Rapper in KölnKontra K schickt „Warnung“ an Presse und unterbricht Konzert wegen Schlägerei

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Kontra K singt in sein Mikrofon, neben ihm sieht man eine Wolfsstatue.

Kontra K rappte in der Arena inmitten von Wolfsstatuen.

Der Berliner Rapper Kontra K hetzt bei seinem fast ausverkauften Konzert in der Kölner Lanxess-Arena. Als eine Schlägerei ausbricht, unterbricht er sein Konzert.

Wie ein Gott thront er über den Köpfen seiner Fans. Ein Rap-Gott. Auf einer fast durchsichtigen Plattform, an Seilen hängend, direkt unter der Arena-Decke. Da zeigt der vermeintliche Gangster seine emotionale Seite, er erzählt von der Geburt seiner Tochter, vom Tod seines Vaters. „Mit allem Guten kommt auch was Negatives“, beschwört er. Das Publikum stimmt seinem Idol lautstark zu. Und Maximilian Diehn, in diesem Moment ist er mehr er selbst als die Kunstfigur Kontra K, singt und rappt mit seiner unverwechselbar tiefen, vollen Stimme „Nur für dich“. Unter ihm leuchten die Handytaschenlampen auf.

Die „Der Sonne entgegen“-Tour von Kontra K musste – wie so viele andere – pandemiebedingt verschoben werden. Seit Ende November und bis kurz vor Weihnachten tourt der Berliner nun durch Deutschland, Österreich, Luxemburg und die Schweiz. In Köln spielt er vor fast ausverkaufter Arena, RTL+ streamt das Konzert live. Dabei steht seine Tour unter einem schlechten Stern: Nur eine Woche vor dem ersten Konzert berichtete der NDR über Ermittlungen gegen den Deutschrap-Star wegen Verdachts auf Drogengeschäfte. Er soll im Frühjahr 2020 versucht haben, 100 Kilogramm Cannabis nach Deutschland einzuführen, um sie hier gewinnbringend zu verkaufen. Das Geschäft soll er über ein Krypto-Handy verabredet haben. Jetzt ermittelt die Staatsanwaltschaft Berlin.

Kontra K widmet „Warnung“ der „geliebten Presse“

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Kontra K hat sich bisher nicht zu den Ermittlungen geäußert, auch sein Management hält sich bedeckt. Dafür, dass er nicht darüber sprechen möchte, macht er bei seinem Konzert in der Kölner Lanxess-Arena aber auffällig viele Andeutungen. Ins Fadenkreuz nimmt er dabei insbesondere die Presse, die ihrer Rolle nicht mehr nachkomme. „Deshalb widme ich diesen Song unserer geliebten Presse“, ruft der 35-Jährige unter bejahendem Gejohle und stimmt „Warnung“ an. Manch Pressevertreter bildet sich da ein, dass Kontra K ganz genau weiß, wo die Angesprochenen sitzen und den Blick vorwurfsvoll auf sie richtet.


Das ist keine Warnung / Denn Familie über allem, aber Diebe im Gesetz / Für die Schwachen sind wir harmlos / Aber kommen in der Nacht und nehm'n den Banken alles weg / Das ist sicher keine Warnung / Aber der liebe Vater Staat war schon immer kriminell / Für die Schwachen sind wir harmlos / Denn wir rauben nur die Bunker von den reichen zehn Prozent


Der Hass auf den Staat, das ist schon Klischee und gehört zum Einmaleins des Deutschrap. Wirklich ernst nehmen kann man das nicht, die Gangster-Rapper sind für gewöhnlich doch deutlich harmloser, als sie erscheinen wollen. Der Hass auf die Presse, wie Kontra K ihn in Köln zelebriert, der wirkt dann aber doch ernst gemeint.

Kontra K weiß genau, wie er das Bild des bösen Gangsters weiter füttert. Auf der Bühne steht er umringt von sechs Wolfsstatuen, seine Band spielt auf gesteinsähnlichen Podesten zwischen den Wölfen. Über seinem hautengen, weißen Shirt, unter dem sich die Muskeln des Kampfsportlers abzeichnen, trägt er eine weiße Weste mit Wolfsmotiv. Sie sieht aus wie eine schusssichere Weste.

Kontra K unterbricht Konzert wegen Schlägerei

Tatsächliche Angst vor einem Attentat treibt ihn aber kaum zu seiner Outfitwahl, zur Hälfte des Konzerts hat er plötzlich kein Shirt mehr an, wippt oberkörperfrei auf der Bühne. Seine volltätowierte Brust glänzt vor Schweiß. Am Mikrofon ist ein metallener Griff angebracht, hält er es in seiner Hand, könnte man meinen, er trägt einen massiven Schlagring. Würde er mit dem Mikro ausholen, die Folgen wären auf jeden Fall schmerzhaft bis fatal für das Opfer.

Aber Kontra K schlägt nicht zu, nicht außerhalb seines Sports. Als etwa 15 Minuten nach Konzertbeginn im Parkett nicht weit von der Bühne eine Schlägerei ausbricht, unterbricht der Rapper sein Konzert. „Bist du bescheuert, oder was?“, schreit er den Mann an, den er wohl als Schuldigen ausgemacht hat. Er ruft nach Security-Mitarbeitern, die sollen den vermeintlichen Störenfried entfernen – und das machen sie dann auch: Mit fünf Mann führen sie ihn ab, Kontra K meint angesichts des kurzzeitigen Stimmungskillers: „Das tut nur kurz weh, wie einen Zahn ziehen.“ Und stimmt „Bis hierher“ einfach wieder von vorne an.

Gastauftritt von Musikerduo SDP

In alter Hip-Hop-Manier die Arme in die Luft gestreckt wippen mal nur die Handgelenke, mal kommt die Bewegung aus der Schulter. Das Parkett – ein Meer aus wippenden Armen. Zu „Blei“ fordert Kontra K seine Fans auf, mit der Hand eine Pistole zu formen und in die Luft zu halten, wieder ganz der Gangster. Zu „Tiefschwarz“ regnet es schwarzes Konfetti, immer wieder schießen Flammen auf der Bühne hoch. Zu „Ich will mein Problem zurück“ kommt auch das Musiker-Duo von SDP dazu, die drei bouncen gemeinsam. Der Sound lässt hier leider zu wünschen übrig. Dag-Alexis Kopplin folgt Kontra Ks Beispiel und zieht sein Shirt aus, der Oberwolf wirft es in die kreischende Menge.

Der Künstler steht auf einem Podest und streckt den rechten Zeigefinger am ausgestreckten Arm in die Höhe. Er ist alleine auf dem Foto. Der Hintergrund ist dunkel und wird nur von violettem Scheinwerferlicht erhellt.

Kontra K hebt den Finger.

Handytaschenlampen spielen auch bei diesem Konzert eine große Rolle und werden überproportional häufig eingesetzt. Gefühlt zu jedem zweiten bis dritten Song fordert Kontra K seine Fans auf, die Smartphones herauszuholen. Der anfangs immer beeindruckende Effekt nutzt sich ab. Und so ganz passen will es auch nicht, wo er doch immer wieder betont, dass schöne Momente erzählt werden und nicht durch Handyvideos gezeigt werden sollen. „Wir schaffen Momente heute Abend“, betont er wiederholt. Sowieso neigt Kontra K zu Kalendersprüchen. Nicht nur bei Songs wie „Erfolg ist kein Glück“, sondern auch bei seinen Konzertreden. Als könne er sich nicht entscheiden, ob er jetzt Gangster-Rapper oder Kalenderspruch-Rapper sein will. Am Ende ist er beides.

Zum Abschied singt er „Wölfe“, das Lied mit der Tour-namensgebenden Zeile („Und er geht immer der Sonne entgegen, auf der Flucht vor dem Regen“), Nebel schleicht mystisch über die Podeste auf der Bühne. Und Kontra K haut noch ein „Das Leben ist kein Algorithmus“ raus. Aber so viele kitschige Sprüche er auch klopft, man kauft sie ihm doch irgendwie ab. Handytaschenlampen hin oder her.

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