremen QAnon-Verschwörungsmythos erwarten sich von den Epstein-Akten Beweise für die Existenz eines Geheimbunds pädophiler Prominenter. Hollywoodstars, CEOs und Würdenträger der Demokraten, denen Jeffrey Epstein junge Mädchen zum sexuellen Missbrauch vermittelt hat, eine Erzählung, in der sie Donald Trump den Part des strahlenden Ritters zugewiesen haben, der Licht in dunkle Machenschaften bringen wird.
Eine eklatante Fehlbesetzung, nach allem, was man über den Präsidenten weiß, – von zufällig mitgeschnittenen Sex-Prahlereien über die höchstrichterliche Aussage, der Vergewaltigungsvorwurf einer Journalistin gegen Trump sei „im Wesentlichen wahr“, bis zu dem hochnotpeinlichen Umstand, dass Epstein und er rund 15 Jahre lang ziemlich beste Freunde waren.
Selbst republikanische Kongressabgeordnete sprechen angesichts geschwärzter Seiten von „selektiver Verschleierung“. Die schwarzen Rechtecke könnten als Sinnbilder, beredte Ikonen einer großen Lüge in die Geschichte eingehen. Das Craquelé findet man nicht auf dem Papier, die feinen Risse durchziehen die Maga-Bewegung.

