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Ein Umbruch kommt selten allein

Lesezeit 3 Minuten

Ist die Welt schon dabei unterzugehen? Das könnte man zumindest annehmen, wenn man die Fotografien der Japanerin Asako Narahashi betrachtet. Sie nimmt stets die Perspektive einer knapp über den Meereswellen schwebenden Kamera ein und richtet dabei ihren Blick auf Vulkane, am Himmel scheinbar abstürzende Passagierflugzeuge oder Häuser, deren Eingänge im Wasser verschwunden sind.

Unsichtbar waren auch die Künstlerinnen, die Johanna Reich in ihrem Projekt „RESURFACE“ seit 2014 aufspürt. Die Kölnerin folgt ihren Spuren bis ins 19. Jahrhundert im Internet und schreibt auch schon mal den einen oder anderen biografischen Wikipedia-Eintrag, um den Vergessenen wieder zur Sichtbarkeit zu verhelfen.

Das tut auch der Südafrikaner Pieter Hugo, der in seiner Foto-Serie „Permanent Error“ die Menschen in den Vordergrund stellt, die auf afrikanischen Mülldeponien nach verwertbaren Metallen in ausrangierten Handys oder Laptops suchen.

Übersehen lässt sich Mika Ninagawa dagegen dank ihrer Selbstinszenierung zum japanischen Andy Warhol kaum. Ihre Fotografien von Blumen, Fischen und Geishas werden von Farbexplosionen angepeitscht, ihre Musikvideos sind bei Bands gefragt und selbst eine Netflix-Serie kann die omnipräsente Pop-Künstlerin inzwischen vorweisen.

Vier Positionen von 35, die jetzt aus Anlass des 20-jährigen Jubiläums bei der Galerie Priska Pasquer zu sehen sind. Der Titel „Our duty is to experiment“ – „Experimentieren ist unsere Pflicht!“ greift ein Zitat des sowjetischen Konstruktivisten Alexander Rodchenko aus dem Jahr 1924 auf, ein gerade heute hochaktuelles Motto, glaubt Priska Pasquer, denn nie sei es so notwendig gewesen, unser Leben neu und anders zu denken wie heute.

Das spiegelt sich sowohl in der Entwicklung ihres Programms von der Avantgarde-Fotografie der 1920er Jahre über Performances bis zur Virtual Reality, als auch in der Entscheidung, nach fünf Jahren den großzügigen Standort in der Albertusstraße, wo einst der legendäre Galerist Rudolf Zwirner wirkte, zu verlassen. Weil der Mietvertrag im August ausläuft, stand ohnehin die Überlegung im Raum, ob das bisherige Konzept, Ausstellungen mit themenübergreifenden Lesungen, Events und „Future Talks“ fortzusetzen sei. In der Pandemie-Situation bergen diese publikumsintensiven Veranstaltungen nun ein zu großes Risiko. „Ich hatte bei Ausstellungseröffnungen bis zu 150 Besucher“, erzählt Pasquer. In der Corona-Zeit genoss sie es, dass nur noch einzelne Besucher hereinschauten. Der Kontakt war viel intensiver.

„Ohne Corona hätte ich es sicherlich nicht so schnell entschieden. Aber inzwischen bin ich mir sicher, dass ich konzentrierter arbeiten möchte. Durch die 400 Quadratmeter war der Ausstellungsbetrieb immer sehr aufwendig. Gleichzeitig lassen sich in so großen Räumen nur schwer Einzelausstellungen machen, weil das gleich eine wirkliche Ansage ist. Ich freue mich jetzt darauf, neue Formate auszudenken“. Dazu passt, dass sich das Thema Umbruch durch die Positionen zieht, die sie bisher favorisiert hat. Ob die Fotografie der Weimarer Republik, feministische Medienkunst der 1970er Jahre oder die Auswirkungen der Digitalisierung auf den Status der vorhandenen Bilder.

Den Umzug sieht sie deshalb als Chance, sich auf dem Alten nicht auszuruhen. Ab September wird der neue Galerieraum im Umfeld junger Start-ups am Konrad-Adenauer-Ufer 83 zu finden sein. Dann soll es in den kleineren Räumen wieder mehr Solo-Präsentationen geben, flankiert von Editionen als Einstieg für jüngere Sammler und einer Intensivierung des Online-Auftritts, den sie bereits seit 2013 auf der Höhe der Zeit hält, mit Live Talks auf Instagram, Webshop und 3-D-Rundgängen. (Preise: Von 99 Euro bis zu 120 000 Euro). „Our duty is to experiment“,

Galerie Priska Pasquer, Albertusstr.18, bis 1. August 2020