Kinderoper KölnWie Jugendliche ihr eigenes Werk erschaffen

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In Workshops erarbeiten Kinder und Jugendliche verschiedener Kölner Schulen das Libretto.

In Workshops erarbeiten Kinder und Jugendliche verschiedener Kölner Schulen das Libretto.

Die Kinderoper erhält einen eigenen Theaterbau am Offenbachplatz. Kinder und Jugendliche erschaffen ihr eigenes Opernwerk, das dort uraufgeführt wird.

Max wird gemobbt. Er hat es im Unterschied zu den Schulkameraden nicht so mit Fußball, macht auf dem Platz eine schlechte Figur und interessiert sich stattdessen für Kleider und Designen. „Bist du trans oder so?“, singt der Chor die auf Max' Handy erscheinenden Hassmails: „Hör auf mit Fußball! Mach Ballett! Ein Junge als Designer! Das ist immer peinlich! Du bist und bleibst ein Versager!“

Eine Szene aus dem Libretto zu einer Oper, deren Musik noch komponiert werden muss. Und das nicht ein professioneller Autor lieferte, sondern, wenngleich unter fachlicher Anleitung, seit dem Spätsommer  50  Schülerinnen und Schülern im Alter zwischen zehn und 18 Jahren aus der Ehrenfelder Heliosschule, den Gesamtschulen in Höhenberg und Holweide sowie dem Neubrücker Jugend- und Gemeinschaftszentrum ENBE in vier Workshop-Gruppen erarbeiteten.

Am Montag wurde das Projekt - genauer: sein Zwischenstand - im Saal 3 des Staatenhauses präsentiert. Das ist der traditionelle Spielort der Kölner Kinderoper im Ausweichquartier, und um die Kinderoper geht es auch, genauer: um die Einweihung ihres eigenen Theaterbaus mit einem nagelneuen Originalstück im Zuge der Wiedereröffnung der Kölner Bühnen am Offenbachplatz in der Spielzeit 2024/25 (?).     

Es geht um Identität, um Träume, Wünsche, Ziele

Und diese „Community Opera“ - das der das Genre bezeichnende Arbeitstitel - wird eben, vom Text über die Komposition bis hin zu Bühnenbild und Kostümen - von Kindern und Jugendlichen auf die Beine gestellt. Die lernen auch im Chor zu singen und erhalten Schauspielunterricht. „Eine absolute Premiere“, wie Brigitta Gillessen, die Leiterin der Kinderoper, anmerkte. Im August startete das Projekt mit einer öffentlichen Umfrage zu den Wunschthemen für das Werk, dann ging es los. 

Das Sujet wurde weit gefasst: Es geht im Libretto, wie die Coachs Judith Bäcker und Tobias Steinfeld erläuterten, um Identität im weitesten Sinn, um Träume, Wünsche, Ziele, um das Verhältnis zur je eigenen Kindheit, um Antworten auf die Frage, „wer ich sein will“, um „die Kraft, die es braucht, erwachsen zu werden“. Das seien auch „altersunabhängige“ Themen, weshalb die Altersspreizung bei den „Autoren“ auch nicht zum Problem geworden sei.    

Im Januar 2024 beginnt die Kompositionsphase: In Kooperation mit der Rheinischen Musikschule wird es neuerliche einschlägige, von Thomas Taxus Beck und Henrik Albrecht geleitete Workshops geben. Unter der Adresse theaterpädagogik@buehnen.koeln können sich Interessenten dazu anmelden. Bei der von Manuel Moser inszenierten Uraufführung - prospektiv im April 2025 - stehen die jungen Künstler dann mit den Mitgliedern des Kölner Opernstudios zusammen auf der Bühne, begleitet vom Gürzenich-Orchester unter Rainer Mühlbach.

Die Entstehung in unterschiedlichen Workshops hat eine episodische Struktur des Librettos zur Folge, die den Zusammengehalt des Ganzen gefährden könnte. Davon kann aber, wie versichert wird, keine Rede sein. Es wurde das originelle Bild vom Schaschlik-Spieß benutzt, der auch Unterschiedliches verbindet. Es gibt also einen narrativen Faden und, wie ein sichtlich enthusiasmierter Opernintendant Hein Mulders kundtat, eine überzeugende thematische Klammer: „Und das geht uns alle an.“   

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