„Friends“-ReunionWarum Jennifer Aniston noch immer sofort bei uns einziehen darf

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Jennifer Aniston

Los Angeles – Vor ein paar Jahren hat ein amerikanischer Neurochirurg ein leicht gruseliges Experiment durchgeführt: Während einer Operation am offenen Schädel zeigte er einem Patienten eine Reihe von Bildern: Ein Pferd, eine Flusslandschaft, Jennifer Aniston, eine Tulpe.

Bei der Fotografie der Schauspielerin blitzte ein Neuron, eine Nervenzelle unter Hunderten von Milliarden, auf dem Scanner auf. Der Arzt zeigte erneut die Flusslandschaft, die Tulpe, das Pferd: Nichts. Kaum geriet jedoch Aniston wieder ins Blickfeld, blitzte dieselbe Nervenzelle wie zuvor auf.

Der Neurochirurg – er heißt Itzhak Fried und forscht an der Universität von Kalifornien, nur falls Sie denken, ich hätte das erfunden – wiederholte das Experiment mit einer Reihe von Patienten. Mit gleichem Ergebnis: Bei Aniston blitzt es. Fried taufte die Nervenzelle schließlich „Jennifer Aniston Neuron“.

Wandelnde Frisur

Lange lästerten Kritiker, dass Jennifer Aniston doch nicht viel mehr sei, als eine wandelnde Frisur. Schuld war der „Rachel“, der federnde Stufenhaarschnitt, den die Schauspielerin in ihrer Rolle als „Rachel Green“ in den ersten beiden Staffeln der Sitcom „Friends“ trug und der daraufhin millionenfach von Zuschauerinnen bei den Hairstylisten ihres Vertrauens nachgefragt wurde.

Wir sind schon gespannt, wie Aniston die Haare zur lange angekündigten „Friends“-Reunion tragen wird, die am 27. Mai auf HBO Max stattfinden soll. Der Streaming-Kanal hat sich für die nächsten fünf Jahre die Rechte an der Serie gesichert – für 425 Millionen Dollar.

Kojak als Patenonkel 

Bis heute gilt der „Rachel“ als ikonischste Frisur der Fernsehgeschichte, oder als zweitikonischste, zählt man die Glatze von „Kojak“ mit. Telly Savalas, der Darsteller des New Yorker Cops, war übrigens Jennifer Anistons Patenonkel. Außerdem sollte ich noch anfügen, dass Aniston den „Rachel“ gehasst hat und ihn noch Jahrzehnte später in einem Interview als „Fluch meiner Existenz“ bezeichnet hat.

Nicht ganz zu Unrecht, denn selbstredend endet Anistons kultureller Einfluss, wie Itzhak Fried nachdrücklich bewiesen hat, nicht an den Haarwurzeln. Ihre „Rachel“ – die Figur, nicht die Frisur – war der „breakout character“ von „Friends“. Also die fiktive Person, über die man am nächsten Tag im Büro redet, als wäre sie eine Freundin oder Arbeitskollegin.

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Man kann so etwas nicht planen: Rachel Green ist am Anfang der Serie nur eine junge Naive, die vom Leben wenig mehr erwartet hat, als geheiratet zu werden – und die nach ihrer überstürzten Flucht vom Traualtar völlig unvorbereitet ist für ein Leben als unabhängiges, hart arbeitendes „single girl“. Rachel ist faul, quengelig und begriffsstutzig. Besonders sympathisch ist sie nicht. Jedenfalls auf dem Papier. Jennifer Aniston, die nur die dritte Wahl für die Rolle war, aber gibt ihr Nahbarkeit und Stärke.

Ihre Rachel kämpft sich durch, scheitert am Alltag, sucht den Richtigen, dabei ist der längst da und schaut ihr hinterher wie ein geprügelter Hund. Kurz: Sie ist wie wir, nur lustiger dabei. Sie ist die Mitbewohnerin im Fernseher. Auch Anistons Schönheit ist ja weniger einschüchternd als ansprechend.

Einziger Filmstar des Ensembles

Dass sie die Einzige aus dem „Friends“-Ensemble ist, die auch eine nennenswerte Filmkarriere vorzuweisen hat, überrascht nicht. Aber ihre eigene Nervenzelle verdankt sie eher dem Umstand, dass ihr Publikum auch all die Jahre nach „Friends“ die Hochs und Tiefs ihres Privatlebens mitverfolgt hat, als wäre sie immer noch jederfraus Zimmergenossin hinterm Bildschirm.

Dass man so gerne mit ihr leidet – böser Brad, böse Angelina, böser Justin Theroux! – hat nichts mit der Wirklichkeit hinter den Klatschspalten zu tun, da gäbe es doch Milliarden Menschen die eher zu bedauern wären. Dafür aber alles mit Anistons schauspielerischem Talent. Sie sollte eine Freundin spielen und 17 Jahre nach Ende der Serie glauben wir ihr das immer noch.

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