Interview mit Willem Dafoe„Als ich jünger war, wollte ich immer unbedingt Antworten"

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„Der Leuchtturm" – der neue Film mit Willem Dafoe (l.).

  • Der US-Schauspieler ist der Star des gerade erschienen Films „Der Leuchtturm".
  • Im Interview spricht er über die Spannungen mit Filmpartner Robert Pattinson und Langeweile bei der Arbeit.
  • Daffoe erzählt, wie schwierig es ist, immer die richtigen Projekte für sich auszuwählen.

Mr. Dafoe, Robert Eggers, der Regisseur von „Der Leuchtturm“, berichtet, dass sowohl Sie als auch Robert Pattinson  Kontakt zu ihm aufgenommen haben – und er das Drehbuch für Sie geschrieben hat.

Worum ich nie gebeten habe (lacht). Aber ja, es stimmt, ich habe ihm eine Nachricht geschrieben, weil ich ihn gerne kennenlernen und mich mit ihm unterhalten wollte. Keine Ahnung, ob es da das Skript zu „Der Leuchtturm“ schon in irgendeiner Form gab. Zunächst nämlich erzählte er mir von anderen Projekten und schlug mir ein paar Rollen vor. Aus den Filmen wurde bislang allerdings nichts. Eines Tages rief er an, weil er endlich etwas gefunden habe, für mich und Pattinson.

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Willem Dafoe (l.) in seiner Rolle als Thomas Wake in seinem neuen Film „Der Leuchtturm".

Was war  der Grund, dass Sie Eggers kennen lernen wollten?

Ich hatte seinen ersten Film „The Witch“ gesehen – und der ließ mich nicht los. Er war so unglaublich klar und spezifisch. Und wunderschön. Auch die Figuren gefielen mir verdammt gut. Egal, auf welche Komponenten ich den Film herunterbrach, begeisterte mich jede einzelne. Aber vor allem war ich fasziniert davon, wie schnell ich in die Geschichte des Films abtauchte. Ich hatte sofort das Gefühl, dass das „meine“ Geschichte sei, was gerade bei einem historischen Setting sonst nicht ohne weiteres der Fall ist. Auch die tollen Schauspielerleistungen trugen dazu bei. Man hatte fast den Eindruck, nicht Darstellern bei der Arbeit zuzusehen, sondern echten Menschen. Was für mich immer das Größte ist!

Waren Sie mit Pattinsons Arbeit auch vertraut?

Ehrlich gesagt, nicht allzu gut. Ich kannte ihn  eher als prominente Persönlichkeit denn als Schauspieler. Die „Twilight“-Filme  waren mir natürlich ein Begriff, auch wenn ich sie nicht gesehen hatte. „Good Time“ kannte ich, und Cronenbergs „Cosmopolis“. Nach unserer gemeinsamen Arbeit habe ich dann auch „High Life“ von Claire Denis gesehen. Was mich an ihm interessierte, war genau das: Wie er den Ruhm dieser Vampir-Filme dazu nutzte, mit den spannendsten Regisseurinnen und Regisseuren zusammenzuarbeiten. Sehr clever!

Wie wichtig ist es denn bei einem Zwei-Personen-Film wie „Der Leuchtturm“, dass mit dem Partner die Chemie stimmt?

Nicht sonderlich wichtig, würde ich sagen. Es ist nicht so, dass Robert und ich uns nicht verstanden hätten. Aber eigentlich hatten wir nicht viel miteinander zu tun. Wir waren beide sehr in Beschlag genommen von unseren Figuren, der Dreh war diesbezüglich sehr anstrengend. Damit sind wir sehr unterschiedlich umgegangen, denn wir haben sehr verschiedene Arbeitsweisen. Auch sonst trafen da viele Gegensätze aufeinander: er ist Brite, ich Amerikaner. Er ist ein Filmstar, ich komme  vom Theater. Sehr viel jünger ist er auch noch. Und ehrgeizig.

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Das klingt jetzt doch nach ein paar Spannungen...

Ja, die lagen schon auch in der Luft. Was aber eben auch an unseren Rollen lag, die sich so gar nicht grün sind. Wir haben uns also an diesen Spannungen nicht gestört, im Gegenteil. Zumal das weit von Feindseligkeiten oder so entfernt war. Wir haben uns eigentlich erst ein wenig besser kennen gelernt, als es um die Pressearbeit für den Film ging. Und siehe da: Er kann sehr charmant sein, ist recht witzig und klug. Aber für solche Feststellungen blieb beim Dreh keine Zeit.

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Willem Dafoe auf einem der vielen Roten Teppiche, die er so betreten kann.

Ihre erste  Filmrolle spielten Sie in „Heaven’s Gate“, der kommendes Jahr 40 Jahre alt wird. Fühlt es sich  so an, als hätten Sie in Ihrer Arbeit  alles schon einmal erlebt?

Interessanterweise ist das Gegenteil der Fall. Heutzutage ist es eher so, dass ich  bei jedem Film das Gefühl habe, meinen Job gerade zum ersten Mal zu machen. Keine Ahnung, was da in meinem Gehirn kaputt ist, aber plötzlich kommt da diese spannende Aufregung ins Spiel. Selbst wenn natürlich auch irgendwann meine sich aus Jahrzehnten der Erfahrung speisenden Instinkte anspringen. Insgesamt kann ich  sagen, dass das Spielen immer interessanter wird, je älter ich werde.

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Willem Dafoe bei einer Preisverleihung in Beverly Hills.

Haben Sie dafür eine Erklärung?

Vielleicht liegt es unter anderem daran, dass ich inzwischen weiß, dass es verschiedene Wege gibt, sein Ziel zu erreichen. Das entspannt mich. Als ich jünger war, wollte ich immer unbedingt Antworten, alles drehte sich um dieses Ziel. Heute kümmere ich mich mehr um den Weg. Da bleibt mehr Raum für Neugier und fürs Staunen. Das kann man richtig kultivieren. Anders als früher ist mir deswegen Langeweile in der Arbeit heute eigentlich fremd.

Aber wissen Sie denn  immer schon im Vorfeld, ob ein Film die Neugier, die Sie für ihn mit- und aufbringen, später auch im Kreise des Publikums und der Kritiker befriedigen wird?

Ich versuche natürlich, stets die richtigen Projekte für meine Bedürfnisse zu finden, aber eine Garantie gibt es nicht. Manchmal lässt man sich mit gewissen Erwartungen für einen Film verpflichten – und es kommt dann alles anders. Mal im Positiven, mal im Negativen. Aber genau aus dem Grund bin ich schon lange dazu übergegangen, meine Entscheidungen weniger von einer Rolle oder einer Geschichte abhängig zu machen als von den Menschen, mit denen ich zusammenarbeiten werde. Das sind die Faktoren, die man nicht beeinflussen kann. Der Text und die Figur dagegen sind eher Blaupausen, die ich mir im Idealfall zu Eigen mache.

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