Daniel Hope in der PhilharmonieEr versetzt die Zuschauer in Trance

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Daniel Hope steht in einem Garten und spielt Geige.

Daniel Hope widmete sich in der Philharmonie der Geschichte des Tanzes.

Der irisch-deutsche Stargeiger Daniel Hope begeistert in der Philharmonie mit einem Streifzug durch die Geschichte des Tanzes über 700 Jahre hinweg.

Keine Frage: Zu den kultischen Wurzeln der abendländischen Kunstmusik – und nicht nur zu ihren – gehört der Tanz. Und schon längst hat die Musikwissenschaft herausgearbeitet, dass eine Epoche wie die Wiener Klassik in ihrer rein musikalischen Erscheinungsform – in Phrasenbildung und Themenchoreografie zum Beispiel – elementar von den hier freilich sublimierten Gesetzen des Tanzes beherrscht ist.

In seinem jüngsten bei der Deutschen Grammphon erschienenen CD-Doppelalbum mit dem sinnfälligen Titel „Dance!“ unternimmt nun der irisch-deutsche Stargeiger Daniel Hope zusammen mit dem Zürcher Kammerorchester einen Streifzug durch die Geschichte des Tanzes über 700 Jahre hinweg – vom 14. Jahrhundert bis in die Gegenwart. Auszüge aus dieser Agenda servierte er jetzt vor begeistertem Publikum im Kölner Meisterkonzert.

Hope ist erstaunlich wandlungsfähig

Er tat das nicht nur als Konzertmeister vom ersten Pult aus, sondern immer wieder auch als Solist in unterschiedlichen Rollen: als „klassischer“ Performer etwa in Mozarts Rondo KV 269, als Klezmer-Virtuose oder auch arrivierter Kaffeehausgeiger in dem Traditional „Odessa Bulgar“. Für solchen Rollentausch ist Hope genau der Richtige, da legt er eine nahezu proteushafte Verwandlungsfähigkeit an den Tag. Ganz risikolos ist das alles trotzdem nicht: Angesichts der unübersehbaren Vielfalt des Phänomens Tanz läuft die Programmfolge Gefahr, in ein so kurzatmiges wie beliebiges Nacheinander der Diversitäten auseinanderzufallen.

Ganz und gar entging der Abend dieser Gefahr nicht, zumal der Funke auch nicht bei jedem Stück in gleicher Weise überspringen wollte. Dass der Wiener Walzer nicht „drankam“ (immerhin aber Schostakowitschs Ohrwurm, der Walzer Nr. 2, als Zugabe), war da schon eher zu verschmerzen; es wäre unangebracht, für gut zwei Stunden irgendeine „Vollständigkeit“ zu verlangen.

Geschickt vermischt er nahezu Unbekanntes mit echten Rennern

Auch die Mischung des nahezu Unbekannten – etwa eines Fandango des Barockmeisters Nicola Conforto oder einer Tarantella von Erwin Schulhoff – mit echten Rennern – von Glucks Furientanz bis zu Bizets Farandole aus der zweite „L’Arlesienne“-Suite, Offenbachs Galop infernal und Tschaikowskys Pas de Deux aus „Schwanensee“ – war kaum zu beanstanden, zumal die Stückfolge durch Hopes geschmeidige, informative und amüsante, kurzum: souveräne Moderationen verklammert wurde. Nicht nur seine Geige, sondern auch dieses Metier beherrscht er halt hochprofessionell, da kann ihm so schnell keiner das Wasser reichen.

Ein weiteres Manko war kaum zu vermeiden: Hopes Tänze haben von Haus aus sehr unterschiedliche Besetzungen, die diesmal freilich allesamt hin auf eine Standardbesetzung mit Streichern plus je zwei Oboen und Hörnern – also die sogenannte neapolitanische Besetzung des 18. Jahrhunderts – glattgebügelt werden mussten. Für zusätzliche Klangakzente sorgten lediglich Perkussion und Laute.

Sei’s drum: Nicht nur Daniel Hope, sondern auch sein Orchester erfreute allemal durch einen frischen, aufgerauten, mehr charakteristischen als in einem engen Sinne „schönen“ Klang. Und immer wieder steuerten sie gekonnt in jenen Rausch des Repetitiven, der auch die Zuhörer zumindest gelegentlich in Trance versetzen konnte. Und das, obwohl der Kölner Karneval schon drei Tage vorüber war.

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