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Kommentar

Carolin Kebekus' neues Buch
Lektüre für den Frauenfeind in mir

Ein Kommentar von
3 min
Carolin Kebekus

Carolin Kebekus 

Bestsellercheck: Eigentlich wollte ich Carolin Kebekus' Buch „8000 Arten, als Mutter zu versagen“ gar nicht lesen. Aber dann hat es mir die Augen geöffnet.

Ich gebe es zu: Als ich gehört habe, dass Carolin Kebekus ein Buch übers Muttersein geschrieben hat, habe ich sowas gedacht wie: Ach Gott, ja. Jetzt hat die ein Kind gekriegt und muss gleich ein Buch drüber schreiben. Als wäre sie der erste Mensch mit Baby. Wen interessiert das denn bitte?! Und dann noch der Titel: „8000 Arten, als Mutter zu versagen“ (Bestsellerliste Platz 9). Mimimimi. Ich musste da doch auch durch, was stellt die sich jetzt so an.

Als ich das Buch dann gelesen habe, ist mir gedämmert, dass ich frauenfeindlich denke. Und Mütter-feindlich. Obwohl ich selbst Mutter bin. Oder möglicherweise sogar: weil ich selbst Mutter bin. Es ist verrückt: Warum verurteilen wir Mütter uns auch noch gegenseitig, obwohl alles schon schwer genug ist?! (Ja: Mimimi). Weil wir diesen traditionellen männlichen Blick so verinnerlicht haben: Themen wie Wochenbett, Hebammen und Stillen sind Gedöns und gehören in die Rubrik Balkon, Garten und Wohnungseinrichtung. Nichts im Vergleich zu Börsenkursen, Außenpolitik, Philosophie. Nichts für die Titelseiten, nichts für die ernsthaften Feuilletons. Und erst recht nichts, für das es sich lohnt, extra ein Buch zu schreiben. Was absurd ist, schließlich geht es beim Mutterwerden um nichts weniger als den Fortbestand unserer Art. Und um eine einschneidende Erfahrung im Leben sehr vieler Menschen.

Als ich das Buch dann gelesen habe, ist mir gedämmert, dass ich frauenfeindlich denke. Und Mütter-feindlich. Obwohl ich selbst Mutter bin. Oder möglicherweise sogar: weil ich selbst Mutter bin.

Umso besser also, wenn eine so prominente Frau wie Carolin Kebekus dafür eine Öffentlichkeit schafft. Und über genau diese Themen schreibt: Über die schwierigen Arbeitsbedingungen von Hebammen. Über den Hass, den sie als prominente Schwangere abbekommen hat (zu alt, zu dick und vor allem natürlich zu schwanger. Und das auch noch auf der Bühne!). Über den gesellschaftlichen Druck, überhaupt Kinder zu bekommen und zwar am besten genau zwei und definitiv nicht mit Kaiserschnitt. Danach sollte eine gute Mutter auf jeden Fall Stillen, glücklich sein, den Körper wieder in Form bringen und mit dem Baby süß aussehen.

Kurzer Kebekus-Realitäts-Check: „Ich bin rumgelaufen wie so ein Zombie, mit fünf 800er Ibus plus intravenös jede Menge Opiate, lallend, mit so auslaufenden Atomtitten. Blut und Grümpel liefen mir die Beine runter...“. Das wollten Sie jetzt vielleicht gar nicht so genau wissen, aber die Frau ist Comedienne, da ist man vor nix fies, wie der Rheinländer sagt.

Für mich kommt dieses Buch zu spät, um ein bisschen Druck aus der ersten Zeit mit Baby zu nehmen. Und mit Carolin Kebekus über das ganze Elend zu lachen. Aber wenigstens nicht zu spät, um mein Gehirn daran zu erinnern, dass es gar nicht im Körper eines Frauenfeindes steckt. Sondern in dem einer Mutter.