Bob Dylan wird 80Warum wir ihn lieben – in 80 Gründen

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Bob Dylan

  • Bob Dylan wird an diesem Montag 80 Jahre alt. Wir nennen 80 gute Gründe dafür, dass er immer noch der Größte ist.

1. „Ich kann nur ich selbst sein, wer auch immer das sein mag.“ 2. Robert Allen Zimmerman ist ein Nachfahre osteuropäischer Juden, der sich in Elvis Presley und Little Richard verliebt. 3. Dann fragt er sich: Wo bleibt die Traurigkeit im Rock’n’Roll 4. Sein neues Idol heißt Woody Guthrie. Er lernt 75 Songs des Folkhelden auswendig und singt sie ihm an dessen Sterbebett vor. 5. Man wird am falschen Ort, mit den falschen Eltern und dem falschen Namen geboren, sagt er.

6. Seitdem nennt er sich „Dylan“, nach Dylan Thomas.

7. Er spielt in den Clubs von Greenwich Village und nimmt mit gerade einmal 20 Jahren sein erstes Album für Columbia auf. 

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8. Dort glaubt keiner an seinen Erfolg. Bis auf seinen Produzent John Hammond und einen prominenten Fan: Johnny Cash.

9. „Blowin’ in the Wind“

10. „Don’t Think Twice, It’s Allright“

11. „A Hard Rain’s A-Gonna Fall“

12. „Girl From North Country“

13. Alles Songs, die Dylan schon mit 21 geschrieben hat.

14. Wäre er im selben Jahr wie Kennedy gestorben, er gälte immer noch als Legende.

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Bob Dylan in jungen Jahren

15. „Das einzig Beständige ist die Veränderung.“

16. Dylan spricht und singt wie nie jemand zuvor.

17. „Die Texte, die Attitüde, unglaublich originell und wundervoll“, sagt George Harrison.

18. Im Gegenzug bringt Dylan den Beatles 1964 im New Yorker Delmonico Hotel das Kiffen bei.

19. Und zeigt ihnen, dass man auch als Popband über andere Dinge als Liebe singen kann.

20. Nämlich über einfach alles.

21. Diese beiden Bewusstseinserweiterungen erklären den gewaltigen Sprung der Beatles zwischen „Help!“ und „Rubber Soul“.

22. Dylan hebt Pop auf Literaturhöhe, verleibt ihm Shakespeare, Rimbaud, Homer ein. 

23. „Meine Stimme ist so schlecht, dass nichts ihr etwas anhaben kann.“

24. Weil nicht jeder sein nasales Organ goutiert, machen andere seine Songs zu Hits: Joan Baez, The Byrds, Sonny & Cher.

25. 1965 schockiert er das traditionell gesinnte Publikum des Newport Folk Festival mit einem elektrischen Set.

26. So katapultiert er Folk in die Jetztzeit des Pop.

27. Zufällig hatte Dylan gehört, wie Festivalleiter Alan Lomax über die – elektrische – Paul Butterfield Blues Band lästert. Das weckt seinen Widerstandsgeist.

28. Er verlässt sich bis heute auf ihn. So bleibt er unbestechlich. 29.  „Judas“ ruft ein Zuschauer dem elektrifizierten Dylan 1966 in Manchester zu. Er befiehlt seiner Band: „Play it fucking loud!“

30. „Judas“ ist ein Kompliment: Dylan ist ein Virtuose des Verrats. Dazu sind doch Ideale da.

31. „Like a Rolling Stone“

32. Ausgerechnet diese Single, die sechs Minuten lang Häme über ihre Hörer auskübelt, macht Dylan zum Popstar.

33. Wahrscheinlich rechnet er hier mit einer Ex, Andy Warhols „Superstar“ Edie Sedgwick, ab.

34. Die größte Single der 1960er beschwört bereits den großen Kater herauf, der auf das Jahrzehnt folgt.

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In diesem Haus in Hibbing, Minnesota wuchs Dylan auf. 

35. 1966, Rock entdeckt gerade das Album als Kunstform, veröffentlicht Dylan mit „Blonde on Blonde“ das erste Doppelalbum.

36. Es ist auch eines der besten.

37. Dylan gilt als Galionsfigur der Gegenkultur.

38. Für Bürgerrechtler sind seine Lieder Soundtrack zum Kampf.

39. Intellektuelle sehen ihn ihm die Stimme seiner Generation.

40. Für Hippies ist er der Messias.

41. Aber Dylan will nichts davon sein. Erlöser enden am Kreuz.

42. „Nur weil dir mein Zeug gefällt, schulde ich dir noch lange nichts.“

43. D.A. Pennebakers „Don’t look back“ zeigt Dylan auf dem Höhepunkt der Dylan-Hysterie.

44. Der einzige gute Dokumentar-Film über Rock’n’Roll, sagt Kurt Cobain.

45. Der Film beginnt mit einem Clip, in dem Dylan Karten mit Zitaten aus seinem „Subterranean Homesick Blues“ hochhält: Eines der ersten Musikvideos.

46. „Niemand ist frei. Sogar die Vögel sind an den Himmel gekettet.“

47. Einen Motorrad-Unfall im Juli 66 nutzt Dylan zum Rückzug  aus der Öffentlichkeit. Und begründet so erst seinen Mythos.

48. Mit seiner Band – die kurz darauf zu „The Band“ wird – nimmt er mehr als 100 Demos im Keller  seines Hauses in Woodstock auf.

49. Die gesamten Aufnahmen erscheinen 2014, aber Fans überzeugen sich jahrzehntelang  auf Bootlegs davon, dass die „Basement Tapes“ einen geheimen Schlüssel zu Dylans Werk bilden.

50. Was heißt hier Fans? Eigentlich sind wir alle Dylanologen.

51. Er ist der Text. Wir sind  nur die Interpreten.

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Barack Obama verleiht Bob Dylan die Freiheitsmedaille. 

52. „Das Chaos ist mein Freund.“

53. Nach 1966 lässt sich Dylan nicht mehr fassen.

54. Cate Blanchett, Christian Bale, Richard Gere, Ben Whishaw, Heath Ledger

55. Hollywoodstars, die den Sänger in  Todd Haynes filmischer Dylan-Meditation „I’m Not There“ (2007) verkörpern.

56. Ein großer Erfolg bei der Kritik. Dylans Kommentar: „Ich fand ihn ganz okay.“ 

57. Auf „John Wesley Harding“ (1967) berichtet Dylan aus dem alten, Wilden Westen, auf „Nashville Skyline“ (1969) knödelt er als Country-Bariton. Seine Stimme ist unerkennbar.

58. „Ich habe mit dem Rauchen aufgehört“, lautet seine lakonische Erklärung.

59. Sein „Self Portrait“ von 1970 bringt mit zweitklassigen Live-Aufnahmen  und Simon&Garfunkel-Covern selbst seine treuesten Kritiker zur Verzweiflung.

60. „What is this shit?“ eröffnet Greil Marcus seine Rezension.

61. „Die Welt wird von Leuten beherrscht, die nie Musik hören.“

62.  Aber selbst auf seinen schlechtesten Alben entdeckt man brillante Momente.

63. Wie „Brownsville Girl“ auf „Knocked Out Loaded“ (1986), oder „Covenant Woman“ auf „Saved“ (1980).

64. Doch da sind noch so viele Höhepunkte: „Blood on the Tracks“  (1974), das bitterste, ehrlichste und zärtlichste Scheidungsalbum aller Zeiten.

65. Oder „Desire“ (1975) und die dazugehörige Tour, die chaotisch-wundervolle „Rolling Thunder Revue“.

66. Martin Scorsese hat ihr vor zwei Jahren eine ebenso wundervoll chaotische und halb erfundene Dokumentation gewidmet.

67. Seit 1988 befindet sich Dylan auf „Never Ending Tour“, unterbrochen nur von einer Herzoperation 1997 und Corona.

68. Nach Dylan endete die „Never Ending Tour“ jedoch 1991.

69. Scherzweise listet er die Namen der folgenden Touren auf: Die „The Money Never Runs Out Tour“, die „Why Do You Look At Me So Strangely Tour“ und die „One Sad Cry of Pity Tour“.

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Dylan auf Tour in den 80er Jahren

70. Er gewinnt als erster Rockstar den Literaturnobelpreis.

71. Er denkt aber gar nicht daran, seine Tour zu unterbrechen, um sich den Preis abzuholen.

72. Die obligate Preisträger-Rede lässt er vom US-Botschafter in Schweden vortragen.

73. „Songs sind keine Literatur“, schilt er darin das Nobelpreis-Komitee. „Sie sollen gesungen werden, nicht gelesen.“

74. Zwischen 2015 und 2017 interpretiert er auf fünf Alben das Great American Songbook.

75. Am Ende kehrt Dylan also demütig zu der Musikperiode zurück, die er selbst beendet hat.

76. Eine würdige Klammer für eine einmalige Karriere.

77. Doch 2020 kommt „Rough and Rowdy Ways“: Mit 79 hat er ein Meisterwerk aufgenommen.

78. Prominente Fans? Die Liste ist so lang wie  die Musikgeschichte seit 1960.

79. Wer nicht hören will, muss trinken: Dylan bringt seinen ersten Bourbon heraus. Das Etikett verspricht: „Heaven’s Door“.

80. „Wenn du aufhörst zu existieren, wem willst du dann die Schuld geben?“

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