Nahtlos wird der Faden im zweiten Teil des überlangen Sexdramas wieder aufgenommen: Die Frau namens Joe erzählt ihrem Retter Seligman (Stellan Skarsgard) in der Rahmenhandlung nun die Kapitel sechs bis acht ihrer Biografie. Dass Joe (jetzt durchgehend Charlotte Gainsbourg) einen Kinderwagen schiebt und in trautem Heim mit ihrer Jugendliebe Jerome (Shia LaBeouf) lebt, deutet nur für einen Moment Glück und Gemütsruhe an. Denn schon bald landet die Heldin neben ein paar verdrucksten Geschlechtsgenossinnen im Wartezimmer eines Sadisten.

Die erniedrigenden Arrangements dieses gewissen „K“ (Jamie Bell) bringen Joe zumindest eine Zeitlang den abhandengekommenen Kick zurück, verdeutlichen ihr – mit einer perfiden Variante der Fensterszene in „Antichrist“ – aber auch, dass sie in der Rolle der Mutter und Gattin fehlbesetzt ist. Es folgen grenzwertige Experimente mit weiteren Männern, eine Phase der therapiegruppengestützten versuchsweisen Abstinenz, eine kriminelle Karriere und eine als Mentorin, bis wir schließlich in jenem Hinterhof landen, wo Seligman Joe ganz am Anfang auflas.

Die Geschichte driftet ab

Im ersten Teil, der auch in der Inszenierung eine spielerischere Art an den Tag legte, steht der filigrane Köder des Fliegenfischers symbolisch für die junge Joe. Wäre der komplette Film eine solche (auch Nymphe genannte) Fliege, würde diese unweigerlich von ihrer zweiten Hälfte hinabgezogen. Die Geschichte driftet ab, ufert aus und wird zum schwermütigen und -fälligen Drama, das plakative Momente breittritt und sich obendrein in kruden Ideen verirrt.

„Wenn Du Flügel hast, warum sollst Du nicht fliegen?“, so erteilte Seligman noch zu Beginn sanfte Absolution, und in der Selbsthilfegruppe darf Joe immerhin ein flammendes Plädoyer für ihren gesellschaftlich unerwünschten, als Sucht schubladisierten Trieb halten. Umso abgeschmackter, dass dennoch die für von Trier typische Bestrafung der Protagonistin folgt. Nicht nur deswegen bleibt das Kinoerlebnis vor der Interruption ein Befriedigenderes.

Nymphomaniac Vol. 2

DK/B/D/F/GB 2013, 123 M.

R Lars von Trier D Charlotte Gainsbourg, Stellan Skarsgard