Karneval im StadtgartenEine abgedrehte Klang-Wundertüte

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2021_02_11_MatthiasSchrieflSchlagerparty_c_ Peter Tümmers

Matthias Schriefl Schlagerparty

Köln – Bei „Jazz & Karneval“ denkt man eher an fröhliche Dixie-Klänge, Samba-Rhythmen oder an die Brass Bands des Mardi Gras. Ausgerechnet in der Karnevalshochburg Köln ist diese Kombination eher ungewohnt, dabei hat doch der Jazz im Kölner Karneval durchaus seine Tradition: Gigi Campi zelebrierte in den späten 1950er-Jahren die legendären „Jazzband-Balls“, auf den Mediziner-Bällen in den Sartory Sälen feierten Karnevalisten das Harald-Banter-Ensemble, und im damaligen Theater Musenhof trafen sich Kurt Edelhagen, Kurt „Bubi“ Aderhold und Horst Muys, während Trude Herr mit ihrem „Eigelstein Blues“ die Stimmung anheizte. Campi probierte im Karneval stets etwas Neues aus, so startete er 1961 sein Experiment der Clarke-Boland Big Band, die sich an den tollen Tagen in neuen Stilen austoben konnte.

Von Ferne erinnert dieses einst beliebte Gebräu aus Jazz, Schlager und Schunkelmusik an das aktuelle Stadtgarten-Programm, das ab heute die Karnevalstage mit einer zeitgemäßen Mixtur bereichert – in Corona-Zeiten freilich gänzlich kontaktfrei, als Abfolge täglicher Streaming-Konzerte.

Es ist ein karnevalistisches Alternativangebot gegensätzlicher Genres und Stile, das niemand lustvoller eröffnen könnte als der Trompeter Matthias Schriefl mit seiner „Schlagerparty“. Pünktlich um 11.11 Uhr an Weiberfastnacht startet der Multiinstrumentalist sein Konzert, das als virtuoser Schabernack ein albern-hintersinniges Spiel mit trivialen Musikformen zelebriert.

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Zusammen mit seinen Mitstreitern Simon Rummel, Alex Morsey und Philipp Zdebel an nicht weniger vielen Instrumenten sowie der Sängerin Sandra Klinkhammer feiert Schriefl den deutschsprachigen Schlager seit den 1930er-Jahren, überhöht, verzerrt, dekonstruiert ihn ausgelassen und urkomisch: Die „Schlagerparty“ ist eine abgedrehte Klang-Wundertüte, aus der hoffentlich auch Schriefls wundersame Version von „Ich will keine Schokolade“ purzeln wird.

Suggestive Songlines

Ähnlich unberechenbar geht es an den folgenden Tagen weiter: mit suggestiven Songlines der charismatischen Sängerin Kaleo Sansaa, Wahl-Kölnerin mit sambischen Wurzeln (12.2.), mit dem Musiktheater-Live-Act „Karneval der Phantasie“ der JAKI Resident-DJs Bufiman und Keshavara (13.2.) sowie einem nuancenreichen Straight-Ahead-Konzert des Tobias Haugs Quartetts (14.2.). Der junge Saxofonist Haug revitalisiert mit geschmeidiger Eleganz klassischen Hard Bop im Stil von Sam Jones’ Klassiker „Del Sasser“.

Zwei Highlights des Modern Jazz bietet der Rosenmontag (15.2.): Schlagzeug-Virtuose Leif Berger präsentiert sein Projekt „Hinweis auf die Sonne“, indem er sein Trio mit Yannis Anft (Synthesizer) und Stefan Schönegg (Bass) um die grandiose Stimme von Rebecca Salomea erweitert.

Lyrische Jazz-Kunstlieder

Schließlich ist die Trompeterin und Flügelhornistin Heidi Bayer im Duo mit Pianist Sebastian Scobel zu hören. Ihr gemeinsames Programm trägt den Titel „Five Noire“ und verbindet klassische Jazzelemente mit Melancholie sowie hingetupften Blues-Einschüben zu lyrischen Jazz-Kunstliedern, in denen Bayers feiner Trompetenklang den Part der menschlichen Stimme übernimmt. Das ist alles andere als ein „Eigelstein Blues“ à la Trude Herr, aber ein Hauch „Stadtgarten Jazz“ in ungewohnten Karnevalszeiten.

Green Days – Streaming-Konzerte im Stadtgarten, 11.-15. Februar  

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